28.07.2014 14:09 Uhr

Ukraine: Fußball im Kriegszustand

Ausweich-Stadion für zwei Teams aus Donetsk: Die Lviv-Arena
Ausweich-Stadion für zwei Teams aus Donetsk: Die Lviv-Arena

Zwei Jahre nach der Europameisterschaft erlebt das Co-Gastgeberland Ukraine einen beispiellosen Niedergang seines Volkssports. Schuld sind die bürgerkriegsähnlichen Kämpfe vor allem im Osten des Landes.

Die Gefechte bringen auch die Profiliga von Europas zweitgrößtem Flächenland durcheinander. Die Liga hat sich um zwei Mannschaften verkleinert. Seit dem vergangenen Wochenende kämpfen nur noch 14 Teams um den Titel. Zwar hatten die beiden Mannschaften der Schwarzmeerhalbinsel Krim, Tawrija Simferopol und Sewastopol, nach der russischen Annexion der Region die vergangene Saison zu Ende gespielt. Künftig treten die beiden Teams aber nicht mehr in der ukrainischen Liga an.

Von den verbleibenden Mannschaften werden zumindest vier nicht in ihren Heimstadien spielen können, weil ihre Heimatstädte von prorussischen Separatisten kontrolliert werden: Sarja Lugansk sowie die drei Donezker Vereine Olimpik, Metallurg und Schachtjor kommen aus den umkämpften Konfliktgebieten im Osten.

Donezker Vereine müssen umziehen

Vor allem in der ostukrainischen Stadt Donezk ist die Lage prekär. Die Stadt ist seit langem umkämpft, rund 60 Kilometer entfernt stürzte zudem vor kurzem die Passagiermaschine des Fluges MH17 ab. Aufsteiger Olimpik Donezk spielt aufgrund der schwierigen Sicherheitslage vorerst neben dem Olympiastadion in Kiew im Viktor-Wannikow-Trainingskomplex. Trainiert wird in einem Vorort der Hauptstadt.

Der Donezker Ortsrivale Metallurg hat zumindest das Eröffnungsspiel im mehr als 1.000 Kilometer entfernten Lwiw ausgetragen. In die zur Europameisterschaft neu gebaute Arena hat auch der amtierende Meister Schachtjor seine Spiele verlegt und am Sonntagabend sein Auftaktspiel mit 2:0 gewonnen. Unter der Woche wird die Schachtjor-Mannschaft aber in Kiew trainieren.

Der ebenfalls von den Unruhen betroffene Klub Sarja Lugansk trägt seine Heimspiele vorerst in Zaporizhya im Südosten des Landes aus. Der Verein Illitschiwez Mariupol konnte hingegen am Wochenende vor heimischem Publikum spielen und plant derzeit keinen Umzug. Die Hafenstadt Mariupol im Süden des Donezker Gebietes war erst Mitte Juni von den Separatisten zurückerobert worden.

Angst vor dem Ausverkauf

Neben vielen Ligaspielen ist nun auch das Qualifikationsspiel der Champions League zwischen Dnjepr Dnjepropetrowsk und dem FC Kopenhagen von der Ostukraine nach Kiew verlegt worden.

Probleme haben die Mannschaften nicht nur mit den Austragungsorten, sondern auch mit ihren Spielern. Mehrere südamerikanische Fußballer wollen nicht mehr zu ihren Vereinen zurückkehren. Allein bei Schachtjor verweigerten sechs Profis die Rückkehr zu ihrem Verein und blieben im Ausland. Der Brasilianer Douglas Costa sprach gar von einem "tödlichen Risiko".

Klubbesitzer Rinat Achmetow drohte mit Vertragsstrafen in Millionenhöhe. Allerdings reißen die Gerüchte über den Verkauf des Vereins durch den reichsten Ukrainer nicht ab. Gerüchte über den völligen Ausverkauf gab es auch bei Metallist. Der Klubbesitzer Sergej Kurtschenko wird mit dem nach Russland geflüchteten Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch in Verbindung gebracht. Der überraschende Verkauf des Vereins an den 27-jährigen Kurtschenko Ende 2012 ist vielen Fans noch im Gedächtnis.

Lviv Arena profitiert

Profiteur der Kämpfe ist die Lviv Arena, für die ihre neuen "Heimmannschaften" ein Glücksfall sind. Der Verein Karpaty Lviv hatte sich aufgrund der hohen Unterhaltungskosten für die Sportstätte in das alte Innenstadtstadion zurückgezogen.

Die zur Europameisterschaft 2012 errichtete Lviv Arena wurde daher vor allem für Ausstellungen und Popkonzerte genutzt und musste aus dem Staatshaushalt bezuschusst werden. Dank der neuen "Heimmannschaften" fließt nun viel Geld in die Kasse.

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