17.06.2014 15:18 Uhr

Worst Case Scenario für Portugal

Ronaldo konnte seinen Frust nicht verstecken
Ronaldo konnte seinen Frust nicht verstecken

Für Portugal ist bei der 0:4-WM-Auftaktniederlage gegen Deutschland alles schiefgelaufen. Zu einem Elfmeter für den Gegner kamen ein verweigerter Penalty für die eigene Elf und Rot für Pepe. Zu allem Überfluss verlor man auch noch Hugo Almeida und Fabio Coentrao mit schweren Muskelverletzungen. Der gefrustete Superstar Cristiano Ronaldo wollte noch während des Spiels seine Kapitänsbinde ablegen.

Schon nach dem 0:3 signalisierte der Kapitän mit einem Griff an die Binde, dass er von Bord möchte. Der 29-jährige Weltfußballer wollte die Schmach offenbar nicht länger auf dem Feld ertragen. Schnell suchte er nach der Partie in den Katakomben der Arena Fonte Nova von Salvador das Weite. Mit knappen Worten ( "Heute bin ich nicht dran") verweigerte er in der Interview-Zone jegliche Stellungnahme.

Ronaldo konnte nach seiner Knieblessur nur in der Anfangsphase Akzente setzen, ging dann aber wie sein Team unter. Er hatte zuvor angekündigt "bei 100 Prozent" zu sein - zu sehen war davon jedoch nichts. Entsprechend fiel die Reaktion der heimischen Medien aus. "Ein riesiger Alptraum", titelte "A Bola", Portugals größte Sportzeitung, über die höchste WM-Schlappe in der Verbandsgeschichte und urteilte: "Ohne Kopf und ohne Füße."

"Einer der traurigsten Tage meines Lebens"

Der fassungslose Trainer Paulo Bento ("Wir mussten schreckliche Zwischenfälle hinnehmen") verwies auf zahlreiche Schlüsselszenen eines Spiels, in dem sich alles gegen sein Team verschworen zu haben schien. Mit Stürmer Almeida und Abwehrspieler Coentrao zogen sich zwei Leistungsträger so schwere Muskelverletzungen zu, dass sie voraussichtlich bei diesem Turnier nicht mehr eingesetzt werden können. Während der Ausfall von Almeida wohl noch zu kompensieren ist, gibt es für Linksverteidiger Coentrao keinen gleichwertigen Ersatz im Kader.

"Das ist einer der traurigsten Tage meines Lebens. Das war zwar erst das erste Spiel, aber die Niederlage ist sehr hart", jammerte Coentrao. "Heute hat einfach nichts geklappt." Und auf die Frage, ob die WM für ihn wegen der Oberschenkelblessur schon vorbei sei, sagte der Real-Madrid-Profi kleinlaut: "Ganz ehrlich? Ich fürchte ja." Auch Bento war wenig optimistisch. "Das sieht nicht gut aus. Das braucht seine Zeit, um zu heilen", kommentierte der Coach.

Zu dem Verletzungspech kam auch noch der umstrittene Platzverweis für Pepe. Erst hatte der Innenverteidiger den Dreifach-Torschützen Thomas Müller mit dem Arm weggestoßen und im Gesicht getroffen. Und als er dem Münchner die Leviten lesen wollte, weil dieser zu Boden sackte, kam er Müllers Kopf mit seinem eigenen zu nah. Schiedsrichter Milorad Mazic ahndete das mit "Rot", womit am Sonntag in Manaus gegen die USA ein weiterer Champions-League-Sieger von Real fehlen wird.

Der Serbe entschied außerdem auf Strafstoß gegen die Portugiesen, nachdem Joao Pereira an Mario Götze gezupft hatte, verweigerte aber auf der Gegenseite bei einem strittigen Zweikampf von Benedikt Höwedes mit dem eingewechselten Eder den Elfmeterpfiff. "Der Elfmeter hat uns demoralisiert und dann kam noch die Rote Karte hinzu. So kannst du gegen eine starke Mannschaft wie Deutschland nicht bestehen", befand Almeida.

Alles in allem scheinen die Vorzeichen vor dem Duell gegen die US-Amerikaner am Sonntag katastrophal. Trotz der Ausgangslage mag Bento das Achtelfinale aber noch nicht abschreiben: "Wir werden mit allem, was wir haben, weiter kämpfen", kündigte der Coach trotzig an. Dabei habe man "bis zum ersten Gegentreffer gut mitgehalten. Wir wollten auf Augenhöhe spielen. Das Ergebnis nach 45 Minuten spiegelte den Spielverlauf überhaupt nicht wider."

Zuspruch für sein ehemaliges Nationalteam kam von Luiz Felipe Scolari. "Portugal hat noch immer eine Chance. Sie müssen sich jetzt neu sortieren und dann das nächste Spiel angehen", sagte der Trainer der Brasilianer und erinnerte seine Landsleuten an die EM 2004. "In Portugal haben wir das erste Spiel auch verloren und sind noch ins Finale marschiert."

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apa