12.12.2014 16:16 Uhr

Zwei Gesichter: Austrias Halbzeit-Problem

Vor der Pause stark, nach der Pause harmlos - Austria-Trainer Gerald Baumgartner hat eine Mannschaft mit zwei Gesichtern
Vor der Pause stark, nach der Pause harmlos - Austria-Trainer Gerald Baumgartner hat eine Mannschaft mit zwei Gesichtern

Vor dem letzten Spiel des Jahres gegen den SV Grödig rangiert die Wiener Austria nur an siebter Stelle. Die Halbzeitbilanz gibt gleich doppelt Grund zur Unzufriedenheit. Auf dem Transfersektor lautet die winterliche Devise "Reagieren statt Agieren".

"Der Ball ist rund und das Spiel dauert neunzig Minuten." Seinen legendären Ruf als Sprücheklopfer hatte der deutsche Weltmeistertrainer Sepp Herberger nicht zuletzt auch solchen Weisheiten zu verdanken, die banal klingen aber es dennoch nicht sind. Wie das Beispiel Austria Wien in dieser Saison illustriert.

Denn das Problem der nur siebtplatzierten Veilchen in der ersten Meisterschaftshälfte lag vornehmlich in der zweiten Spielhälfte. Wäre der Pausenpfiff gleichzeitig der Schlusspfiff, sähe die Tabelle ganz anders aus. Die Austria läge an dritter Stelle hinter Wolfsberg und Salzburg – mit fünf Zählern Abstand zur Spitze. Konträr dagegen die Ausbeute aus den zweiten 45 Minuten: Dort wäre die Austria mit nur zwei Punkten Vorsprung Vorletzter.

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Welche Schlüsse zieht Austria-Trainer Gerald Baumgartner aus dieser Bilanz? "Ich denke gesamt gesehen wirkt der Start noch immer nach. Da hätten wir mehrere Spiele gewinnen können und auch müssen", ortete der 50-Jährige die Wurzel des Problems im bescheidenen Saisonbeginn. Der erste Sieg gelang bekanntlich erst in der achten Runde gegen Ried.

Die Situation entwickelte eine negative Eigendynamik und schadete dem Selbstvertrauen. "So hatten wir nach kurzer Zeit immer eine Drucksituation. Dann haben wir die Spiele, die wir gewinnen mussten nicht gewonnen. Da war immer wieder ein Rückschritt und das zieht sich wie ein roter Faden bis jetzt durch." Mangelnde Fitness schloss Baumgartner als Ursache für Einbrüche nach der Halbzeitpause mittlerweile aus. "Ich glaube nicht, dass es daran liegt."

"Die Drucksituation ist in den Köpfen drinnen. Wenn wir ein Gegentor bekommen sind wir nicht gefestigt", so Baumgartner weiter. Auch am vergangenen Wochenende brachte sich die Austria mit einer zehnminütigen Schockstarre um die Früchte ihrer Arbeit, obwohl Salzburg anders als beim 3:2-Auswärtssieg im September diesmal über längere Strecken dominiert wurde, wie Baumgartner hervorstrich.

Abwartende Kaderplanung

Neben mangelnder Cleverness, einem Selbstbewusstsein wie ein Kartenhaus gilt der kritische Blick vieler Beobachter auch der Kaderqualität. Prominente Namen fanden sich zuletzt auf der Tribüne wieder. Bezüglich der anstehenden Transferzeit kamen von den beiden Vorständen Markus Kraetschmer und Thomas Parits zuletzt widersprüchliche Ankündigungen.

Sportvorstand Parits, der in seine letzte Transferperiode geht, ließ sich vor der Grödig-Partie etwas mehr entlocken: "Wir können den Kader nicht auf 30 aufblähen, wenn wir schon 27 haben. Wir werden reagieren statt agieren." Es käme aber auch die betroffenen Spieler an. "Alle haben Verträge bis zum Sommer. Ich kann mir vorstellen, dass einige unzufrieden sind. Aber auch ein Spieler muss sich überlegen, ob er noch ein halbes Jahr hier bleibt und nicht spielt oder wohin geht, wo er spielt." Bis dato seien laut Parits noch keine Angebote eingelangt. Sollte sich das ändern, dann "sind wir vorbereitet". Namen scheinen im Hinterkopf verwahrt.

Sonderlob für Stürmertalent

Ob etwaige Wünsche von Gerald Baumgartner erfüllt werden können, ist somit ungewiss. Der Trainer hält daher auch in den eigenen Reihen Ausschau nach Verstärkungen. Vom erst 18-Jährigen Stürmer Marko Kvasina scheint Baumgartner, früher selber Angreifer, sehr eingenommen zu sein: "Er macht einen sehr guten Eindruck im Training. Er ist ein Versprechen für die Zukunft und kann er wirklich was werden."

Baumgartner schloss für die Zukunft nicht aus, auch einmal auf zwei Stürmer zu setzen, Kvasina neben Omer Damari aufzubieten. Derzeit ist das freilich Gedankenspielerei, der Israeli hat sich bekanntlich Pfeiffersches Drüsenfieber eingefangen. "Die Organe sind laut den Ärzten nicht angegriffen. Stand jetzt ist er beim Trainingsstart dabei", beruhigte Parits.

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Sebastian Kelterer