02.09.2017 11:39 Uhr

Fritz Szepan: Schalker Idol mit Macken

Fritz Szepan (l.) als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft
Fritz Szepan (l.) als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft

Zu seiner aktiven Zeit galt Fritz Szepan als einer der besten Fußballer Deutschlands. Über seiner Karriere liegt allerdings ein dunkler Schatten. An diesem Samstag wäre der Schalker Spielmacher 110 Jahre alt geworden.

In den 1930er Jahren war der FC Schalke 04 unbestritten die beste Mannschaft Deutschlands. Zwischen 1934 und 1942 holten die Blau-Weißen aus dem Kohlenpott sechs Mal die Deutsche Meisterschaft und gewannen 1937 als erstes Team das Double aus Meisterschaft und Pokal. Der Grundstein für diese Ära wurde in den frühen 20er Jahren gelegt, als Ernst Kuzorra seinen Jugendfreund Fritz Szepan überredete, dem bis dahin bedeutungslosen Klub Schalke beizutreten.

Das kongeniale Duo führte in den folgenden Jahren Schalke und den deutschen Fußball allgemein auf eine neue Stufe: Fritz Szepan als Kopf und Spielmacher und sein Schwager Ernst – Kuzorra heiratete 1931 Szepans Schwester Elise – als kraftvollen Stürmer.

Erfolge in Verein und Nationalmannschaft

Fast ein Jahrzehnt galten die Schalker als nahezu unschlagbar. Mit dem sprichwörtlichen "Schalker Kreisel", einem frühen Vorläufer des Guardiola'schen Tiki-Taka, nahmen Szepan, Kuzorra und Co. ihre Gegner gleich reihenweise auseinander. Szepan ist nicht nur Rekordspieler, sondern auch bester Torschütze in der Geschichte der Endrunden um die Deutsche Meisterschaft (1903 bis 1963).

Auch dem Nationaltrainer Otto Nerz und ab 1936 seinem Nachfolger Sepp Herberger fiel das überragende Spielverständnis Szepans auf. Zwischen 1929 und 1939 bestritt der Blondschopf 34 Länderspiele, 30 Mal trug der Spielmacher die Kapitänsbinde, so auch bei der Weltmeisterschaft 1934, bei der das deutsche Team überraschend den dritten Platz erreichte. Am 16. Mai 1937 führte der Schalker die später so titulierte "Breslau-Elf" auf den Platz, die Dänemark mit 8:0 besiegte.

Der Fußball war zu Szepans aktiven Zeiten in Deutschland ein reiner Amateursport. Ihren Lebensunterhalt mussten die Stars von damals abseits des Fußballplatzes verdienen. Dort bewies der begnadete Kicker allerdings nicht das gleiche Geschick wie auf dem Spielfeld. Szepan versuchte sich als Geschäftsmann, scheiterte aber als Betreiber eines Tabak-Geschäfts, einer Gastwirtschaft und einer Tankstelle. Die Stadt Gelsenkirchen griff dem beruflich gescheiterten Fußballstar unter die Arme, indem sie ihn zeitweise einstellte.

Arisierungsprofiteur

Erst mit der Übernahme eines Textilgeschäftes verbesserte sich die finanzielle Situation Szepans nachhaltig. Doch dieser Erwerb wirft einen dunklen Schatten auf das Idol des frühen deutschen Fußballs. Das Textilgeschäft befand sich bis 1938 in jüdischem Besitz, bevor es zwangsenteignet wurde. Szepan erwarb das Kaufhaus für einen Preis von 7.000 Reichsmark – deutlich unter dem damaligen Wert. Ein Jahr zuvor war Szepan, der eigentlich als unpolitisch galt, wie viele seiner Mannschaftskollegen in die NSDAP eingetreten und hatte seine Unterschrift unter einen Wahlaufruf zugunsten der Nationalsozialisten gesetzt.

Auch wenn die genauen Umstände der Übernahme bis heute nicht bekannt sind, dürfte sein Status als Fußballidol und seine den Machthabern zumindest nicht opponierende politische Haltung – die Alliierten stuften Szepan nach dem Krieg als "Nazi-Mitläufer" ein – beim Erwerb des Textilgeschäfts von Vorteil gewesen sein. Die ursprünglichen Besitzer wurden im Januar 1942 nach Riga deportiert und ermordet, Szepan wurde durch das Kaufhaus zum vermögenden Geschäftsmann.

Erfolge auch als Trainer

Nach dem Krieg konnten die beiden in die Jahre gekommenen Altstars Szepan und Kuzorra mit ihrem Verein nicht an die Erfolge der großen Schalker Ära anknüpfen. Im November 1950 hängten beide offiziell ihre Fußballschuhe an den Nagel. Schon ein Jahr zuvor hatte Szepan das Training der Knappen übernommen. 1954 wechselte er vom Schalker Markt auf die Trainerbank von Rot-Weiß Essen, das er ein Jahr später zum Gewinn seiner einzigen Deutschen Meisterschaft führte.

In den 1960er Jahren kehrte er zu seiner blau-weißen Liebe zurück und wurde für einige Jahre Präsident des FC Schalke 04. Am 14. Dezember 1974 starb Fritz Szepan an den Folgen einer Nierenoperation.

Ralf Amshove