12.11.2014 10:35 Uhr

Walther Bensemann: Pionier der Fußlümmelei

Der
Der "kicker" ist in Deutschland seit langer Zeit eine Institution

Er war als Spieler, Vereinsgründer und Sportjournalist einer der wichtigsten Wegbereiter des Fußballs in Deutschland. Vor 80 Jahren starb Walther Bensemann im Schweizer Exil. weltfussball schaut zurück auf ein Leben im Zeichen des noch jungen Sports.

Während in England 1888 mit der Football League die erste professionelle Fußball-Liga ins Leben gerufen wird, steckt die "Fußlümmelei", wie das neue Spiel von der Insel in bürgerlichen Kreisen verächtlich genannt wird, in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Walther Bensemann, ein 1873 geborener Sohn einer jüdischen Bankiersfamilie, soll für die junge Sportart in Deutschland eine entscheidende Figur werden.

Als Teenager kommt Bensemann während seines Internatsaufenthaltes in der Schweiz in Kontakt mit dem Fußball und bringt 1889 seine neue Leidenschaft mit in seine neue Heimat nach Karlsruhe. Mit 16 gründet er noch im selben Jahr den International Football Club (IFC), zwei Jahre später – nach Querelen innerhalb des neuen Klubs – einen weiteren Verein, den Karlsruher FV, der 1910 Deutscher Meister wird.

In der bürgerlichen Gesellschaft haben die Anhänger des Fußballs mit großen Vorbehalten zu kämpfen. Der Lehrer Bensemanns im Karlsruher Gymnasium droht ihm mit Karzerhaft. Obwohl jedem Fußballer Prügel durch die Fußball-Gegner droht, schart Bensemann schon bald mehrere Dutzend begeisterte Mitschüler um sich. Nicht zuletzt, weil der wohlhabende Bankiersohn, der am Ball nicht allzu talentiert ist, seine Mitspieler mit Ball und Trikots ausstattet.

Gründung von Vereinen in ganz Süddeutschland

Bensemanns Wirken bleibt aber schon bald nicht nur auf die Stadt Karlsruhe beschränkt. Sein Studium führt ihn in mehrere süddeutsche Städte, wo er jeweils die Gründung von Vereinen initiiert, so in Baden-Baden, Frankfurt, Gießen, Heidelberg, Mannheim, Marburg, München und dem zu dieser Zeit deutschen Straßburg. In Frankfurt ist er an der Gründung der Frankfurter Kickers beteiligt, einem der Vorgängervereine von Eintracht Frankfurt, und in München an der Bildung der Fußballabteilung des MTV München, die sich dann 1900 unter dem Namen Bayern München selbstständig macht.

Walther Bensemann sieht im Fußball ein Mittel der „Völkerversöhnung“. Er organisiert Freundschaftsspiele zwischen Vereinen, ist aber auch schon früh fasziniert von der Idee, eine deutsche Auswahlmannschaft gegen die Profis aus England antreten zu lassen. 1896 scheitert er bei dem Versuch, ein deutsches Team zu den Olympischen Spielen zu schicken, aber 1899 finden die von Bensemann unter größten finanziellen Risiken organisierten Vergleichskämpfe zwischen einer deutschen Auswahl und England statt. Die deutschen Freizeitkicker, die sich vor allem aus Berliner Mannschaften rekrutieren, haben gegen die Profis von der Insel keine Chance und verlieren innerhalb von fünf Tagen dreimal mit 2:13, 2:10 und 0:7.

Der Fußball-Pionier ist danach hochverschuldet, aber die Spiele gegen die Engländer sind aufgrund ihrer Publikumswirksamkeit ein voller Erfolg. In Fußballerkreisen ist Bensemann in der Folgezeit ein geachteter Mann, der im Januar 1900 an der Gründung des DFB mitwirkt.

Großes Ziel: Gründung einer Fußballzeitung

20 Jahre später verwirklicht der gebürtige Berliner seine Idee, eine wöchentliche Fußballzeitung ins Leben zu rufen. Am 14. Juli 1920 erscheint die erste Nummer des "kicker". Schon vorher hat er als Autor für verschiedene Sportzeitungen gearbeitet. Beim Kicker kann er nun seine Ideen von einer anspruchsvollen Sportberichterstattung ohne Kompromisse in die Tat umsetzen. Da die Konkurrenz groß und die Einnahmen gering sind, muss Bensemann einen Großteil der Kosten für den "kicker" selbst tragen. Ein Investor aus den Niederlanden rettet schließlich das Blatt.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 endet Bensemanns Wirken für den Fußball in Deutschland. Schon wenige Wochen später scheidet der inzwischen Herzkranke aus der "kicker"-Redaktion und kommt möglichen Repressalien durch die neuen Machthaber zuvor, indem er in die Schweiz emigriert. Am 12. November 1934 stirbt Bensemann in Montreux.

Ralf Amshove