12.02.2015 15:00 Uhr

Nur Wohlfahrt darf in die Ferne blicken

Austria-Sportdirektor Franz Wohlfahrt befasst sich im Gegensatz zu den Spielern auch mit weiter in der Zukunft liegenden Themen
Austria-Sportdirektor Franz Wohlfahrt befasst sich im Gegensatz zu den Spielern auch mit weiter in der Zukunft liegenden Themen

Das Ziel heißt Europacup und vielleicht sogar Platz zwei. Dennoch verordnet Austrias neuer Sportdirektor Franz Wohlfahrt den Spielern nur noch von Tag zu Tag und Spiel zu Spiel zu denken. Für ihn gilt das jedoch nicht. Er muss sich mit anstehenden Vertragsverhandlungen und Optimierungen innerhalb des Klubs beschäftigen, wie er weltfussball verriet.

Spieler des aktuellen Tabellensechsten Austria Wien wären gut beraten an manche Dinge gar nicht zu denken. Etwa an die Selbstverständlichkeit einer Aufholjagd und das Erreichens eines Europacupstartplatzes. Auch gibt es Sätze, die in Gegenwart von Neo-Sportdirektor Franz Wohlfahrt besser nicht ausgesprochen werden. "Wir haben eh noch 18 Spiele und das mach' ma schon", steht ganz oben auf der Fauxpas-Liste.

"Ich habe die Devise ausgegeben, von Stunde zu Stunde und von Tag zu Tag zu denken. Es geht um jede Minute im Spiel, denn im Fußball entscheiden oft kleinste Details", erläuterte Wohlfahrt seine Forderung vor dem Auftakt der Frühjahrsmeisterschaft. Details wie Tordifferenz bei Punktegleichheit oder schlicht zwei Zentimenter, die über Tor oder nicht entscheiden.

"Macht das schon ein Macher-Image?"

Der 50-Jährige weilt erst seit rund einem Monat im Amt. In dieser Zeit ist viel geschehen bei den Veilchen. Wohlfahrt konnte dabei vom ersten Tag an signifikante Taten setzen. Roman Kienast und Ola Kamara wurden beispielsweise nicht ins Trainingslager mitgenommen: Ein letzter Schritt um den Abgang der Reservisten zu forcieren. Wohlfahrt, der Macher, packt an. "Macht das schon ein Macher-Image?", war die Gegenfrage, als er von weltfussball auf den ersten Eindruck angesprochen wurde. "Es gibt einfach Entscheidungen, die gefällt werden müssen. Auch wenn sie vielleicht unpopulär sind oder weh tun."

Vier Spieler verließen den Klub während der Übertrittszeit, ebensoviele neue bereichern nun den Austria-Kader. "Bei der Kaderplanung haben wir intensiv überlegt, welche Positionen wir verstärken wollen. Dabei haben wir auf Spieler geachtet, mit denen wir für die Zukunft planen können, aber auch welche, die uns schnell weiterhelfen können", lautet das Resümee.

Sollte beim Auftakt gegen den WAC, wie etwa bei der Generalprobe gegen Olimpija Ljubljana (5:0), kein Neuzugang in der Startelf stehen, wäre Wohlfahrt keinesfalls enttäuscht, wie er versicherte: "Nein, nein, überhaupt nicht. Enttäuschend wäre es nur wenn sie von ihrer Grundeinstellung oder Loyalität nicht alles geben. Auch wenn etwas nicht gleich funktioniert, ist es nur ein Wink noch härter zu arbeiten."

Offene Vertragsfragen

Harte Arbeit wartet auch weiter auf Franz Wohlfahrt. Anders als den Spielern ist bei ihm der Blick in die fernere Zukunft nicht nur erlaubt, sondern per Job-Description ausdrücklich erwünscht: "Ich stehe auch nicht auf dem Spielfeld und habe auch meinen Stress nicht am Spielfeld, sondern außerhalb." Im Sommer laufen etliche Verträge aus, darunter auch die der Leistungsträger Alexander Gorgon und Heinz Lindner. Letztgenannter schien schon in der Winterpause auf dem Absprung.

"Natürlich wollen wir die Spieler nicht verlieren. Aber ich brauche auch ein Entgegenkommen", stellte der frühere Klassekeeper klar. Dass die Verhandlungsposition nicht gerade einfach ist, stört dabei nicht. "Wenn einer gut ist, Gas gibt für den Verein und wichtig für die Mannschaft, für die Vermarktung, das Merchandising ist, dann werde ich alles versuchen, dass er bleibt. Auch mit einem Supervertrag", erklärte Wohlfahrt, "dafür brauche ich aber auch Zeichen und Signale."

Neben dem Vertragspoker deutete der neue starke Mann bei Violett auch Änderungen in den Bereichen Scouting und Medizin an. Beispielsweise soll etwa der Blick in Österreichs Nachbarländer geschärft werden, im Grunde geht es Wohlfahrt aber um effizientere Abläufe: "Jeder wird froh sein, wenn wir eine Abteilung professioneller machen. Professionell heißt in dem Fall, dass jeder weiß, wo die Information hinkommt, wer was sagt, und so weiter. Es ist vielmehr eine Frage der Struktur. Aber niemand muss Angst um seinen Job haben."

Mehr dazu:
>> FK Austria Wien: Vorbereitung Winter 2015 

Sebastian Kelterer