29.08.2014 15:17 Uhr

Barisic legt sich mit Koller an

Zoran Barisic fand nach der Kritik von Marcel Koller klare Worte
Zoran Barisic fand nach der Kritik von Marcel Koller klare Worte

Offizieller Anlass für die Pressekonferenz des SK Rapid war die Vorschau auf das Bundesliga-Heimspiel gegen den SV Grödig am Sonntag (ab 16:30 Uhr im weltfussball-Liveticker). Doch der Meisterschaftsalltag wurde durch das bittere Europacup-Scheitern gegen HJK Helsinki überschattet. Dabei fielen sowohl der Coach, als auch der Sportdirektor mit starken Aussagen auf.

"Rapid ist immer wieder angerannt, konnte aber nicht den richtigen Schlüssel finden, um hinter die Abwehr zu kommen. Vielleicht haben die österreichischen Klubs punkto Disziplin und taktischer Grundschule Defizite", hatte ÖFB-Teamchef Marcel Koller nach dem 3:3-Remis von Rapid im Playoff-Rückspiel gegen HJK gemeint.

Als er von weltfussball mit dieser Aussage konfrontiert wurde, ging Rapid-Trainer Zoran Barisic auf die Barrikaden. "Ich schätze Marcel Koller sehr. Das kann man aber so nicht stehen lassen. Es ist unfair gegenüber meinen Kollegen und mir."

Haben die österreichischen Klubs und Trainer Defizite?

Schon in der vergangenen Saison hatte Koller aufhorchen lassen, als er den Trainern der österreichischen Bundesliga angesichts der Salzburger Dominanz ein "wenn man lange Bälle spielt, kann man kein Pressing machen" verbal um die Ohren geschleudert hatte. Der FC Basel schaltete dann übrigens nach der taktischen Empfehlung durch den Schweizer Landsmann die "Bullen" in der Europa League aus.

Auch in der laufenden Saison fand Malmö-Coach Åge Hareide nachdem er die Salzburger nur einmal gesehen hatte, ein viel besseres "Gegengift" als die Betreuer der heimischen tipico-Bundesliga. Vizemeister Rapid kam mit 1:6 unter die Räder, Wiener Neustadt sowie Altach gingen jeweils mit 0:5 unter und Grödig wurde gar mit 0:8 vernichtend geschlagen.

"Wir sind nicht so blöd, dass wir uns keine Gedanken über die taktische Ausrichtung machen. Auch wir haben versucht Salzburg über zweite Bälle weh zu tun", reagierte Barisic auf die Kritik an der österreichischen Betreuerriege allergisch.

Auch deutsche Trainer scheiterten gegen Düdelingen

Sogar Rapid-Sportchef Andreas Müller ergriff für die heimischen Trainer Partei. "Als Salzburg gegen Düdelingen ausgeschieden ist, war da nicht ein deutscher Coach dort tätig?", erinnerte er an die Schlappe seines Landsmanns Roger Schmidt.

Eine Schlappe, die nun auch Rapid gegen "keine Weltklassemannschaft" (wie Müller und Barisic den Europacup-Gegner HJK unabhängig voneinander bezeichneten) passierte. "Der Stachel sitzt tief", gab der Coach nach einer Nacht mit wenig Schlaf zu.

"Müssen etwas Böses an uns haben"

Die Schlüsse aus der Schlaflosigkeit des Zoran Barisic? "Wir müssen etwas Böses an uns haben! Wir sind zu brav und zu wenig schlitzohrig. Aber man sieht den Charakter meiner jungen Mannschaft, Brian Behrendt hat 15 Minuten mit aufgeschlitzten Rist gespielt. Meinen Spielern muss man beide Beine brechen, erst dann gehen sie raus", wurde es martialisch.

"Die Situation ist nicht einfach, auch für mich nicht. Ich weiß, dass ein Rapid-Trainer sofort funktionieren muss. Aber bis wir zum Ziel kommen, dauert es. Diese Mannschaft wird Zukunft haben", bat der Ex-Teamspieler einmal mehr um Geduld.

Sein Sportdirektor war ihm zuvor erneut zur Hilfe gekommen. "Das Denken im Fußball bestimmt die Anzeigetafel. Aber unser Plan ist auf die nächsten zwei Jahre angelegt."

Wie lange bekommen Trainer und Sportdirektor Zeit?

"Herr Müller, bei allem Respekt, glauben sie wirklich, dass sie zwei Jahre Zeit für ihre Ziele bekommen, wenn kurzfristig die Ergebnisse nicht stimmen?", fragte weltfussball beim Rapid-Sportdirektor nach. "Ich sehe, was die Mannschaft leisten kann und wir werden die Früchte ernten", war der Ex-Mittelfeldmotor von Schalke 04 optimistisch. "Das ist Überzeugung und nicht Hoffnung!"

"Wir müssen schlauer, dreckiger und abgezockter werden. Diese Reife haben einige Spieler noch nicht. Wir stehen alle gemeinsam in der Verantwortung bei Rapid. Mannschaft, Trainerteam, Sportdirektor und Präsidium. Ich habe großes Vertrauen", so Müller. "Übrigens: Ich habe gut geschlafen."

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Christian Tragschitz