06.07.2014 11:17 Uhr

Messi: Jetzt wollen wir mehr

Lionel Messi und Co. haben das WM-Halbfinale erreicht
Lionel Messi und Co. haben das WM-Halbfinale erreicht

Lionel Messi stand auf dem Rasen in Brasília mit erhobenen Armen und dirigierte einen Chor von Zehntausenden glückseligen Fans.

Den ersten Einzug in ein WM-Halbfinale der argentinischen Nationalmannschaft seit 1990 feierten die Spieler und Anhänger in Himmelblau und Weiß fast schon wie einen Titelgewinn. "Das erste Ziel ist erreicht. Jetzt wollen wir mehr", gab Messi nach dem 1:0 (1:0) im Viertelfinale gegen Belgien die Marschroute für die letzte Turnierwoche vor.

Di María droht auszufallen

Ausgerechnet in der entscheidenden WM-Phase droht jedoch der Ausfall des neben Messi bislang besten Argentiniers: Achtelfinal-Matchwinner Ángel di María hat sich am rechten Oberschenkel verletzt. Medienberichten zufolge soll er sich einen Riss zugezogen haben und die WM für ihn gelaufen sein. Bestätigt ist das bislang nicht.

Ein Einsatz im Halbfinale gegen die Niederlande am kommenden Mittwoch erscheint aber höchst fraglich. "Ich hoffe, dass es nicht so schwerwiegend ist", sagte Trainer Alejandro Sabella mit sorgenvoller Miene: "Ángel ist einer unserer Schlüsselspieler."

Fällt di María auch noch aus und schafft es der verletzte Sergio Agüero nicht rechtzeitig zurück, bleibt von den "4 fantásticos" in Argentiniens wuchtiger Offensive nur noch ein Duo mit Messi und Siegtorschütze Gonzalo Higuaín für das kleine Revival des WM-Finales von 1978 übrig. "Wenn Du Dir Argentinien anschaust, hast du di María und Messi", urteilte Belgiens Coach Marc Wilmots und fällte ein sicherlich diskussionswürdiges Urteil: "Es ist ein gewöhnliches Team."

Argentinien zufrieden mit seinen Helden

Zumindest in der Heimat von Messi & Co. dürften die kritischen Einschätzungen von "Wilmotski", der auch nicht geahndete Fouls von Messi monierte, kaum auf Verständnis stoßen. Viel zu groß war die Erleichterung nach der Schmach von 2010 gegen Deutschland (0:4), dem Viertelfinal-Aus 2006 gegen die DFB-Elf und erst recht dem Vorrunden-Debakel von 2002. Zum ersten Mal nach fast einem Vierteljahrhundert ist die "Albiceleste" nur noch einen Sieg von einem WM-Endspiel entfernt. "Feiert! Weint! Schreit! 24 Jahre sind vergangen und ein weiteres Mal ist Argentinien unter den vier Besten der Welt", schrieb "Olé". Einfach nur "riesig" fand es "La Nación".

Dabei brillierte das Team keineswegs. Aber es steigerte sich wieder. Coach Sabella hatte seine Elf gleich auf drei Positionen verändert. Er ließ unter anderem den ehemaligen Bayern-Profi Martin Demichelis in der Innenverteidigung ran. Der 33-Jährige überzeugte und dürfte wohl auch gegen die Holländer und den von ihm nur wenig geliebten ehemaligen Bayern-Coach Louis van Gaal von Beginn an dabei sein.

Personelle Umstellungen zahlen sich aus

Auch die Hereinnahme von Lucas Biglia für den zuvor schwachen Fernando Gago erwies sich als Glücksgriff im Mittelfeld. "Das war unsere beste Partie im Hinblick auf die Balance im Team und auf das Spiel, das wir aufgezogen haben", sagte Sabella. "Wir haben sehr intelligent gespielt", urteilte Mittelfeldchef Javier Mascherano.

Intelligent, taktisch, vor allem aber auch effektiv dank Gonzalo Higuaín. Nach dreieinhalb WM-Spielen in Brasilien kam der erste Treffer des Mittelstürmers in der achten Minute zur rechten Zeit. "Ein Stürmer will Tore machen und was könnte es Schöneres geben, als es heute gemacht zu haben", sagte der Angreifer. Zusätzlicher Lohn war die Wahl zum "Man of the Match", die in den vier Turnierspielen zuvor stets auf Messi gefallen war.

Der bislang viermalige Endrundentorschütze bereitete wie schon im Achtelfinale gegen die Schweiz das Siegtor vor. "Jede Bewegung, die er macht, ist ein Zeichen der Hoffnung für uns", meinte Trainer Sabella nahezu philosophisch. Selbst der hartgesottene ehemalige Skandal-Boxer Mike Tyson zeigte sich sanftmütig ob Messis Fußball-Kunst. "Ich liebe es, Messi spielen zu sehen", schrieb er bei Twitter. Am kommenden Mittwoch hat Tyson wieder die Gelegenheit dazu.

dpa