13.08.2014 09:28 Uhr

San Lorenzo: Mit dem Papst im Bunde

San Lorenzos Emanuel Mas betet beim Elfmeterschießen gegen Gremio
San Lorenzos Emanuel Mas betet beim Elfmeterschießen gegen Gremio

Heute Nacht findet das Finalrückspiel der Copa Libertadores statt. Für San Lorenzo wäre der Titelgewinn die Befriedigung einer jahrzehntelangen Sehnsucht. Der göttliche Segen ist ihnen gewiss.

Es könnte nur noch wenige Stunden dauern, bis die ewige Initialen-Ironie von Buenos Aires endgültig beendet ist. Seit ewig ergötzt man sich am "CASL". Anstatt des Club Atlético San Lorenzo belächeln die Fans der Konkurrenz seit jeher den "Club Atlético Sin Libertadores" – den Sportklub ohne Libertadores-Pokal. Jener Titel der eigentlich zu einem "Großen" aus der Welthauptstadt des Fußballs dazugehört. Jener Pokal, der bei vielen Fans in Argentinien höher als der Gewinn der Weltmeisterschaft bewertet wird, wurde noch nie nach Boedo geholt.

Der traditionsreiche Stadtteile Boedo im Herzen von Buenos Aires ist die Heimat der Rot-Blauen und ebenfalls Ziel von Hohn und Spott anderer Fans. Denn im offiziellen Vereinsnamen wird ein anderer Stadtteil genannt ("de Almagro") und  auch das Stadion in Boedo wurde während der Militärdiktatur Ende der 70er Jahre verkauft. Letztendlich ließ sich der Verein in der Diaspora nieder, in einer der dunkelsten und gefährlichsten Gegenden der Stadt.

Mega-Demo um altes Stadion

Nach einem Abstieg Anfang der 80er Jahre, hätte der Verein 2012 beinahe noch einmal den Gang in die zweite Liga antreten müssen. Zweimal abgestiegen und nie Libertadores gewonnen? San Lorenzos Ruf und Ego wäre nicht zu retten gewesen. Der damalige Abstiegskampf zog sich über Monate hinweg und nicht wenige in Argentinien behaupten, dass es neben Feuermann Caruso Lombardi vor allem die Fans auf der Tribüne waren, die San Lorenzo neues Leben einhauchten.

Der Klassenerhalt war ein Wendepunkt für den Klub. Unabhängig von einzelnen Akteuren ging es für "den Zyklon" aufwärts. Zuvor hatte man bereits vor dem obersten Gericht erreicht, dass das Grundstück des früheren Stadions dem Verein zurückgegeben werden müsse. Ein politischer Erfolg, der von einer Faninitiative forciert worden war, die im März 2012 bei einer Demonstration von über 100.000 Anhängern von San Lorenzo vor dem Regierungspalast ihren Höhepunkt erreicht hatte.

Den Papst an ihrer Seite

Ein Jahr später wurde ein gewisser Jorge Bergoglio zum Papst gewählt und seine für einen Argentinier normale Fußballbegeisterung brachte seinen Lieblingsverein weltweit in die Schlagzeilen. San Lorenzo war von nun an "der Papstklub". Ob katholischer Glaube oder Marketing – in der folgenden Saison spielte die Mannschaft mit Franziskus-Konterfei auf dem Trikot und gewann prompt die argentinische Meisterschaft.

Nach dem Titelgewinn freute man sich in Boedo vor allem auf die Teilnahme an der Libertadores. Allerdings musste man Meistertrainer Juan Antonio Pizzi zum FC Valencia ziehen lassen. Verpflichtet wurde daraufhin "Patón" Bauza,  ein erfahrener Coach, der 2008 mit Liga de Quito aus Ecuador überraschenderweise jenen Libertadores-Cup gewonnen hatte. Sein Auftrag war eindeutig: Irgendwie die Hürde der brasilianischen Topteams überwinden und endlich, ja endlich diese südamerikanische Variante der Champions League gewinnen.

Turnierverlauf machts möglich

Der Wettbewerb entwickelte sich wahrlich anders als erwartet. Ganz knapp erreichte San Lorenzo hinter dem Außenseiter Unión Española und vor dem No-Name Independiente del Valle die K.o.-Runde, um sich dort gegen die brasilianischen Topfavoriten Grêmio und Cruzeiro knapp durchzusetzen. Man spürte jetzt in Boedo, dass es in diesem Jahr mit diesem verfluchten Pokal klappen könnte. Plötzlich stand man im Halbfinale gegen Underdog Club Bolívar, der vor dem Finaleinzug keine Hürde mehr darstellen sollte.

Nie waren sie so nah dran. Ein knapper Sieg gegen den nächsten Außenseiter Nacional aus Paraguay und sie wären nicht nur Papst, sondern auch Campeón de América.

Viktor Coco

Facts zu Copa Libertadores:

- Seit 1960 wird der Libertadores-Pokal unter den besten Teams Südamerikas vergeben
- Rekordsieger ist der Club Atlético Independiente mit sieben Titeln
- Im letzte Jahr setzte sich Atlético Mineiro mit Ronaldinho im Elfmeterschießen gegen den dreimaligen Titelträger Olimpia aus Paraguay durch
- Der letzte argentinische Sieger war Estudiantes de La Plata unter Kapitän Juán Sebastían Verón
- Auch Brasiliens Superstar Neymar gewann 2011 mit dem FC Santos den Pokal
- Die Auswärtstorregel greift nicht in den Finalspielen, bei einem Unentschieden nach 90 Minuten kommt es zunächst zu 30 Minuten Verlängerung
- 100.000 Fans von San Lorenzo hatten bei winterlichen Temperaturen teilweise vor den Ticketschaltern gezeltet
- Beim Nacional ist der Bruder von Ex-Bayernspieler Roque Santa Cruz dabei
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