26.06.2014 11:20 Uhr

Costa Rica feiert sein Sommermärchen

Die Fans von Costa Rica haben dieser Tage reichlich Grund zu feiern
Die Fans von Costa Rica haben dieser Tage reichlich Grund zu feiern

In Costa Rica feiern die Fans ihr Sommermärchen, in Brasilien schocken die Ticos die Konkurrenz. Die meisten Talente wie Stürmer Joel Campbell stammen aus der Schmiede des "violetten Monsters" Deportivo Saprissa - oder vom Rivalen Alajuelense.

Pura vida - das pure Leben. Wohl selten zuvor haben die Costa Ricaner ihr Lebensmotto so sehr zelebriert wie in diesen rauschenden Tagen. Während ihre Helden um Bryan Ruiz und Joel Campbell im fernen Brasilien die Fachwelt schockieren, befindet sich das kleine Land zwischen Pazifik und Karibik im Ausnahmezustand und feiert sein Sommermärchen.

"Die Liebe, die wir von den Fans bekommen, ist so gewaltig. Wir nehmen diese Leidenschaft und Freude mit aufs Spielfeld", sagt Campbell: "Das gibt uns einen zusätzlichen Kick." Wie viele seiner Kollegen entstammt der 22 Jahre alte Angreifer (Olympiakos Piräus) der Kaderschmiede von Deportivo Saprissa. Der Rekordmeister wird in der Heimat nur "El Monstruo Morado" - das violette Monster - genannt. Auch der Rivale LD Alajuelense gilt als Sprungbrett nach Europa - wie Kapitän Ruiz von PSV Eindhoven beweist. Zusammen holten beide Klubs 58 Meisterschaften seit 1921, insgesamt verdienen 14 Spieler aus dem 23er-Kader ihr Geld mittlerweile im Ausland.

Man muss sich entscheiden

"In Costa Rica muss man sich entscheiden: Saprissa oder Alajuelense", sagt Ruiz. Doch seit zwei Wochen ruht die Feindschaft - schließlich eilen Campbell, Ruiz und Co. in Brasilien von Erfolg zu Erfolg. In der Hauptstadt San José gehen die Männer im Trikot der "Ticos" ins Büro, Mütter schminken ihren Kindern die Nationalflagge ins Gesicht - selbst die Bäume in den Straßen der Hauptstadt San José werden rot-weiß-blau bemalt. "Es ist wie im Märchen, wie bei Aschenputtel", schreiben die Zeitungen. Präsident Luis Guillermo Solis verordnete seinen Beamten in der Vorrunde gegen Italien (1:0) und England (0:0) sogar per Dekret, die Arbeit liegen zu lassen und doch bitte schön Fußball zu schauen.

Wenn der aufmüpfige Fußball-Zwerg - allein Mario Götze ist mit 55 Millionen Euro fast doppelt so viel wert wie der gesamte Kader von Costa Rica - am kommenden Sonntag gegen Griechenland um den historischen Einzug ins Viertelfinale kämpft, wird das Land wieder stillstehen. Nahezu alle der rund 4,6 Millionen Einwohner werden vor den TV-Geräten mitfiebern - und bei einem Sieg wieder eine riesige Party feiern.

Das Auftreten der Mannschaft von Trainer Jorge Luis Pinto spiegelt auch das neue Selbstbewusstsein des Landes wieder. Während Nachbarländer wie Nicaragua, San Salvador oder Panama in der Vergangenheit immer wieder von wirtschaftlichen oder politischen Turbulenzen heimgesucht wurden, gilt Costa Rica in Lateinamerika als Musterstaat. Die Präsidentielle Demokratie ist in dem Land der Vulkane und Traumstrände, das 1502 von Christoph Kolumbus entdeckt wurde und 1821 seine Unabhängigkeit von Spanien erklärte, seit Jahrzehnten stabil. Schon 1949 wurde die eigene Armee aufgelöst, 1983 erklärte es seine "dauerhafte und aktive unbewaffnete Neutralität" - seitdem gilt Costa Rica auch als die "Schweiz Zentralamerikas".

Aufbruchstimmung in Costa Rica

Präsident Solis sieht in seinem Land eine "Aufbruchstimmung. Diesen Schwung sollten wir mitnehmen und uns nicht unter einem Mangobaum ausruhen." Der Lebensstandard ist für lateinamerikanische Verhältnisse auch jetzt schon relativ hoch. Das Bruttoinlandsprodukt lag 2013 bei rund 61 Milliarden US-Dollar. Costa Rica, etwa so groß wie Niedersachsen, rangiert damit auf Rang 91 in der Welt. Die Wirtschaft wuchs zuletzt um 3,5 Prozent, die Arbeitslosenquote liegt stabil bei knapp acht Prozent - alles hervorragende Zahlen für die Region. Neben dem Tourismus lebt Costa Rica vor allem von dem Export von Bananen, Kaffee und Zucker. Aber auch der Technologiesektor wird immer bedeutender.

Costa Rica will und muss sich nicht mehr verstecken - schon gar nicht auf dem Rasen. "Wir stehen im Achtelfinale. Das ist für uns und unser Land schon ein Riesenerfolg, aber wir sind überzeugt, dass wir sogar noch weiter kommen können", sagt Celso Borges: "Warum sollten wir nicht zuversichtlich sein?"

Mehr dazu:
>> Zum Liveticker Costa Rica - Griechenland (Sonntag ab 22:00 Uhr)

sid