13.12.2014 10:09 Uhr

Newcastle: Auferstanden von den Toten

Eine Hassliebe verbindet die Fans von Newcastle United mit ihrem Trainer Alan Pardew. Eigentlich war er schon weg - doch die Rückkehr eines Leistungsträgers brachte den 53-Jährigen zurück von den Toten.

Am 20. September schien es so, als sollte eine nicht geringe Anzahl Newcastle-United-Fans endlich erhört werden: Der ewig wankende Trainerstuhl des ungeliebten Alan Pardew war lediglich 22 Minuten davon entfernt, ein für alle mal zu kippen – nicht viel Zeit, genug jedoch, damit alles ganz anders kommen konnte.

Rückblick: Gegen großen Fan-Widerstand setzten die Magpies 2010 Aufstiegsheld Chris Hughton vor die Tür, um wenige Tage später Alan Pardew aus dem Hut zu zaubern. Einen Trainer, der neben dem ambitionierten Ziel, mit NUFC in die Phalanx der Top-5 einzubrechen, einige Skandale im Gepäck hatte. In Reading hatte Pardew einst gekündigt, um direkt in West Ham zu unterschreiben, mit Trainer-Legende Arsène Wenger hatte sich der Ex-Kicker bereits mehrfach öffentlich angelegt und 2007 hatte er sich abfällig über die Fans seines Ex-Klubs West Ham geäußert - natürlich stilecht auf Video gebannt.

Nach Startschwierigkeiten zeigte der 53-Jährige dann jedoch, warum man auf ihn setzte: Mit dem nötigen Kleingeld ausgestattet, lockte der Brite unter anderem Papiss Demba Cissé, Inters Abwehrtalent Davide Santon sowie den ehemaligen Hoffenheimer Demba Ba an den St James' Park. Eine Shoppingtour, die sich auszahlen sollte: Die Geordies stürmten auf Rang fünf und Pardew wurde zum besten Trainer der Saison gewählt. Die Antrittsvorgabe war vorerst erreicht, sollte jedoch nicht lange währen.

Verblüffender Widerspruch

Bereits in der Folgesaison kämpfte Newcastle gegen den Abstieg und im Sommer 2014 dümpelte man lediglich im tristen Niemandsland der Tabelle. Pardew sorgte derweil einmal mehr für unrühmliche Schlagzeilen: Manchester-City-Coach Manuel Pelligrini wurde vor laufenden Kameras als "fucking cunt" betitelt und Hull-Kicker David Meyler in guter alter Norbert-Meier-Manier mit einer Kopfnuss niedergestreckt. Aber selbst eine folgende Sieben-Spiele-Sperre ließ die Verantwortlichen nicht von Pardew abweichen.

Besonders beeindruckend: Der höchsten Niederlage seit 87 Jahren und der schlechtesten Serie der NUFC-Historie steht ein nahezu widersprüchlicher Fakt entgegen - lediglich Urgestein Arsène Wenger ist aktuell länger für ein Team im englischen Oberhaus verantwortlich. Klar der Mann ist ein Typ, klar er hat gezeigt, was er kann und ja Kontinuität ist nicht nur ein Begriff im Wörterbuch der Fußballromantik, aber dennoch drängt sich eine Frage nach dem Warum auf. Die Antwort gibt das Team des umstrittenen Übungsleiters aktuell.

Auferstanden von den Toten

Nach einer Auftaktniederlage gegen City, zwei Punkteteilungen sowie einer satten 0:4-Klatsche in Southampton rangierte NUFC zu Saisonbeginn mit mickrigen zwei Pünktchen am Ende der Tabelle und befand sich im freien Fall. Auf den Rängen erlebten "Pardew out"-, "Pardew is a Muppet"- oder schlicht "hopeless"-Schilder ihre Renaissance und die Initiative sackpardew.com erlangte riesigen Zuspruch.

Das Kapitel Alan Pardew schien Geschichte – doch dann betrat am eingehend angesprochenen 22. September ein gewisser Papiss Demba Cissé das Grün des St James' Park. Gerade erst genesen, zimmerte der Ex-Freiburger das Leder kurzerhand zweimal ins Netz und rettete Pardew den Job.

Damit aber nicht genug: Zwei Spieltage später ließ erneut ein Cissé-Doppelpack die eifrig vorgefertigte Entlassungsmeldungen in den Schubladen der Schreiberlinge verstauben. Mit der Rückkehr des Senegalesen kehrte auch der Erfolg zurück. Die Magpies gewannen sechs der letzten acht Partien, fügten dabei Chelsea die erste Saisonniederlage zu und erbeuteten 19 von 24 möglichen Punkten. Um es mit den Worten einiger Anhänger der Magpies zu sagen: "Pardew - back from the dead".

Jetzt wartet mit Arsenal (zum weltfussball-Liveticker) ein ganz dicker Brocken im direkten Kampf um die internationalen Plätze. Kein leichtes Unterfangen also für Alan Pardew und seine arg vom Verletzungspech gebeutelten Mannen. Sicher jedoch eine Partie im Fokus der Klatschpresse, steht dem frischgebackenen Trainer des Monats November doch Erzfeind Arsène Wenger gegenüber.

Marc Affeldt