21.06.2014 10:36 Uhr

Deschamps auf seinen eigenen Spuren

Didier Deschamps (M.) und seine Spieler sind eine Einheit
Didier Deschamps (M.) und seine Spieler sind eine Einheit

16 Jahre nach dem WM-Triumph als französischer Kapitän ist Didier Deschamps nach dem 5:2-Spektakel gegen die Schweiz Trainer eines Titelkandidaten.

Nach dem Torfestival der neuen "Blauen" wähnte sich Didier Deschamps auf seinen eigenen Spuren. "Es ist wie 1998", sagte der französische Nationaltrainer, als er nach dem 5:2-Spektakel gegen die Schweiz nach der Stimmung in der Kabine gefragt wurde. Schnell schob er nach: "Aber eigentlich darf man es nicht vergleichen."

Doch die Vergleiche mit der Weltmeistermannschaft hatten nach der Gala von Karim Benzema und Co. Hochkonjunktur. Wie vor 16 Jahren, als Deschamps die Equipe Tricolore als Kapitän (er ersetzte im Finale den gesperrten Laurent Blanc) auf den Fußball-Gipfel führte, spielt sich die Mannschaft in einen Rausch. 8:2 Tore, zwei Siege - der WM-Start mit Deschamps als Trainer erinnert sehr an den Beginn des Triumphzugs im eigenen Land.

Start wie 1998

"Da entwickelt sich eine Kraft", stellte der ehemalige Mittelfeldkollege von Superstar Zinedine Zidane fest, "es ist keine Garantie, aber zusätzlich zu all unseren Qualitäten ist diese mentale Stärke sehr wichtig." Mit zwei Erfolgen waren die "Blauen" bislang nur 1998 gestartet, damals hatten sie nach den ersten beiden Partien 7:0 Tore auf dem Konto. Was folgte, ist französische Fußball-Geschichte: Nach fünf weiteren Siegen nahm Deschamps aus den Händen des damaligen Staatspräsidenten Jacques Chirac den WM-Pokal entgegen.

"Wir erleben ein außergewöhnliches Abenteuer", sagte Olivier Giroud, der das Torspektakel in Salvador da Bahia mit dem 100. WM-Treffer für die Grande Nation begonnen hatte (17.), "wir spielen außergewöhnlich zusammen, der Teamspirit ist sehr gut."

Sein Sturmkollege Karim Benzema stahl ihm danach allerdings die Show. Erst legte der Champions-League-Sieger von Real Madrid für Blaise Matuidi auf (18.), dann scheiterte er mit einem Foulelfmeter am Wolfsburger Diego Benaglio (32.), ehe er mit seinem dritten WM-Tor (67.) und der Vorlage für Moussa Sissoko (73.) nach der Pause nachlegte. Sein zehnter Treffer in den letzten acht Länderspielen fand indes keine Anerkennung: Schiedsrichter Björn Kuipers (Niederlande) hatte Sekunden vorher die Party in Blau-Weiß-Rot beendet.

Benzema: "Ich habe das Ziel im Kopf"

"Es geht nicht um mich oder Olivier", sagte der 26-Jährige, "es sind alle, die diese Mannschaft nach oben ziehen." Auch Benzema denkt offenbar an 1998, als er mit Ronaldo-Trikot noch Brasilien die Daumen drückte. "Ich träume von Beginn an", sagte er, "ich habe das Ziel im Kopf."

Neben Benzema und Giroud komplettierte Mathieu Valbuena, der ebenfalls ein Tor beisteuerte (40.), ein grandioses Offensivtrio. Selbst Ottmar Hitzfeld war beeindruckt. "Frankreich hat fantastische Konter gespielt", sagte der Schweizer Nationaltrainer und ernannte den FIFA-Weltranglisten-17. zum Titelkandidaten: "Sie gehören für mich zu den Mannschaften, die in diesem Turnier sehr weit kommen können."

Lloris warnt vor verfrühter Euphorie

Wie lange seine Eidgenossen noch in Brasilien bleiben dürfen, entscheidet sich am kommenden Mittwoch in Manaus gegen Honduras. "Wir haben nach wie vor gute Chancen auf das Achtelfinale", sagte der 65-Jährige, "wir dürfen nicht nervös werden. Ich erwarte jetzt eine Trotzreaktion." Als das Spiel längst entschieden gewesen war, hatten der eingewechselte Blerim Dzemaili (81.) und der Gladbacher Granit Xhaka (87.) mit ihren Toren noch etwas "für die Moral" getan, so Hitzfeld.

Bei den Franzosen, die im letzten Gruppenspiel am Mittwoch in Rio de Janeiro gegen Ecuador nur durch eine hohe Niederlage noch ausscheiden könnten, ist dagegen Mäßigung angesagt. "Wir dürfen noch nicht in Brand geraten", warnte Torhüter Hugo Lloris, "der Weg ist noch lang." Wer sollte das besser wissen als Didier Deschamps.

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sid