01.04.2015 08:54 Uhr

Vom Patt gegen Bosnien zur Erkenntnis

Das Duell Anel Hadžić gegen Aleks Dragović wird Marcel Koller nun analysieren
Das Duell Anel Hadžić gegen Aleks Dragović wird Marcel Koller nun analysieren

Österreich erreichte im Testspiel gegen Bosnien-Herzegowina ein leistungsgerechtes 1:1. Die Teams hielten sich über weite Strecken gegenseitig in Schach. Das mochte zwar den Unterhaltungswert dieses Remis schmälern, nicht aber den Erkenntnisgewinn.

"Es war ein schwieriges Spiel, aber auch ein gutes gegen einen schweren Gegner", fasste ÖFB-Teamchef Marcel Koller einen ganzen Fußballabend gekonnt in einem Satz zusammen. Seine Mannschaft hatte sich zuvor von Bosnien-Herzegowina – im Vorjahr noch dort, wo Österreich auch hinwollte, nämlich bei der WM in Brasilien – nach einer an Torchancen armen Partie unentschieden getrennt.

"Wir sind in der ersten Halbzeit nicht so richtig ins Passspiel gekommen. Wir haben zu viele Abspielfehler gehabt, und damit auch zu wenige Möglichkeiten, um vor das Tor zu kommen", beanstandete Koller. Ein Glück, dass Marc Janko seinen Torriecher aus Australien mitgebracht und quasi aus dem Nichts die Führung für Österreich erzielt hatte.

Das mittlerweile gewohnte Pressing funktionierte diesmal nicht so wie gewünscht. Das war auch Marko Arnautovic klar: "Wir wissen, dass die Bosnier auch sehr guten Fußball spielen können und überragende Einzelspieler haben. Deswegen war es für uns auch schwer, sie zu pressen." Julian Baumgartlinger hatte dazu eine profunde Analyse: "Sie haben nicht blind in unser Angriffspressing hinein kombiniert. Sie haben sich keinen Wolf gespielt, sondern wenn sie gemerkt haben, sie kommen ins Pressing, den Ball entweder zum Tormann zurückgespielt oder das Pressing überschlagen", so Baumgartlinger, der darin ebenfalls die Qualität der Bosnier bestätigt sah: "Man muss auch sagen, dass es bei einem sehr guten Gegner nicht immer funktionieren kann."

Aleksandar Dragović sah bei seinen Problemen im Offensivspiel das Positive: "Es war wenig Platz für uns Innenverteidiger um ins Mittelfeld hineinzugehen und Pässe zwischen die Linien zu machen. Von dem her war es eine gute Übung für uns, denn die Russen werden das in Moskau genauso machen."

Koller guckt sich die Reservisten an

Marcel Koller nutzte den letzten Auftritt vor der schweren Aufgabe im Juni auswärts gegen Russland, "um noch einmal zu testen und zu gucken." Gleich vier Veränderungen nahm der Schweizer im Vergleich zum 5:0 in Liechtenstein vor. Ramazan Özcan durfte sechs Jahre nach seinem Teamdebüt erstmals von Beginn an das österreichische Tor hüten. "Ein schönes Gefühl, das erste Mal bei der Hymne draußen zu stehen. Für solche Momente spielt man Fußball", erzählte der Ingolstadt-Keeper.

Kevin Wimmer hat sein Startelfdebüt ebenfalls "genossen". Als Kompagnon von Aleksandar Dragović in der rot-weiß-roten Innenverteidigung sorgte der England-Legionär in spe dafür, dass Bosniens Offensivabteilung rund um Kapitän Edin Džeko kaum zur Geltung kam. "Sie haben wirklich Qualität. Es war schwer die Bälle zu erobern. Über 90 Minuten haben wir, glaube ich, zwei Torchancen zugelassen", sagte Wimmer.

Neben dem Duo, erhielten auch Markus Suttner und Marcel Sabitzer von Beginn die Chance. Zudem schöpfte Teamchef Koller teils erzwungen, teils freiwillig das Wechselkontingent von sechs Spielern komplett aus. Während David Alaba (Knie) und Janko (Schulter) früher als geplant runter mussten, hätte Baumgartlinger durchspielen sollen. "Er hat Blut gespuckt, aber noch 15 Minuten durchgebissen", verriet Koller. Der Spielfluss in Hälfte zwei ging durch insgesamt zwölf Auswechslungen komplett verloren.

Marcel Koller glaubte auch an einen Erkenntnisgewinn der diesmal eingesetzten Reservisten: "Vielleicht hat der eine oder andere gesehen, dass das Level schon auch hoch ist, wenn man vorne mit dabei sein will. Da gibt es sicher Verbesserungspotential. Dass man einen Ball schneller spielt, die Ballkontrolle besser sein muss und man mehr Ruhe dazunehmen muss." Dies sei aber auch der Zweck von Testspielen. Jedenfalls stellte Koller klar: "Wenn es um Punkte in der EM-Quali gegangenen wäre, hätte ich wahrscheinlich nicht so aufgestellt."

Bosnien zufrieden

"Wir sind mit dem Resultat und dem Spiel zufrieden. Es war über 90 Minuten ein sehr kämpferisches und trotz der Auswechslungen auch ein gutes Spiel. Nur im Angriff hat es etwas gehapert", bilanzierte Bosniens Teamchef Mehmed Baždarević ähnlich wie sein Gegenüber Koller.

Baždarević hatte im Vorfeld den freundschaftlichen Charakter des Aufeinandertreffens betont, wurde zeitweise eines besseren belehrt. "Das Spiel war etwas härter. Wegen dem 'Warum' muss man die Spieler fragen."

Einer, der es wissen könnte war Dragović, der mit Džeko aneinandergeriet: "Das gehört zum Fußball dazu. Wir haben uns nachher die Hand gegeben. Mund abgeputzt und fertig. Es wäre kein Fußballspiel, wenn keine Emotionen dabei sind." Für den Kiev-Legionär steht auch fest: "Das ist ein Fußballspiel und für uns gibt es keine Freundschaftsspiele. Auch die Bosnier gehen in jedes Spiel mit hundert Prozent - so wie wir."

Baždarević hatte aber auch so seine Vermutung: "Vielleicht lag es an der Atmosphäre im Stadion." Bereits beim Aufwärmen war klar, dass es für Österreich kein Heimspiel im eigentlichen Sinn sein würde. Fast die Hälfte der 48.500 Zuschauer machte für die Gäste Stimmung. So sehr das spielerische Feuerwerk am Rasen ausblieb, so hell leuchteten die Bengalfackeln. Pfiffe für ausgewählte ÖFB-Kicker waren ebenso wenig zu überhören wie etliche Böller.

"Es ist klar, dass sie uns auspfeifen, weil wir unsere Abstammung haben. Das gehört zum Fußball dazu, ich bin niemandem böse", war dies für Marko Arnautovic nicht der Rede wert. Zlatko Junuzovic sah das ähnlich: "Sie haben eh jeden ausgepfiffen. Ich bin von deren Seite der Gegner. Mich beschäftigt das nicht."

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Sebastian Kelterer