15.08.2014 15:05 Uhr

Technische Studie deutet WM-Trends 2014

Am meisten Fußball gespielt bei Italien - England
Am meisten Fußball gespielt bei Italien - England

Die Technische Studiengruppe (TSG) der FIFA hat in ihrem Abschlussbericht zur WM in Brasilien vor allem die offensive Ausrichtung, das schnelle Umschalten von Abwehr auf Angriff und die spielenden Torhüter als Trends ausgemacht. Als Netto-Spielzeit errechnete die TSG unter der Leitung des ehemaligen Liverpool-Trainers Gerard Houllier Werte zwischen 39:18 und 64:49 Minuten.

"Die 32 Mannschaften zeigten fast durchweg erstklassigen, offensiv ausgerichteten Fußball", schrieb die TSG in ihrem Dossier über die Endrunde, das am Freitag auf der Homepage des Weltverbandes veröffentlicht wurde. "Diese Tendenz ist natürlich erfreulich und für die weitere Entwicklung des Fußballs rund um die Welt sehr vielversprechend." Auf insgesamt 284 Seiten und in vier Sprachen analysiert die Kommission die 64 WM-Spiele. "Die Partien waren schneller und dynamischer als jemals zuvor", heißt es im Bericht.

Die FIFA-Analytiker stellten zudem fest, dass bei den Torhütern "ein neues Zeitalter angebrochen" ist. Ein mitspielender Torwart wie Paradebeispiel Manuel Neuer bei Weltmeister Deutschland war einer der Haupttrends bei der WM. "Ein moderner Schlussmann beschränkt sich nicht mehr darauf, Schüsse abzuwehren", stellten die Experten im Bericht fest. Über Neuer selbst hieß es unter anderem: "Spielt wie ein Libero."

Rekord bei Jokertoren

Eine weitere Tendenz des Turniers, bei dem die WM-Teilnehmer vor allem in der Gruppenphase für spektakuläre Partien mit reichlich Toren gesorgt hatten, war die Effektivität von eingewechselten Spielern und damit einhergehend auch ein langer Atem der Mannschaften. 106 der insgesamt 171 WM-Tore in Brasilien wurden nach der Pause erzielt. Dies werteten die Experten als Indiz für die hohe physische Belastung der Spieler und den nie nachlassenden Offensivdrang aller Teams. Bezeichnend war auch, dass die bisherige Bestmarke von Jokertoren von 23 bei der WM in Deutschland 2006 mit 32 Treffern mehr als deutlich überboten wurde.

Selbst wenn die Ziele der Mannschaft immer übergeordnet sind, kam die Endrunde am Zuckerhut nicht ohne ihre Stars aus. "Diese WM ist auch das Turnier der überragenden Individualisten", schrieb die TSG und nannte beispielhaft Spieler wie den Deutschen Thomas Müller, Lionel Messi von Vizeweltmeister Argentinien, Bayerns Niederländer Arjen Robben, Brasiliens Neymar, Kolumbiens James Rodriguez oder Frankreichs Karim Benzema. Den kompletten Fußballer der Gegenwart zeichne dabei auch aus, dass er viel nach hinten arbeite und das Team in den Vordergrund stelle.

Einer wie Müller zähle zudem zu den Spielern, die den Ball bei Kontern schnell nach vorne treiben. Von dieser Art habe jedes der Topteams mindestens einen Akteur in seinen Reihen gehabt. "Das Umschalten von Abwehr auf Angriff ist ein zentraler Erfolgsfaktor im modernen Fußball und oftmals ein 'magischer Moment' im Spiel, der über Sieg oder Niederlage entscheiden kann", befand die Technische Studien-Gruppe.

Ball im Spiel

Am wenigsten im Spiel war der Ball beim hart umkämpften Viertelfinale zwischen Gastgeber Brasilien und Kolumbien. Wie aus dem Bericht hervorgeht, wurde tatsächlich nur 39:18 Minuten gespielt. Alle anderen der 64 WM-Partien kamen auf eine Nettospielzeit von mindestens 47 Minuten. Den Spitzenwert erreichte das Gruppenmatch zwischen England und Italien mit 64:49 Minuten.

Ihr Bericht solle bei den technischen Konferenzen der FIFA vom 11. September an in Panama-Stadt eine zentrale Rolle spielen, erklärte die FIFA in ihrer Mitteilung am Freitag. Eingeladen sind auch die Nationaltrainer. "Diese Konferenzen sind wichtige Plattformen, um die wichtigsten technischen Erkenntnisse aus der FIFA-WM mit den Konföderationen und den Mitgliedsverbänden zu teilen. Sie sind also ein konkretes Hilfsmittel für die weltweite Fußballförderung", sagte FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke.

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apa