28.01.2015 15:17 Uhr

Rampenlicht: Ballkünstler auf dem Vormarsch

Emre Can (Bildmitte) verschafft sich in England auch bei seinen Gegenspielern gehörigen Respekt
Emre Can (Bildmitte) verschafft sich in England auch bei seinen Gegenspielern gehörigen Respekt

Viele bekannte Gesichter spielen weitgehend unbeachtet von der deutschen Presse im Ausland. Heute blickt weltfussball auf drei Mittelfeldstrategen, die alle etwas miteinander verbindet: eine ausgesprochene Genialität am Ball. 

Auf einmal läuft's bei den Reds

"Abgeklärt, geradlinig, ruhig" - Attribute, die in der Regel erfahrenen Haudegen im englischen Profifußball vorbehalten sind, werden auf englischen Fan-Portalen zurzeit mit einem ganz jungen seiner Zunft in Verbindung gebracht: Emre Can begeistert in der Premier League mit seinem unaufgeregten Spielstil und setzt beim FC Liverpool seinen nächsten Karriereschritt. Der Deutsch-Türke hat sich in den letzten Wochen zum Stammspieler entwickelt und genießt innerhalb der Fangemeinde der Reds große Anerkennung.

Can, der seine ersten Bundesligaminuten für den FC Bayern absolvierte, überzeugt seinen Coach Brendan Rodgers mit einer Art des Fußballspielens, die der Engländer gerne als "straight forward" bezeichnet. Trotz seines geringen Alters von 21 Jahren strahle er bereits sehr viel Ruhe aus und schaffe Ordnung im ab und an konfusen Spielaufbau der Liverpooler, meint die Fan-Base im Web. Der ehemalige Leverkusener stand zuletzt siebenmal über die volle Distanz auf dem Rasen, überzeugte mit tollen Pass- und Laufwerten.

Der Liverpool FC hat seit dem übrigens lediglich die League-Cup-Partie gegen den Chelsea FC verloren (0:1 n.V.), ansonsten den Großteil der Spiele wettbewerbsübergreifend gewonnen. Zufall? Nicht, wenn es nach der Anhängerschaft geht, bei denen der deutsche Jugendnationalspieler ganz hoch im Kurs steht. Trotz der bisweilen fehlenden Sprintstärke wird ihm zugetraut, in einigen Jahren zu den ganz Großen auf der Position des Zentralen Mittelfeldspielers zu werden. Es wird sicher nicht mehr viel brauchen, ehe Can auch in der deutschen Öffentlichkeit wieder im Fokus stehen wird.
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Kunstschütze erzielt wichtige Tore

Der eine steht vor seinem Durchbruch auf der Insel, ein anderer hat diesen Karrieresprung bereits hinter sich: Gylfi Sigurðsson ist in dieser Saison beim Swansea FC eine ganz wichtige Figur im Mittelfeld und außerdem der Mann für die spektakulären Tore.

Am zurückliegenden Wochenende war es wieder so weit: Bei seinem Auftritt im FA-Cup gegen Blackburn geriet Sigurðsson gleich zweimal in den Fokus. Zunächst erzielte er das zwischenzeitliche 1:0 gegen den Zweitligisten in der vierten Pokalrunde (Endstand 3:1 für Blackburn). Natürlich aus der Distanz, natürlich mit seinem rechten Hammer aus rund 28 Metern Torentfernung.

Jedoch leistete er sich in der Nachspielzeit einen äußerst unrühmlichen Abgang, als er nämlich im Mittelfeld die Sense auspackte und Rovers Chris Taylor von hinten umgrätschte. Er erwies seiner Mannschaft mit der vertretbaren Roten Karte einen Bärendienst und wird die nächsten drei Meisterschaftsspiele gesperrt fehlen. In jeder Hinsicht also ein intensives Wochenende des Isländers.

Gylfi Sigurðsson war einst als 20-Jähriger zur TSG 1899 Hoffenheim in die Bundesliga gewechselt. Er machte sich bei den Kraichgauern schnell als torgefährlicher Distanz- und Freistoßschütze einen Namen. Der Mittelfeldmann erzielte in seiner ersten Saison für Hoffenheim stolze neun Saisontreffer und wurde in dieser Zeit auch zum Stammspieler in der Nationalmannschaft seines Heimatlandes. Nach einer Ausleihe im Jahr 2012 holte ihn der Swansea FC im Sommer 2014 endgültig nach Wales. Hier kam er über seine Jokerrolle hinaus, die er noch während seiner Zeit bei Tottenham Hotspur ausfüllte. Als Swan stand er in 21 der 22 Premier-League-Begegnungen in der Startformation – der endgültige Durchbruch für den Skandinavier auf der Insel.
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Die Suche nach der Form endlich erfolgreich?

Einer sein, der dem Spiel der eigenen Mannschaft den viel zitierten Stempel aufdrücken kann und Spiele in die richtige Richtung lenken kann - was Can und Sigurðsson noch erreichen wollten, hatte einer schon jahrelang geschafft. Die Auftritte von Diego Ribas da Cunha, kurz Diego, lagen in der Bundesliga meist zwischen Genie und Wahnsinn. Seine beste Zeit hatte der 29-Jährige bei Werder Bremen, für die er in all seinen drei Spielzeiten mindestens zweistellig traf und als genialer Taktgeber das Werderaner Spiel lenkte. Hier wurde er auch DFB-Pokalsieger 2009, erzielte außerdem für den Klub von der Weser 2007 das Tor des Jahres. Dieter Hoeneß holte den Brasilianer dann 2010 nach Wolfsburg und zurück in die Bundesliga, wo er ebenfalls immer wieder Akzente setzte.

Mittlerweile ist Diego über den Umweg Atlético Madrid in Istanbul bei Fenerbahçe gelandet. Auch bei den Türken sind vor allem seine Spielgestalter-Qualitäten gefragt. Beim 3:0-Auswärtssieg von Fenerbahçe gegen Kasimpasa SK platzte beim 1,64m-Dribbler endlich der Knoten, nachdem er die letzten Wochen schon mehr Minuten auf der Bank als auf dem Rasen zu beobachten war. Formschwäche und eine muskuläre Verletzung im Dezember waren die Gründe dafür.

Am Samstag legte er zwei Tore auf, unter anderem das 1:0 durch den niederländischen Stürmer-Oldie Dirk Kuyt. Diego hatte somit entscheidenden Anteil an der verteidigten Tabellenführung. Vielleicht war dieses Spiel ja die endgültige Rückkehr in die Anfangself für den Ballkünstler, in dieser hatte er vorher seit dem 24. November nicht mehr gestanden. Dann klappt's bestimmt auch bald mit dem ersten Treffer in der SüperLig.
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Mats-Yannick Roth