22.06.2014 19:14 Uhr

Scharfe Kritik nach Fehlentscheidungen

Dr. Felix Brych (m.) übersah im Spiel Belgien vs. Russland ein elfmeterwürdiges Foul
Dr. Felix Brych (m.) übersah im Spiel Belgien vs. Russland ein elfmeterwürdiges Foul

Die Serie der Schiedsrichter-Fehlentscheidungen reißt nicht ab. Zum Ende der Gruppenphase entscheiden die teilweise fragwürdigen Pfiffe der Unparteiischen über WM-Aus oder Achtelfinale.

Schande, Betrug, Verschwörung: Die massive Kritik an den Schiedsrichtern der Fußball-WM in Brasilien reißt nicht ab. Die fragwürdige Regelauslegung der Unparteiischen kann zum Ende der Gruppenphase über WM-Aus oder Achtelfinale entscheiden - am Sonntag "verpfiff" sich erstmals auch Felix Brych aus München.

Die Verlierer wittern hinter den Fehlentscheidungen sogar schon Methode. Bundesliga-Profi und Bosnien-Kapitän Emir Spahic twitterte nach dem bitteren 0:1 (0:1) gegen Nigeria ein Bild des lachenden Referees Peter O'Leary in sehr freundschaftlicher Umarmung mit Nigeria-Keeper Vincent Enyeama. Spahic' vielsagender Kommentar: "What!?..."

Der Schiedsrichter aus Neuseeland hatte Stürmerstar Edin Dzeko in der Partie am Samstagabend den Führungstreffer wegen angeblicher Abseitsstellung verweigert, stattdessen erzielte Peter Odemwingie sieben Minuten später das Tor des Tages (29.). Und das WM-Abenteuer von Bosnien-Herzegowina war jäh beendet.

"Wir wurden beraubt!"

"Wir fahren jetzt nach Hause, wir sind auch traurig deswegen - aber der Schiedsrichter sollte auch nach Hause fahren", sagte der der frühere Bundesliga-Torschützekönig Dzeko: "Der Schiedsrichter hat das Resultat verändert, er hat das Spiel verändert - deswegen haben wir verloren. Er war eine Schande für die WM." Die Tageszeitung Dnevni avaz wetterte: "Wir wurden beraubt!"

Brych leistete sich seinen ersten Patzer im Spiel der Belgier gegen Russland am Sonntag. Nach 26 Minuten hätte er nach einem Foul von Toby Alderweireld an Maxim Kanunnikow ruhigen Gewissens auf Strafstoß entscheiden können, seine Pfeife aber blieb stumm. Es war der zweite Einsatz des "Phantomtor"-Schiris in Brasilien.

Iran bekommt klaren Strafstoß nicht

Tags zuvor fühlten sich die Iraner betrogen. "Das war ein Elfmeter - 100 Prozent", sagte Ashkan Dejagah nach dem 0:1 gegen schwache Argentinier über die Szene in der 54. Minute, als ihn Pablo Zabaleta im Strafraum zu Fall brachte: "Für Argentinien hätte er das gepfiffen, bei uns hat er sich das wohl nicht getraut."

Trainer Carlos Queiroz sprach Schiedsrichter Milorad Mazic die Klasse ab: "Der Schiedsrichter hat seine Pflicht nicht erfüllt", sagte der Portugiese, "das war ein klarer Elfmeter, er stand fünf Meter daneben und pfeift nicht. Das ist frustrierend. Der Schiedsrichter hat in diesem Spiel eine Rolle gespielt."

FIFA greift ein

Wasser auf die Mühlen der Kritiker am System der FIFA, bei einer WM Unparteiische aus aller Herren Länder einzusetzen, hatte der Weltverband am Freitag selbst geliefert. Der kolumbianischen Schiedsrichter-Assistent Humberto Clavijo wurde nach schwacher Leistung aus dem Verkehr gezogen. Es war ein klares Eingeständnis: Der 40-Jährige war am 13. Juni beim Vorrundenspiel zwischen Mexiko gegen Kamerun (1:0) für zwei Fehlentscheidungen verantwortlich gewesen.

Schon nach dem Eröffnungsspiel der Gastgeber gegen Kroatien hatte 1:3 (1:1) hatte es massive Kritik am Unparteiischen Yuichi Nishimura gehagelt, der fragwürdige Szenen fast ausschließlich zu Gunsten der Brasilianer auslegte.

Die auffälligsten Fehlentscheidungen im Überblick:

12. Juni, Brasilien - Kroatien (3:1): Schiedsrichter Youichi Nishimura (Japan) entscheidet bei einem Sturz des Brasilianers Fred im Strafraum fälschlicherweise auf Elfmeter. Neymar trifft zum 2:1 (71.).

13. Juni, Mexiko - Kamerun (1:0): Dem Mexikaner Giovani dos Santos werden zwei Treffer (11./30.) von Schiedsrichter Wilmar Roldan (Kolumbien) wegen Abseits aberkannt. Beide Male ist die Entscheidung falsch. Schiedsrichter-Assistent Humberto Clavijo wird danach aus Roldans Gespann entfernt.

13. Juni, Spanien - Niederlande (1:5): Diego Costa lässt sich im Strafraum fallen, Schiedsrichter Nicola Rizzoli (Italien) entscheidet fälschlicherweise auf Strafstoß. Xabi Alonso nutzt die Chance zum 1:0 (27.). Vor dem 3:1 foult Robin van Persie den spanischen Torhüter Iker Casillas und ermöglicht dadurch das Tor von Stefan de Vrij (64.). Auch da reagiert Rizzoli nicht.

15. Juni, Schweiz - Ecuador (2:1): Schiedsrichter Rawschan Irmatow (Usbekistan) erkennt beim Stand von 1:1 ein Tor von Josip Drmic (Schweiz) nicht an (70). Angeblich Abseits. Stimmte nicht. Der Siegtreffer fällt in der Nachspielzeit

20. Juni, Italien - Costa Rica (0:1): Giorgio Chiellini (Italien) rempelt Joel Campbell im Strafraum um (43.), der Pfiff von Schiedsrichter Enrique Osses (Chile) bleibt aus. Ruiz erzielt kurz darauf den Siegtreffer (44.).

21. Juni, Nigeria - Bosnien-Herzegowina (1:0): Edin Dzeko (Bosnien) erzielt in der 22. Minute ein klares Tor. Schiedsrichter Peter O'Leary (Neuseeland) entscheidet auf Abseits - Fehlentscheidung. Es wäre das 1:0 gewesen.

21. Juni, Argentinien - Iran (1:0): Ashkan Dejagah (Iran) wird im Strafraum von Pablo Zabaleta zu Fall gebracht, die Pfeife von Schiedsrichter Milorad Mazic aus Serbien bleibt stumm (54.). Spielstand zu diesem Zeitpunkt: 0:0.

22. Juni, Russland - Belgien: Toby Alderweireld (Belgien) trifft Maxim Kanunnikow im Strafraum am Fuß (26.). Klares Foul. Schiedsrichter Felix Brych (München), ohne Fehl und Tadel im Spiel zwischen Uruguay und Costa Rica gibt den Elfmeter nicht.

Mehr dazu:
>> Maradona: FIFA bevorzugt große Teams

sid