15.06.2014 10:34 Uhr

UEFA: 60 Jahre Sport und Kommerz

Gegründet als Vertretung der europäischen Fußballverbände, ist die UEFA heute auch umsatzstarkes Wirtschaftsunternehmen. weltfussball blickt zurück auf die Geschichte eines umstrittenen Global Players.

"Grau ist alle Theorie - entscheidend ist auf'm Platz", weiß die Fußballwelt seit Adi Preißler. Doch in der Historie der populärsten Sportart der Welt wurden wichtige Weichen oft abseits des grünen Rasens gestellt. So auch am 15. Juni 1954, als sich 28 Fußballverbände aus Europa im Baseler Hotel Euler trafen. Ihr Ziel: die Gründung einer Dachorganisation.

Die Nachkriegswirren hatten den Kontinent zu dieser Zeit noch im Griff und der Kongress ging keineswegs reibungslos über die Bühne: Die Abgeordneten des rumänischen Verbandes bekamen kein Visum für die Schweiz und wurden in den Verhandlungen deshalb durch die Tschechoslowakei vertreten. Die griechischen Gesandten trafen erst mit großer Verspätung ein.

Pionierarbeit im Vorfeld

Dass es überhaupt zu dem historischen Treffen kommen konnte, war das Verdienst dreier Nationalverbandsfunktionäre: Der Italiener Ottorino Barassi, José Crahay aus Belgien und das französische Ex-FIFA-Mitglied Henri Delaunay warben bereits seit 1952 unermüdlich für die Idee von der europäischen Fußball-Einigung."Sie hatten zwei vorrangige Ziele", sagt der heutige UEFA-Präsident Michel Platini. "Sie wollten den Fußball auf unserem Kontinent weiterentwickeln und über seine gesellschaftliche Rolle möglichst viele Menschen erreichen."

Die Vorstellungen der Pioniere wurden nach der Basler Konferenz schnell in die Tat umgesetzt: Unter der Führung des neuen Generalsekretärs Delaunay erarbeitete ein Ausschuss Statuten und Reglements. Ende Oktober 1954 gaben die Nationalverbände bei einer erneuten Zusammenkunft in Kopenhagen ihrem Kind einen Namen: Union of the European Football Associations.

Konfliktreiche Beziehung zur FIFA

Die junge UEFA war sich ihrer Macht von Anfang an bewusst: Sie regelte wichtige wirtschaftliche und sportliche Angelegenheiten des europäischen Fußballs wie Fernsehübertragungen, Fußballwetten, Spielpläne und Wettbewerbe nun in Eigenregie. Die damit einhergehende Emanzipation von der FIFA sorgte für Konflikte mit dem Mutterverband.

Dieser befürchtete eine Einmischung in seine Hoheitsgebiete, vor allem den Olympia-Fußball und die Weltmeisterschaft. Die von den Europäern gegen den Willen der FIFA durchgesetzte Aufnahme der Türkei in die UEFA Anfang der sechziger Jahre verschlechterte das bis heute nicht unproblematische Verhältnis der beiden Organisationen zusätzlich.

Erfolgreiche neue Wettbewerbe

Unbeirrt von diesen Querelen arbeitete die UEFA weiter an ihrer herausgehobenen Position im Weltfußball: Neben dem bereits seit Mitte der fünfziger Jahre durchgeführten Europapokal der Landesmeister etablierte sie nun die Europameisterschaft für Nationalmannschaften, den Europapokal der Pokalsieger sowie später den UEFA-Pokal als Vorläufer der heutigen Europa League.

Die Einführung der Champions League als Nachfolger des Landesmeister-Pokals im Jahr 1992 markierte den Übergang in ein neues Zeitalter. Die UEFA schaltete vor die klassische K.O.-Runde eine Gruppenphase, erhöhte sukzessive die Teilnehmerzahl auf 32 Teams und öffnete den Wettbewerb auch für Nicht-Meister.

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Kommerzialisierung durch die Königsklasse

Der finanzielle Anreiz für die Klubs und die Attraktivität für Sponsoren erhöhten sich dadurch drastisch. Alleine aus ihrem Premium-Produkt Königklasse generiert die UEFA heute Einnahmen von mehr als 1,4 Millarden Euro pro Saison - Tendenz steigend.

Die Entwicklung des europäischen Fußballs hin zum Wirtschaftsgut brachte dem Verband viel Kritik ein. "Champions League ist kein Sport, sondern Kommerz", meint der Sportökonom Professor Dr. Markus Kurscheidt von der Universität Bayreuth. Der Europapokal bietet heute auch umstrittenen Unternehmen wie dem russischen Staatskonzern Gazprom eine große Bühne als UEFA-Partner.

Große zukünftige Herausforderungen

Die fast grenzenlose Kommerzialisierung begünstigte außerdem die Praxis einiger Vereine, sportliche Erfolge mit Hilfe milliardenschwerer Geldgeber auf Pump zu finanzieren. Im Jahr 2010 - laut ihren Kritikern viel zu spät - erkannte die UEFA dieses Problem: Die Verbandsgremien beschlossen das Financial Fairplay (FFP), ein Reglement zur Verbesserung des wirtschaftlichen Gleichgewichts im europäischen Fußball.

Erste Sanktionen für die großen "Scheich-Klubs" wie Manchester City und Paris St. Germain und ihre Gönner nach Verstößen gegen das FFP folgten im Mai 2014. Diese scheinen aber bislang wirkungslos zu verpuffen. Somit ist die Balance zwischen Sport und Kommerz zukünftig weiter die größte Herausforderung für den nun 60-jährigen Fußball-Riesen UEFA, der sich dabei an seinem eigenen Leitspruch "Football first" messen lassen muss.

Tobias Knoop