08.04.2015 08:42 Uhr

Bielefeld: Höhenflug nach tiefem Fall

Fabian Klos ist mit Bielefeld im Aufwind
Fabian Klos ist mit Bielefeld im Aufwind

Als einzig verbliebener Drittligist empfängt Bielefeld im DFB-Pokal-Viertelfinale Mönchengladbach. Der DSC hat sich vom Relegations-Schock des vergangenen Sommers erholt und trumpft derzeit groß auf.

4. März 2015: Es läuft die 84. Minute im DFB-Pokal-Achtelfinale zwischen Arminia Bielefeld und Werder Bremen. David Ulm schnappt sich den Ball kurz hinter der Mittellinie. Er hat freie Bahn und sprintet auf Koen Casteels zu. Ulm legt das Spielgerät am Bremer Keeper vorbei und aus kurzer Distanz versenkt Manuel Junglas die Kugel zum 3:1 für den krassen Außenseiter im Netz. Wenige Minuten später liegen sich Spieler und Fans in den Armen und feiern das Erreichen des Viertelfinales. Dort empfängt der Drittligist Champions-League-Anwärter Borussia Mönchengladbach.

Kontrastprogramm: Knappe zehn Monate zuvor flossen auf der Bielefelder Alm die Tränen. Die Arminia befand sich in einem kollektiven Schockzustand. Nach dem Last-Minute-Gegentreffer von Darmstadts Elton da Costa in der Relegation mussten die Ostwestfalen den fast schon sicher geglaubten Klassenerhalt abschreiben und den bitteren Gang in die Drittklassigkeit antreten.

Den Schock überwunden

Mit dem Abstieg waren große finanzielle Einbußen verbunden. So sanken die TV-Einnahmen von rund vier Millionen auf 750.000 Euro, die Lizenz für die 3. Liga stand auf der Kippe. Nachdem die Arminen bereits 2011 nur mit Hilfe des Sicherungsfonds des Ligaverbandes eine Insolvenz hatten verhindern können, halfen ihnen vor der laufenden Spielzeit Sponsorengelder aus der Patsche.

Die monetären Probleme waren jedoch nicht die einzige Baustelle, auf der die Verantwortlichen des DSC ackern mussten. So zog der Abstieg einen großen personellen Umbruch nach sich. Mit Marcel Appiah, Patrick Schönfeld, Philipp Riese oder Torhüter Stefan Ortega verließen einige Leistungsträger den Verein und mussten ersetzt werden. Dies gelang der sportlichen Leitung um Samir Arabi und Trainer Norbert Meier erstaunlich gut: Neuzugänge wie Florian Dick und Christoph Hemlein eroberten auf Anhieb einen Stammplatz und sind längst zentrale Stützpfeiler des Teams.

Eine weitere wichtige Personalie stand lange auf der Kippe. Top-Torjäger Fabian Klos liebäugelte mit einem Wechsel zum FC St. Pauli, entschied sich jedoch letztendlich für einen Verbleib auf der Alm. Ein Glücksfall: Mit 19 Treffern führt Klos die Torschützenliste der 3. Liga souverän an und hat maßgeblichen Anteil am aktuellen Höhenflug der Arminia.

Den Aufstieg fest im Visier

Bielefeld ist mit 62 Punkten auf dem Konto klarer Spitzenreiter und hat bereits sieben Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz. Nachlassen gilt jedoch nicht auf der Alm: Nach den Erfahrungen aus der vergangen Spielzeit möchte der DSC die Ausscheidungsspiele dieses Jahr nach Möglichkeit vermeiden.

Die Arminia überzeugt vor allem mit ihrer starken Offensive, sie ist die Torfabrik der Liga. 63 Treffer haben die Ostwestfalen bereits erzielt - Liga-Höchstwert. Nun gibt es für die Abteilung Angriff allerdings eine extrem harte Nuss zu knacken: Mit Borussia Mönchengladbach reist die zweitstärkste Defensive der Bundesliga in die SchücoArena (ab 19:00 Uhr live bei weltfussball).

Gelingt dem DSC die nächste Überraschung?

Vor der Partie stellt Bielefelds Geschäftsführer Marcus Uhlig klar: "Wir sind noch krasserer Außenseiter als in den Spielen zuvor." Er hofft jedoch auf das nächste Wunder von der Alm und verspricht einen packenden Pokalfight: "Es wird typisch Bielefelder Atmosphäre herrschen. Wir haben ein fantastisches, fanatisches Publikum, Aprilwetter, Flutlicht - und wir werden uns mit allem, was wir haben, wehren."

Mit einem Sieg gegen die Borussia hat Bielefeld die Möglichkeit, nach 2005 und 2006 das dritte Mal in der Vereinsgeschichte ins Halbfinale des DFB-Pokals einzuziehen. Nicht nur sportlich, auch finanziell stünde dem DSC ein Erfolg gut zu Gesicht. Für das Erreichen der Runde der letzten Vier würden zwei Millionen Euro auf das Konto der chronisch klammen Ostwestfalen wandern. Sollte der Drittligist nach Hertha BSC und Bremen tatsächlich den dritten Erstligisten aus dem Pokal werfen, würden die anschließenden Siegesfeiern wohl jene vom 4. März noch einmal deutlich übertreffen.

Thomas Eßer