04.10.2014 17:41 Uhr

Gefühlsschwangere Abrissparty in Hütteldorf

Das Hanappi ist tot, lang lebe das Weststadion
Das Hanappi ist tot, lang lebe das Weststadion

"Fans demolieren das Hanappi Stadion" – normalerweise denkt man bei so einer Nachricht an Ausschreitungen, Chaos und Gewalt. Nur davon war am Samstag in Wien-Hütteldorf keine Spur. Der SK Rapid lud zur Abrissparty der eigenen Heimstätte – und die Fans kamen in Scharen.

Sessel, Mauerbrocken, Tornetze und Rasenziegel konnten die Anhänger erwerben. Unter den Souvenirjägern herrschte eine eigenartige Stimmung, schließlich hieß es Abschied nehmen vom geliebten "St. Hanappi". Aber auch die Vorfreude auf das neue Allianz Stadion war spürbar.

"Es sind gemischte Gefühle, schließlich bin ich 26 Jahre lang hierher gekommen", meinte Fan Michael, der mit glasigen Augen am Rasen stand. Seinen Stuhl hatte er sich längst gesichert, €19,77 kostete das gute Stück. Ein Preis, der vom Stadion-Baujahr 1977 abgeleitet wurde. "Das wird mein neuer Fernseh-Fußballsessel. Dazu muss ich mir allerdings noch irgendetwas zusammenschweißen", fügte er hinzu.

Abschiedsfoto mit der Mannschaft

Damit hatte er schon einen bedeutenden Wissensvorsprung gegenüber den meisten anderen Rapid-Fans. "Jo, äh, pfuuh. Weiß ich noch nicht", war die häufigste Antwort, die man bei der Frage nach der persönlichen Weiterverwendung der subjektiven Reliquien erhielt.

"Mein Rasenstück, mein heiliger Rasen kommt ins Balkonkistl. Ich hoffe, dass ihn die Katzen nicht fressen", meinte Thomas, der das Grün gerade in eine Schachtel mit dem Aufdruck "Mein Stück alte Heimat" verfrachtete. Kurz zuvor legte er mit einem Spaten selbst Hand an.

Die Bestuhlung der Westtribüne war ziemlich schnell vergriffen, am nackten, brüchigen Beton wurden sogar Grablichter aufgestellt. "Es musste sein, das Stadion war komplett veraltet. Die Stimmung wird beim Neubau genauso toll sein, da bin ich mir sicher", meinte Lukas. So groß die Vorfreude auf das kommende grün-weiße Zuhause auch sein mag, die Benennung stößt nicht unbedingt auf Gegenliebe. "Der Name Weststadion bleibt, da bin ich mir sicher", fügte der blonde Anfangszwanziger hinzu.

Auf dem Weg zum Auswärtsspiel in Ried legte die Mannschaft bei der Abrissparty noch um 16:00 Uhr einen Zwischenstop auf der Abrissparty ein. Mit allen anwesenden Mitgliedern wurde noch ein riesiges "Familienfoto" aufgenommen, ein Abschiedsbild. Danach rollte ein Bagger an und begann symbolträchtig mit dem richtigen Abriss.

Mehr dazu:
>> Rapid fixiert Abrissparty für St. Hanappi

Johannes Sturm