22.03.2015 10:52 Uhr

Luciano Vietto: Villarreals Wunderkind

Luciano Vietto macht regelmäßig auf sich aufmerksam
Luciano Vietto macht regelmäßig auf sich aufmerksam

Der 21-jährige Luciano Vietto zählt zu den spannendsten Newcomern auf der internationalen Fußballbühne. Einst in seiner argentinischen Heimat von Diego Simeone gefördert, sorgt der Torjäger nun in seiner ersten Saison in Europa beim FC Villarreal für Furore. Ob er über den Sommer hinaus das Trikot des "Gelben U-Boots" trägt, steht allerdings in den Sternen.

Diego Godin ist Abwehrchef beim amtierenden spanischen Meister und letztjährigen Champions-League-Finalisten Atlético Madrid, Mitglied im Team des Jahres 2014 der UEFA und nachweislich einer der besten Verteidiger der Welt. Trotzdem hatte er keine Chance: In der 84. Minute des Ligaspiels gegen Villarreal Mitte Dezember ließ Luciano Vietto den Uruguayer am Strafraum mit einer tollen Körpertäuschung alt aussehen und vollendete präzise zum 1:0-Siegtreffer für die Gäste.

Viettos Traumtor gegen Atlético im Video:

Die Klasseaktion des Youngsters bedeutete nicht nur den ersten Erfolg eines Gästeteams im Vicente Calderón im Jahr 2014 überhaupt, sondern veranlasste im Anschluss an die Partie auch Atlético-Coach Diego Simeone dazu, in den höchsten Tönen vom Matchwinner zu schwärmen: "Ich freue mich für Vietto, obwohl er uns eine empfindliche Niederlage beigebracht hat. Ich weiß, dass dieser Junge eine herausragende Qualität hat und das hat er heute gezeigt."

Erstes Profispiel dank Simeone

Allzu überraschend kamen die Lobeshymnen des Argentiniers für seinem Landsmann nicht. Denn Simeone war es, der als Trainer vom Racing Club in Buenos Aires im Oktober 2011 Vietto zum Profidebüt verhalf. Damals galt der Stürmer aus der kleinen Stadt Balnearia am See Mar Chiquita als beinahe gescheitertes Ausnahmetalent. Nachdem der Teenager zwei Jahre zuvor aus der Jugendakademie von Estudiantes geflogen war, hatte seine Karriere vor dem frühen Ende gestanden.

In der Peripherie der Hauptstadt fand der Hochbegabte aber eine neue sportliche Heimat. Unter Simeones Nachfolger Luis Zubeldia reifte Vietto bei Racing zum Stammspieler. 2012/2013 machte er die Scouts aus den europäischen Ligen mit 13 Saisontreffern auf sich aufmerksam. Den Sprung zu einem echten Top-Team verhinderten vor allem seine Leistungsschwankungen in der vergangenen Spielzeit, als er nur sechsmal einnetzte. So konnte Villarreal im Sommer für relativ günstige 8,5 Millionen Euro zuschlagen.

Schnelle Akklimatisierung und viele Tore

Die Anpassung des Jungspundes an den europäischen Fußball ging schnell, was sogar die Verantwortlichen seines aktuellen Arbeitgebers überrascht. "Vietto ist ein großartiger Spieler, der im Moment unglaublich gut drauf ist. Seine Leistungen sind viel besser, als wir erwartet hätten", staunt Villarreals Trainer Marcelino.

Neben seinem dicken Ausrufezeichen gegen Atlético setzte Vietto in dieser Spielzeit im Trikot des Gelben U-Boots zahlreiche weitere Duftmarken: 20 Treffer in 41 Pflichtspieleinsätzen hat der Shooting-Star inzwischen in der Statistik stehen. Zwölf davon erzielte er in der Primera División, acht in der Europa League und der zugehörigen Qualifikationsrunde.

Vergleiche mit Sergio Agüero

Viettos Stärken – Beweglichkeit, Technik und Spielintelligenz – kommen am besten in einem Zwei-Mann-Sturm zur Geltung. Villarreals 4-4-2 ist daher das perfekte System für den Argentinier.

Aufgrund seiner Spielweise, seiner Schnelligkeit auf den ersten Metern und der Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor erinnert Vietto viele Experten an den jungen Sergio Agüero. Ein Vergleich, von dem sich 21-Jährige geschmeichelt fühlt. "Ich hoffe, dass ich eines Tages auch nur halb so gut wie er sein werde", sagt er. "Das würde mich glücklich machen."

Fehlende Physis und Konstanz als Schwächen

Um allerdings tatsächlich zukünftig eine ähnlich herausragende Rolle im Weltfußball zu spielen wie der Goalgetter von Manchester City, fehlt dem schmächtigen Babyface neben einer stärkeren Physis vor allem noch eins: Konstanz.

Über die 90 Minuten nimmt sich der Youngster gerne immer wieder Auszeiten. Beim wichtigen Europa-League-Rückspiel in Sevilla am vergangenen Donnerstag tauchte er sogar komplett ab, war kein nennenswerter Faktor für sein Team und konnte das Ausscheiden Villarreals nicht verhindern.

Nach einem Jahr schon wieder vor dem Absprung?

Besser machen kann es Vietto bereits am Sonntag, wenn es in der Primera División (ab 17:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) erneut zum Duell mit Sevilla kommt, dann im Kampf um die internationalen Startplätze für die kommende Spielzeit. Ob das Wunderkind allerdings überhaupt noch über das Saisonende für den derzeitigen Tabellensechsten auf Torejagd geht, ist ungewiss. "Ich glaube, er könnte Villarreal im Sommer verlassen", erklärte Viettos Berater Jorge Cyterszpiler kürzlich gegenüber "fussballtransfers.com".

Die festgeschriebene Ablösesumme im bis 2019 datierten Vertrag des neuen Sterns am Stürmer-Himmel soll 20 Millionen Euro betragen - keine echte Hürde für Klubs wie den FC Liverpool oder Bayern München, die angeblich ihre Fühler nach Vietto ausstrecken. Der könnte also in naher Zukunft die Chance erhalten, Top-Verteidigern wie Diego Godin auch in der Champions League ihre Grenzen aufzuzeigen.

Tobias Knoop