11.03.2015 20:55 Uhr

EL-Vorschau: Everton und Rom gegen die Krise

Daniele De Rossi und die Roma wollen ihre Ergebniskrise gegen die Fiorentina beenden
Daniele De Rossi und die Roma wollen ihre Ergebniskrise gegen die Fiorentina beenden

Kriselnde Engländer gegen selbstbewusste Ukrainer, spanische und italienische Schwergewichte im direkten Duell: Die Spätspiele im Europa-League-Achtelfinale versprechen eine Menge Spannung und hochklassigen Fußball. Die Spiele in der Übersicht:

Everton FC – Dinamo Kiev

Abstiegskampf statt Europacup: Nach einer beispiellosen Negativserie sind die Toffees (nur ein Sieg in den letzten zwölf Spielen) in der Premier League im Tabellenkeller angekommen. Das problemlose Weiterkommen in der Europa League gegen die Youngs Boys (4:1; 3:1) konnte die Sorgen im Alltagsgeschäft nicht kaschieren.

"Wir stehen nicht da, wo wir hin wollen", gibt Trainer Roberto Martinez offen zu. Ladehemmungen bei 35-Millionen-Mann Romelu Lukaku, akute Formschwäche bei Youngster Ross Barkley und anderen Leistungsträgern haben die Liverpooler in die ungewohnten Gefilde abstürzen lassen. Wie viel Kraft für die Europa League bleibt, steht in den Sternen.

Ausgerechnet in dieser schwierigen Phase kommt ein Gegner an die Merseyside, der vor Selbstvertrauen nur so strotzt. Von den bisher 28 Pflichtspielen in dieser Saison verlor der Tabellenführer der ukrainischen Premyer Liga ganze drei. Die erste Meisterschaft seit 2009 ist nahe. Der Glaube an die eigene Stärke zeigte sich unter anderem im Sechzehntelfinale, als Dinamo eine 1:2-Hinspielniederlage gegen Guingamp drehte.

Und das vor 54308 begeisterten Zuschauern im Olimpiyskyi, das trotz Teilsperre auch gegen Everton aus allen Nähten platzen wird. Der Traditionsklub lechzt nach dem ersten internationalen Titel seit 29 Jahren und wird alles in die Waagschale werfen, um den Traum zu verwirklichen.

Villarreal CF – Sevilla FC

Aus der Liga kennen sie sich in- und auswendig, im Europapokal treffen der Titelverteidiger und das gelbe U-Boot zum ersten Mal aufeinander. Es verspricht ein Duell auf Augenhöhe zu werden. In der Primera Division liegen beide Kopf an Kopf auf den Plätzen fünf und sechs, das erste Duell am 9. Spieltag entschieden die Andalusier erst in buchstäblich letzter Sekunde für sich.

"Die Chancen stehen 50:50", glaubt Sevillas Präsident José Castro, "aber, bei allem Respekt vor dem Gegner, wir haben diesen Wettbewerb in den Genen und ich bin überzeugt, dass wir weiterkommen." Die Überzeugung kommt nicht von ungefähr, schließlich hat sein Team die Europa League allein in den letzten acht Jahren drei Mal gewonnen. Folgt in Warschau der vierte Streich, würde Sevilla mit der zweiten erfolgreichen Titelverteidigung ein Novum gelingen.

Die 90 Minuten im El Madrigal dürften allerdings zu einer echten Nagelprobe werden. Und das nicht nur, weil mit dem 21-Jährigen Luciano Vietto und dem Russen Denis Cheryshev (24) zwei brandgefährliche Stürmer auf der anderen Seite stehen. "Die Fans spielen in dieser Partie eine wichtige Rolle und schenken uns den Glauben, dass wir erfolgreich sein können", ist Villarreals Coach Marcelino überzeugt.

Lediglich was die Taktik angeht, will der 49-Jährige den Ball flach halten: "Sevilla ist sehr stark in der Luft, also werden wir den Ball so gut es geht am Boden lassen. Wenn wir unsere Dynamik einsetzen, haben wir ihnen etwas voraus." Dennoch müsse sein Team vieles richtig machen, um das Spiel zu gewinnen.

SSC Napoli – Dinamo Moskva

Eineinhalb Jahre nach der großen Transferoffensive und den Verpflichtungen von Rafael Benítez, Gonzalo Higuaín, José Callejón, Raúl Albiol und Dries Mertens will der SSC endlich auch im internationalen Geschäft nach einem Titel greifen. In der Vorsaison wurde den Italiener auch ein gewisses Lospech zum Verhängnis. Mit Dinamo treffen sie diesmal auf einen Gegner, der als klarer Außenseiter in das San Paolo reist.

"Wir wollen gewinnen, das ist klar. Ich habe Vertrauen in mein Team und will es mit voller Konzentration und Überzeugung spielen sehen", fordert Benítez. "Wir haben eine Spielidee und damit schon zwei Titel gewonnen. Ich denke, dass wir auf dem richtigen Weg sind." Ob dieser Weg zum Gewinn der Europa League führen kann, wollte der Trainer nicht beantworten. "Ich weiß nur, dass wir ein intensives Spiel vor uns haben. Alles weitere werden wir sehen."

Allzu sicher sollten sich die Gastgeber ihrer Sache aber nicht sein, denn der Tabellendritte der russischen Premier Liga reist mit breiter Brust an. Die Lücke zum Stadtrivalen CSKA und St. Petersburg konnten sie in dieser Saison so klein wie lange nicht halten. Und auch in der Europa League überzeugte die Elf mit sieben Siegen in acht Spielen (bei einem Unentschieden).

Der ganz große Star fehlt im Ensemble von Trainer Stanislav Cherchesov, im Kollektiv konnte das Team dafür mehr als nur ein Mal überzeugen. Nur vier Gegentore in den acht Europa-League-Spielen sind Ausdruck der defensiven Stabilität. Dass gleich vier Dinamo-Spieler nach nur 17 Ligaspielen jeweils zwölf Scorerpunkte aufweisen, spricht für die unberechenbare Offensive, die auch die SSC-Abwehr vor Probleme stellen kann.

ACF Fiorentina – AS Roma

159 Mal hat es das Spiel Fiorentina gegen Roma bereits gegeben. Das 160. Duell ist jedoch das erste auf der internationalen Bühne. Ganz besondere Abende werden es für Vincenzo Montella, der zwischen 1999 und 2006 für den Hauptstadtklub spielte und Anfang 2011 für vier Monate auf der Trainerbank saß. Jetzt wird er alles daran setzen, seine alte Liebe aus dem Wettbewerb zu kegeln.

Aus dem Rennen um den Scudetto hat sich die Roma unterdessen selbst rausgekegelt. Nach acht Unentschieden in den letzten neun Spielen ist die Vizemeisterschaft das neue Ziel. Der zweite Platz allein wird für Coach Rudi Garcia aber wohl zu wenig sein, um seinen Job über den Sommer hinaus zu behalten. Bei einem Aus gegen die Fiorentina könnten die Tage des 51-Jährigen gezählt sein.

"Ich erwarte mehr von meinen Jungs", sagte Garcia im Hinblick auf das Achtelfinale. "Ich will, dass sie nicht nur als Individuen, sondern als Team funktionieren. Die Gruppe muss von den Leistungen der Einzelnen profitieren", beschwört er den Teamgedanken, der seiner Mannschaft zuletzt ganz offensichtlich gefehlt hat.

Weniger hart ging indes Montella mit seiner Elf ins Gericht, nachdem diese von Kloses Lazio mit 4:0 verhauen wurde. "Uns fehlte die geistige Frische", rechtfertige er den Auftritt. "Gegen die Roma werden wir wieder die richtige Einstellung zeigen." Dass Mario Gómez dabei einmal mehr fehlen wird, ist ein großer Nachteil für die Violetten, den das Team zuletzt nicht immer kompensieren konnte.

Mehr dazu:
>> Alle Achtelfinal-Paarungen im Überblick
>> Alle Europa-League-Sieger in der Übersicht
>> Teil I der EL-Vorschau: Ex-Bundesligatrio fordert Brügge

Christian Schenzel