14.06.2014 10:49 Uhr

Bosniens Nationalteam eint das ganze Land

Die Fans von Bosnien stehen hinter ihrer Mannschaft
Die Fans von Bosnien stehen hinter ihrer Mannschaft

Der kommende Montag hat in Bosnien-Herzegowina den Rang eines Feiertages. In der Nacht auf den 16. Juni bestreitet die Nationalmannschaft des Balkan-Landes gegen Argentinien ihr erstes Spiel bei einer Fußball-WM, und damit die Kinder und Jugendlichen auf das mitternächtliche Duell mit Lionel Messi und Co. nicht verzichten müssen, bleiben die Schulen geschlossen.

In der Qualifikation für die WM 2010 und die EM 2012 war man im Play-off jeweils an Portugal gescheitert - umso größer war der Jubel, als im vergangenen Oktober mit dem 1:0-Sieg in Litauen die erste Turnier-Teilnahme fixiert wurde. Bei der Rückkehr der Mannschaft warteten 100.000 Fans mitten in der Nacht in Sarajevo auf ihre Helden.

Keine Unterschiede mehr wegen Volksgruppenzugehörigkeit

Unter ihnen befanden sich wohl wenige serbisch- oder kroatisch-stämmige Bürger. Das Nationalteam von Bosnien-Herzegowina gilt als Mannschaft der Bosniaken, der bosnischen Muslime. Die bosnischen Kroaten drücken lieber der kroatischen Auswahl die Daumen, der überwiegende Teil der Bewohner der Republika Srpska dem serbischen Team. "Aber das hat sich schon ein bisschen verändert. Der Fußball schweißt die Leute in unserem Land zusammen", erklärte Anel Hadzic.

Die bosnische Nationalmannschaft geht bei der Völkerverständigung mit positivem Beispiel voran, betonte der Mittelfeldspieler von Sturm Graz. "In unserem Team gibt es keine Spaltungen, es werden keine Unterschiede wegen der Volksgruppenzugehörigeit gemacht und jeder ist mit ganzem Herzen dabei", betonte der 24-Jährige, der so wie der Großteil des 23-Mann-Kaders zur Gruppe der Bosniaken zählt. Nur Zvjezdan Misimovic und Ognjen Vranjes sind serbischer, Toni Sunjic kroatischer Abstammung.

Hadzic floh als Bub mit seinen Eltern vor dem Krieg, wuchs in Oberösterreich auf und spielte sogar für österreichische Nachwuchs-Auswahlen, ehe er sich für den Verband Bosnien-Herzegowinas entschied. Sein Werdegang gleicht jenen von mehr als der Hälfte des bosnische Kaders - sie alle sind Kinder der rund eine Million Kriegsflüchtlinge, die in ganz Europa oder sogar Nordamerika groß wurden.

Einser-Goalie Asmir Begovic etwa lebte als Kind zuerst in Deutschland und dann in Kanada, ehe er als Fußball-Profi nach Europa zurückkehrte. Derzeit ist der 30-Jährige ein Clubkollege von Marko Arnautovic bei Stoke City. "In unserem Nationalteam ist es verblüffend: Wir sind so etwas wie eine goldene Generation, in verschiedenen Ländern aufgewachsen, aber mit einer gemeinsamen Heimat und einem gemeinsamen Ziel", meinte Begovic über die bosnische Diaspora.

apa