10.11.2014 09:51 Uhr

Austria siegt im Pannen-Derby

Die 311. Auflage des Wiener Stadtduells der beiden Erzrivalen Rapid und Austria brachte am Sonntagnachmittag ein echtes Pannen-Derby. Am Ende jubelten dabei die Veilchen über einen 3:2-Erfolg. Wer auch immer glaubt, dass dieses Spiel gutes Niveau gehabt hat, dem ist wohl wirklich nicht mehr zu helfen. Ein Blick auf die Tabelle genügt: Die beiden - in der Vergangenheit - erfolgreichsten Vereine des Landes liegen nach 15 Runden auf den Plätzen vier (Rapid) und sechs (Austria).

Speziell die Leistung von Rapid vor 28.200 Zuschauern im Ernst Happel-Stadion war mehr als nur bedenklich. In einer wahren Fehlpassorgie schafften die Grün-Weißen erst nach 30 Minuten die erste gelungene Aktion, zu diesem Zeitpunkt lagen die Gastgeber bereits mit 0:1 in Rückstand. Austria-Torjäger Omer Damari, der einzige Spieler auf dem Rasen der internationalen Ansprüchen genügt, hatte nach einem schweren Fehler der Rapid-Abwehr und einem unglaublichen Patzer von Ján Novota getroffen (23.).

Ein zweiter Treffer des Goalgetters aus Israel (40.) und ein sehenswerter Schuss des kurz zuvor eingewechselten Daniel Royer (78.) brachten die Austria endgültig auf Erfolgskurs. Rapid gelang durch Deni Alar (83.) und Robert Berić (92.) unter gütiger Mithilfe von Austria-Keeper Heinz Lindner noch Ergebniskosmetik.

Die Wiener Vereine belügen sich selbst

Nach 15 Runden hinter dem Wolfsberger AC und SCR Altach: Alleine schon diese Tatsache müsste bei den Wiener Erzfeinden ebenso wie das erneut idiotische Verhalten einiger Fanatiker auf beiden Seiten die Alarmglocken läuten lassen. Stattdessen belügt man sich lieber einmal mehr selbst.

Die Austria feiert sich als Nummer eins in Wien ab (obwohl man drei Punkte hinter dem Stadtrivalen liegt) und Rapid lobt sich für seine tolle Mannschaft mit Zukunftsperspektive: Themaverfehlung. Nicht genügend, setzen!

Im Prater blühen gehen Rapid immer die Veilchen

Der Abriss des Hanappi-Stadions bringt Rapid zudem bis 2016 "Heimspiele" gegen die Austria im Prater. Viel Vergnügen, wenn man auf die katastrophale Derby-Bilanz im Happel-Stadion blickt: Dort ist die Austria bereits seit 6. Mai 2001 in sieben Spielen gegen die Exil-Hütteldorfer unbesiegt.

In den letzten fünf Runden hatte es für die Veilchen jedoch nur zu einem Sieg gereicht - kein Wunder also, dass die Erleichterung bei Austria-Trainer Gerald Baumgartner groß war. "Nach den letzten Wochen sind wir nicht gerade mit breiter Brust ins Spiel gegangen. Aber wir haben uns das Selbstvertrauen während der Partie erarbeitet", meinte er und sprach von einem "schönen Nachmittag" für die Austria.

"Der Schlüssel zum Erfolg war, dass wir etwas tiefer als sonst gestanden sind und auf Konter ausgerichtet waren." Baumgartners Resümee: "Wir hatten einen guten Matchplan und eine gute Taktik, waren kompakt und haben drei schöne Tore geschossen." Jedoch: "Wenn man ein Spiel, das man in der 78. Minute eigentlich gewonnen hat, fast noch aus der Hand gibt, bekommt man fast einen Herzinfarkt", gab Baumgartner zu.

Lindner war zu spät, wenig energisch und sah violett

Austria-Keeper Lindner zeigte sich nach seinen Fehlleistungen selbstkritisch. "Beim ersten Tor war ich zu spät, beim zweiten zu wenig energisch." Schlussendlich blieben seine Fehler jedoch folgenlos. "Es war ein verdienter Sieg, der uns viel Selbstvertrauen gibt. Die Stadt ist jetzt violett", sagte der Teamspieler.

Bedanken durfte sich Lindner bei Torgarant Damari, der groß aufspielte und die Austria mit einem Doppelpack auf die Siegerstraße brachte. In den vergangenen Partien war der Israeli noch weit von seiner Bestform entfernt gewesen. "Er ist müde von den Oktober-Länderspielen zurückgekommen und war danach ein bisschen kränklich. Gott sei Dank konnten wir ihn frisch machen. Er hat wieder gezeigt, was für ein extrem wichtiger Spieler er für uns ist", erklärte Baumgartner.

Rapid analysiert kollektives Versagen

Rapid-Goalie Novota nahm das 0:1 auf seine Kappe. "Das war mein Fehler. Ich habe der Mannschaft damit geschadet", sagte der Slowake, der in seinem siebenten Derby erstmals als Verlierer vom Platz ging. Von Rapid-Trainer Zoran Barisic gab es keine Vorwürfe an Novota. "Er hat uns in der Vergangenheit schon viele Partien gerettet. So etwas kann passieren. Außerdem wäre noch genug Zeit gewesen, das Match zu drehen."

Viel mehr als der Novota-Patzer ärgerte Barisic der enttäuschende Auftritt seiner gesamten Mannschaft in der Anfangsphase. "Die ersten 20, 25 Minuten haben wir verschlafen, da waren wir nicht präsent in den Zweikämpfen und haben uns die Schneid abkaufen lassen", kritisierte der Ex-Teamspieler.

Die Start-Probleme hatten laut Barisic auch mit der aufgrund vieler Ausfälle neu formierten Abwehr zu tun. "Wir haben in dieser Zusammensetzung noch nie zusammengespielt. Gewisse Dinge brauchen eben Zeit, bis sie greifen."

Der 44-Jährige sah nach der zweiten Niederlage in Folge aber auch positive Aspekte. "Es ist wichtig zu wissen, dass wir die vielen Ausfälle kompensieren können." Außerdem hob Barisic die Einstellung seiner Schützlinge hervor. "Die Mannschaft hat nie aufgesteckt und hätte sich am Schluss das 3:3 verdient gehabt."

Weniger gut war es um die Moral einiger Austria-Fans bestellt. Aus dem Gästesektor flogen gegen Ende der ersten Hälfte Leuchtraketen in Richtung eines Bereichs, in dem hauptsächlich Rapid-Fans saßen. Erst als die Polizei aufmarschierte, hatte der Spuk ein Ende. "So etwas sollte nicht vorkommen, passiert aber immer wieder. Das ist nicht zu tolerieren", betonte Baumgartner. Laut erstem Polizeibericht gab es zehn Verletzte und zwei Festnahmen.

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red/apa