06.08.2014 17:13 Uhr

Rampenlicht: Doppelpack zum Auftakt

Raus aus dem Rampenlicht: Viele bekannte Gesichter spielen weitgehend unbeachtet von der deutschen Presse im Ausland. Heute blickt weltfussball auf in die Jahre gekommene Spieler, die mit ihrer Erfahrung auch nach ihrer Zeit in Deutschland bei ihren neuen Arbeitgebern eine tragende Rolle inne haben.

Sein Urgroßvater stammt aus Dänemark, sein Großvater aus Ungarn, seine Mutter aus Panama und sein Vater, in Frankreich geboren, aus Deutschland. Er selbst erblickte in Brasilien das Licht der Welt, wuchs in Panama auf, wurde in Deutschland zum Fußballprofi und spielt heute in Russland. Die Rede ist vom personifizierten Multikulturalismus: Kevin Kurányi.

Eine anhaltende Erfolgsgeschichte

Nachdem der 32-Jährige im Mai des vergangenen Jahres das erste Mal in seiner langen Karriere verletzungsbedingt für einige Monate pausieren musste und aufgrund dessen ebenfalls zum ersten Mal einen Saisonstart verpasste, gibt er beim diesjährigen Beginn der neuen Spielzeit umso mehr Gas. Am Donnerstag erzielte der ehemalige Bundesliga-Profi im Hinspiel der Europa-League-Qualifikation gegen Hapoel Kirjat Schmona in der 71. Minute den Ausgleichstreffer zum 1:1-Endstand und bewahrte seinen Club aus Moskau so vor einer Heimniederlage. Zum Auftakt der Liga am vergangenen Sonntag beteiligte sich Kurányi beim 7:3-Torfestival gegen FK Rostov dann mit einem Doppelpack.

Doch diese Torgefährlichkeit kommt nicht von ungefähr. Der Brasilianer, der in Panama aufwuchs und dort auch seine ersten Fußballerfahrungen sammelte, kam im Alter von 16 Jahren nach Deutschland und spielte für den VfB Stuttgart. Nach anhaltend guten Leistungen wechselte Kurányi zur Saison 2005/06 für knapp sieben Millionen Euro zum FC Schalke 04. Prompt gewann er mit seinem neuen Team den Ligapokal gegen seinen Ex-Verein und glänzte als Torschütze des einzigen Treffers. Es folgten fünf erfolgreiche Spielzeiten im Trikot der Königsblauen, in welchem er stets in mindestens 30 Spielen pro Saison von Beginn an auflief. Insgesamt erzielte der Stürmer in acht aufeinanderfolgenden Spielzeiten eine zweistellige Tor-Anzahl, was er in seinem letzten Dienstjahr für Schalke 2009/10 mit 18 Buden krönte.

Nachdem Kurányis Vertrag auf Schalke nicht verlängert wurde, wechselte der Ex-Nationalspieler im Sommer 2010 ablösefrei zu Dinamo Moskva, wo er seit jeher zu den bestbezahlten Fußballern Russlands gehört – zurecht, denn auch in der russischen Hauptstadt gehört er zu den Leistungsträgern. Allerdings läuft der Vertrag des Deutsch-Brasilianers zum Saisonende aus und ein Angebot zur Verlängerung steht zum jetzigen Zeitpunkt noch aus. "Ich werde im Januar überlegen, ob ich in Russland bleibe", so Kurányi gegenüber dem kicker. Worte, die natürlich auch die Gerüchteküche befeuern: Medienberichten zufolge steht eine Rückkehr zum VfB Stuttgart im Raum. Aber während Präsident Bernd Wahler den Stürmer noch als "interessant für uns" bezeichnet, erstickt Manager Fredi Bobic jegliche Gerüchte im Keim: "Jeder weiß, dass Kevin und ich uns gut verstehen. Aber das ist aktuell kein Thema."

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Nach Kölner Schlammschlacht im Fernen Osten erfolgreich

Weniger linear verlief der Werdegang von Roda Antar. Der in Sierra Leone geborene Libanese kam kurz nach der Jahrtausendwende zum HSV. Nach zwei eher mäßigen Spielzeiten, in welchen er in insgesamt 22 Spielen zwei Tore schoss, wechselte der Offensivallrounder 2003 ablösefrei zum SC Freiburg. Dort stieg er, dank eines Dreierpacks zum Auftakt der Saison 2003/2004, rasant zum Publikumsliebling auf. Eine Leistung, der Antar im Breisgau den Titel "Fußballgott" verdankt. Auch nach dem Abstieg des SCF im Sommer 2005 blieb Antar dem Verein treu und spielte die folgenden zwei Jahre im Unterhaus. Zur Saison 2007/08 wechselte der heute 33-Jährige zum 1. FC Köln, wo maßgeblich am Aufstieg in die Bundesliga beteiligt war.

Zurück im Oberhaus nahmen die Probleme allerdings ihren Lauf. Persönliche Differenzen mit dem Vorstand und dem Verein verleiteten den Libanesen wiederholt zu öffentlich geäußerten Unmutsbekundungen und Wechselabsichten, was letztlich dazu führte, dass er im Februar 2009 vom Training der Profis des 1. FC Köln freigestellt wurde. Es folgte die sprichwörtliche Flucht ins Ausland. Nur einen Monat nach dem Vorfall wechselte Antar zum chinesischen Erstligisten Shandong Luneng. Dass er Abseits seiner zu diesem Zeitpunkt als schwierig angesehene Persönlichkeit auch wirklich Fußball spielen kann, hat er dort eindrucksvoll gezeigt. Bereits im darauffolgenden Jahr durfte er den Meisterpokal in seinen Händen halten. Zu welch artistischen Einlagen man auch im Alter von 33 Jahren noch fähig ist, zeigt der folgende Treffer aus dem vergangenen Jahr in der Ligapartie gegen Changchun Yatai.

Das Spiel vom 14. Juli endete mit einem 3:2-Sieg für Luneng, in welchem sich der Rekordspieler der libanesischen Nationalmannschaft mit einem Doppelpack beteiligte. Zu Beginn des aktuellen Jahres folgte der Wechsel zum Ligakonkurrenten Jiangsu Sainty. In 16 Spielen, in welchen er auch stets von Beginn an auf dem Platz stand, konnte er bisher ein Tor erzielen.

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Der Cluberer in Frankreich

Nicht ganz so wechselfreudig ist hingegen Andreas Wolf. Der in Leninabad geborene Deutsche mit russlanddeutscher Herkunft kam im Jahr 1997 zum 1. FC Nürnberg – und verblieb dort für 14 Jahre. Nachdem er die Jugendmannschaften durchlaufen hatte und sich in der zweiten Mannschaft des Clubs beweisen konnte, gehörte er ab der Saison 03/04 fest zur Abwehrkette des Profiteams. Neben zwei Aufstiegen in den Jahren 2004 und 2009 ist der Gewinn des DFB-Pokals 2007 der größte Erfolg der Karriere des Verteidigers. Nach 213 Profispielen mit dem Club, davon 175 in der 1. Bundesliga, erklärte Wolf im Mai 2011 seinen Abschied. Die Hinrunde der Saison 2011/12 verbrachte der Abwehrspieler beim Ligakonkurrenten aus Bremen, ehe er zur Winterpause für 1,5 Millionen Euro zum damals zweitklassigen AS Monaco wechselte.

Die anschließende Spielzeit verlief für Wolf mehr als erfolgreich. Mit der Kaptiänsbinde am Arm war er maßgeblich am Aufstieg der Monegassen beteiligt. Umso bedauerlicher ist es aus Sicht des Deutschen, dass er in der folgenden Saison nur zu einem einzigen Einsatz im französischen Oberhaus kam. Der finanzstarke Verein hatte im Vorfeld des Erstligaauftakts ordentlich eingekauft, sodass Wolf gegen die jungen Vollprofis den Kürzeren ziehen musste. "Wenn sich etwas entwickeln würde, das mir sportlich zusagt, dann würden wir uns wohl gut einigen können. Mal sehen. Es ist schon sehr zäh, wenn man jahrelang gespielt und seine Leistung gebracht hat und dann nicht mehr ran darf. Natürlich macht mich das traurig", so machte Wolf im Interview mit der "Welt" seine Wechselabsichten deutlich. Und tatsächlich scheint eine Rückkehr zur alten Liebe, dem Club, bereits in trockenen Tüchern zu sein – allerdings nicht als Spieler, sondern in einer anderen Funktion. Die Spielerkarriere von Andreas Wolf findet also im Alter von 32 Jahren ein frühes Ende.

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Christopher Holletschek