19.03.2015 12:15 Uhr

Heckings Aufstieg: Mehr als nur der Deputy

Der Blick von Dieter Hecking geht nach Europa
Der Blick von Dieter Hecking geht nach Europa

Dieter Hecking ist beim VfL Wolfsburg zum Erfolgstrainer gereift. Der 50-Jährige hat großen Anteil am Aufstieg des Werksklub zur zweiten Kraft im deutschen Fußball.

Eigentlich passt Dieter Hecking nicht so recht in die Glitzerwelt des Fußball-Geschäfts. Er wirkt bescheiden, oft unauffällig und strahlt viel menschliche Wärme aus. Doch vielleicht auch gerade deshalb hat der Trainer des VfL Wolfsburg den Werksklub zum Höhenflug auf Platz zwei der Bundesliga verholfen.

Verbiegen lassen will sich der 50-Jährige nicht. Der Erfolg "wird mich nicht verändern", sagte der Coach "Zeit-Online". Auf seine Annehmlichkeiten werde er auch in Zukunft nicht verzichten: "Ich will weiter meine Currywurst essen und mein Bier in Ruhe trinken. Aber natürlich macht es mehr Spaß, oben zu spielen als unten oder im Mittelfeld."

Im Schatten von Allofs

In der Außendarstellung des Klubs steht Hecking oft im Schatten von Klaus Allofs. Der branchenweit geschätzte Manager hatte Hecking Ende 2012 nach Wolfsburg geholt, gilt somit als sein Förderer. Doch der gelernte Polizist Hecking ist mehr als nur der Deputy von Allofs. Mit seiner beharrlichen und authentischen Art hat das "Kind des Ruhrgebiets" den Wölfen auf dem Rasen die nötige Klasse und Konstanz beigebracht.

Von seiner fachlichen Klasse ist Fußball-Deutschland spätestens seit dem furiosen 4:1-Triumph zu Beginn der Rückrunde gegen den FC Bayern überzeugt. Hecking überraschte die als unschlagbar geltenden Bayern mit Vollgas-Fußball und einem aggressiven Pressing im Mittelfeld. "Das war natürlich spektakulär", sagte der gebürtige Westfale und erklärte: "Mit diesem Spiel hast Du eine nächste Stufe erreicht, die wir jetzt permanent verteidigen müssen."

Platz zwei kaum zu nehmen

Das scheint den Grün-Weißen durchaus zu gelingen. In der Bundesliga ist ihnen der zweite Platz kaum noch zu nehmen, die Champions League ist fast gesichert. Angesichts der finanziellen Möglichkeiten, die dank Volkswagen vorhanden sind, winken goldene Zeiten - mit Hecking. VfL-Aufsichtsratschef Francisco Garcia Sanz stellte Hecking einen neuen Vertrag über 2016 in Aussicht. "Er ist jemand, der Spieler entwickeln und mit Stars umgehen kann - Dieter Hecking macht einen guten Job", lobte Sanz.

Zu seinen Stärken gehört zweifellos die Menschenführung. Den nicht gerade umgänglichen Kevin de Bruyne brachte er auf Kurs ("Trainer und Spieler haben zueinander gefunden"), Neuzugang André Schürrle hat er in vielen Gesprächen persönlich an den Mittellandkanal gelockt. Generell will er aus seinen Spielern nicht nur bessere Fußballer machen. Hecking: "Im Idealfall nehmen sie auch etwas mit fürs Leben."

Moderation nach dem Unglück

Auch in den Tagen nach dem tragischen Unfalltod von Junior Malanda erwies sich Hecking als kluger Kopf und moderierte das schreckliche Unglück gekonnt. Vielleicht nicht zufällig wirkt die Mannschaft seitdem noch geschlossener. Hecking weiß genau, dass im modernen Fußball die kommunikative Kompetenz mehr denn je gefragt ist. "Als Trainer muss man vorausschauen, um die Ecke denken, berechenbar sein, man muss mit Spielern, Fans und Medien reden", betonte der gebürtige Castrop-Rauxeler.

In seiner Karriere lief es nicht immer rund, als Spieler kam er lediglich auf 36 Bundesliga-Spiele. "Mein Zuhause war die zweite Liga", sagte Hecking gerne über seine Laufbahn als Akteur mit 203 Partien im Unterhaus. Als Trainer war er bei Alemannia Aachen, Hannover 96 und dem 1. FC Nürnberg weit weg von der nationalen Spitze. Doch seit seinem Wechsel nach Wolfsburg und speziell in dieser Saison hat der Vater von fünf Kindern endlich den Sprung in die Spitze der Trainer-Gilde geschafft - auch wenn er das selber so nicht sagen würde.

Mehr dazu:
>> Hecking bremst Erwartungshaltung

sid