23.07.2014 14:33 Uhr

Erste Urteile im Prozess gegen Rapid-Fans

Die Freundschaft sollte eigentlich im Vordergrund stehen, nach dem Spiel Rapid  gegen Nürnberg kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen
Die Freundschaft sollte eigentlich im Vordergrund stehen, nach dem Spiel Rapid gegen Nürnberg kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen

Im Wiener Straflandesgericht ist am Mittwoch der Prozess um die Ausschreitungen nach einem Freundschaftsspiel des SK Rapid gegen den 1. FC Nürnberg vom 7. September 2013 eröffnet worden. 29 Rapid-Fans müssen sich wegen Landfriedensbruchs vor einem Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Michaela Röggla-Weiss verantworten. Zwei umfassend geständige Angeklagte wurden am frühen Nachmittag bereits verurteilt.

Laut Staatsanwältin Stefanie Schön haben die Angeklagten vor dem Hanappi-Stadion wissentlich an einer Zusammenrottung einer Menschenmenge teilgenommen, die darauf abzielte, Polizisten und Ordner-Kräfte am Körper zu verletzen bzw. Eigentum des SK Rapid sowie der Polizei zu beschädigen. Dem Großteil der Angeklagten werden allerdings auch konkrete Vergehen angelastet: Versuchte beziehungsweise vollendete Körperverletzung, schwere Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Alle Angeklagten gaben die von ihnen individuell verübten Delikte zu, in einigen wenigen Fällen war das Erinnerungsvermögen allerdings durch Alkoholkonsum getrübt.

Für zwei Angeklagte - einen 20-jährigen Studenten und einen 32 Jahre alten Angestellten - war die Verhandlung nach vier Stunden schon wieder vorbei. Im Unterschied zu den übrigen 27 Männern hatten sie sich zu sämtlichen Anklagepunkten vollinhaltlich schuldig bekannt, weshalb sie nach ihrer Einvernahme und ohne ein weiteres Beweisverfahren verurteilt wurden. Dass die Angeklagten sich zwar schuldig im Sinne der Anklage bekannten, dennoch eine "Wissentlichkeit" in Abrede stellten, störte Richterin und Staatsanwaltschaft keineswegs. Es überwog sichtlich die Freude an einem schnellen Verfahrensablauf.

Urteile noch nicht rechtskräftig

Staatsanwältin Schön betonte in ihrem Plädoyer sowohl mildernde als auch erschwerende Umstände, sah aber die mildernden überwiegend. Das machte sich dann auch im Urteil bemerkbar. Beide Angeklagten fassten jeweils drei Monate bedingt aus, zusätzlich wird vom Gericht ein österreichweites Stadionverbot für die Dauer von sechs Monaten beantragt. Ob ein Stadionverbot per Gerichtsbeschluss rechtlich zulässig sei, wurde von der Verteidigung allerdings in Zweifel gezogen.

Richterin Röggla-Weiss begründete das Stadionverbot mit einer notwendigen "Abkühlungsphase". Die beiden Angeklagten nahmen das Urteil an, Staatsanwältin Schön gab jedoch vorerst keine Erklärung ab. Die Urteile sind daher nicht rechtskräftig. Mildernd wurde den Angeklagten neben dem umfassenden Geständnis auch ihre Unbescholtenheit ausgelegt. Ein Angeklagter war zudem zuvor von Ordnern getreten und geschlagen worden, was ebenfalls mildernd in das Urteil einfloss. Die verbliebenen 27 angeklagten Rapid-Fans bekannten sich im überwiegenden Maß teilschuldig, eine wissentliche Zusammenrottung stellten sie in Abrede.

Geplante Zusammenrottung vs. Volksfest

Die gewalttätigen Vorgänge, die sich nach dem Schlusspfiff vor dem bzw. im gestürmten Hanappi-Stadion abgespielt hatten, waren laut Staatsanwaltschaft in drei Phasen abgelaufen. In der Anklageschrift ist von "blankem Hass gegen die Einsatzkräfte der Polizei" bzw. "Spaß an der Teilnahme von gewalttätigen Ausschreitungen" [sic!] die Rede. Die Gewalttätigkeiten erstreckten sich über mehrere Stunden: Zunächst wurde ab 18:25 Uhr der Süd/Ost-Eingang des Stadions zu stürmen versucht, ehe sich das Geschehen vor den Süd/West-Eingang verlagerte, der erstürmt wurde. In der dritten Phase wurden ab 20:30 Uhr Polizeikräfte vor dem Haupteingang massiv attackiert und mit Steinen, Flaschen bzw. Heurigenbänken und -tischen beworfen.

Wie Staatsanwältin Schön ausführte, wurden mindestens zehn Polizisten und sechs Ordner verletzt. Vor allem in der letzten Phase sei es den Angeklagten rein um das Ausleben ihrer Aggressionen gegangen: "Das Ziel war einfach eine Straßenschlacht mit der Polizei." Schön betonte, dass keiner der Angeklagten das Stadion verlassen habe, "obwohl das jederzeit möglich gewesen wäre". Die Staatsanwältin betonte außerdem, gegen mehrere Verdächtige, die sich zufällig am Tatort befunden hatten und denen keine bewusste Teilnahme an den Randalen nachgewiesen werden konnte, sei das Verfahren eingestellt worden. Die Verteidigung widersprach dieser Schilderung und sah eine "volksfestartige Stimmung", denn die befreundeten Rapid- und Nürnberg-Fans feierten gemeinsam am Stadionvorplatz.

Kritik der Verteidigung wegen "manipuliertem" Beweismaterial

"Das kann jedem von uns passieren", bemerkte Verteidiger Lukas Kollmann, der zwei Angeklagte vertritt, zum unterstellten Landfriedensbruch. Seine Mandanten hätten nur ihre Neugierde befriedigt und wären anderen Leuten ins Stadion nachgegangen. Das sei nicht strafbar. "Der Mensch ist neugierig. Wenn irgendwo ein Wirbel ist, geht er hin und schaut", so Kollmann. Die Staatsanwaltschaft kriminalisiere im gegenständlichen Fall "abseits stehende und schauende Leute."

Heftige Kritik an den Ermittlungen übte Verteidiger Manfred Arthofer, der Rechtsvertreter eines Großteils der Angeklagten. Die Polizei habe Beweismaterial "manipuliert", indem sie der Justiz zunächst nur einen besonders drastischen Zusammenschnitt von Aufnahmen aus Film- und Fotokameras vorlegte. Erst aus dem Rohmaterial gehe hervor, dass es zu den gegen die Ordner gerichteten Tätlichkeiten erst gekommen war, nachdem diese einen jungen Rapid-Fan zu Boden geschlagen und getreten hatten. Arthofer sprach ebenfalls von einem brutalen Vorgehen der Polizeikräfte, zwei der Angeklagten trügen Narben aufgrund gezielter Schläge auf den Kopf, anstatt wie vorgesehen Richtung Oberkörper. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt und soll im September zu Ende gehen.

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cs/apa