15.05.2014 15:09 Uhr

Darmstadt und Bielefeld vor Showdown

Dirk Schuster ist der Trainer von Darmstadt 98
Dirk Schuster ist der Trainer von Darmstadt 98

35 Jahre ist es mittlerweile her, dass es zwischen Darmstadt 98 und Arminia Bielefeld zum letzten Mal um richtig viel ging. Der Bielefelder Trainer hieß damals Otto Rehhagel, der Darmstädter Klaus Schlappner, aber trotz eines 5:0-Sieges der Arminia im April 1979 stiegen am Ende der Saison beide aus der Bundesliga ab.

Am Freitagabend treffen sich diese beiden Fossilien des guten, alten West-Fußballs auf großer Bühne wieder. Und passenderweise findet das erste Relegationsspiel zwischen dem Drittliga-Dritten und dem Zweitliga-Drittletzten an einem der wenigen Orte statt, die sich in diesen 35 Jahren kaum verändert haben: am altehrwürdigen, mit rund 17.000 Zuschauern ausverkauften Darmstädter Böllenfalltor.

"Wir wollen das Wunder von Darmstadt wahrmachen und das umsetzen, woran zu Saisonbeginn niemand geglaubt hat", sagte "Lilien"-Trainer Dirk Schuster. Die Entwicklung seiner Mannschaft ist selbst für einen Traditionsverein außergewöhnlich, der in seiner turbulenten Geschichte auch schon einmal die dramatischste Relegation der deutschen Fußball-Geschichte verloren hat. 1988 verpasste Darmstadt erst im Elfmeterschießen des dritten Entscheidungsspiels gegen Waldhof Mannheim die Rückkehr in die Bundesliga.

Sportlich eigentlich abgestiegen, jetzt vor dem Aufstieg

Vor dieser Saison stand Schusters Team eigentlich schon als Absteiger in die Viertklassigkeit fest, ehe ausgerechnet der Lizenzentzug des Erzrivalen Kickers Offenbach nachträglich den Klassenerhalt sicherte. Was danach passierte, kann man in Darmstadt noch immer nicht richtig glauben: 72 Punkte, eine Serie von 17 Spielen ohne Niederlage, Platz drei vor Klubs wie Osnabrück, Münster und Wehen Wiesbaden.

Präsident Rüdiger Fritsch nennt das Hinspiel gegen Bielefeld "das schönste Spiel seit 21 Jahren für den Verein. Es geht für uns darum, aus einer Wahnsinns-Saison eine noch wahnsinnigere zu machen. Das nennt man eine komfortable Ausgangslage." Der Aufstieg wäre "für den Verein, die Fans, die Stadt und die Region ein überragendes Ereignis - grandios und beeindruckend, weil so vollkommen unerwartet".

Das Duell zwischen Darmstadt und Bielefeld passt tatsächlich nicht zu den bisherigen Relegationsspiele zur 2. Liga. Für keinen geht es am Freitag- und Montagabend um die nackte Existenz. Und auch für die Arminia ist diese Relegation eher ein Geschenk als eine Strafe. "Jetzt sind wir dabei und haben in zwei Entscheidungsspielen die große Chance, auch in der neuen Saison Zweitligist zu bleiben. Diese Chance wollen wir beim Schopfe packen", sagte Trainer Norbert Meier.

Famoser Endspurt

Acht Wochen am Stück stand seine Mannschaft auf einem direkten Abstiegsplatz, ehe am letzten Spieltag durch einen 3:2-Sieg beim direkten Konkurrenten Dynamo Dresden doch noch der Sprung auf Platz 16 gelang. Ihre Nervenstärke und Endspiel-Tauglichkeit hat die Arminia also schon bewiesen. "Wer glaubt, wir haben die halbe Miete eingefahren, der ist auf dem Holzweg", sagte Meier trotzdem. "Der Wille wird entscheidend sein, und ich glaube, dass wir noch mehr Wille als in Dresden an den Tag legen werden. Da geht noch mehr."

Wie sehr dieses Duell aber noch immer im Zeichen der Vergangenheit beider Klubs steht, zeigen zwei kleine Geschichten. In Bielefeld schaute aus reinem Aberglauben zuletzt immer die Torwart-Legende Wolfgang Kneib beim Abschlusstraining zu. Das brachte zumindest vor den Spielen in Bochum (4:1) und Dresden (3:2) Glück. Der frühere Trainer Horst Franz, der die Arminia in den 80er Jahren zweimal vor dem Bundesliga-Abstieg rettete, wurde dort aber nicht gesichtet. Sein Sohn ist mittlerweile Co-Trainer bei Darmstadt 98.

dpa