13.05.2015 13:29 Uhr

Rampenlicht: Verlorene Söhne

Václav Kadlec (l.) will mit der tschechischen U21 bei der Euro 2015 groß aufspielen
Václav Kadlec (l.) will mit der tschechischen U21 bei der Euro 2015 groß aufspielen

Viele bekannte Gesichter spielen weitgehend unbeachtet von der deutschen Presse im Ausland. Heute blickt weltfussball auf zwei verlorene Söhne, die nach einer Rückkehr wieder zu ihrer Form fanden.

Prag im Februar 2015. Der Lokalmatador Sparta spielt vor 8000 Zuschauern in der tschechischen Hauptstadt gegen den 1. FK Pribram. Beim Spielstand von 1:1, das dem Vorjahresmeister auf dem Weg zur Titelverteidigung zu wenig wäre, bringt Chefcoach Vítězslav Lavička einen 22-jährigen Stürmer von der Bank, der seit seinem Wechsel im Winter erst drei mal mit der Mannschaft trainieren konnte.

Drei Minuten später erzielt Václav Kadlec die Führung für seinen Heimatverein. Kurz vor Schluss krönt der Torjäger seinen Auftritt sogar mit einem zweiten Treffer.

Rückkehr des verlorenen Sohns

Im Sommer 2013 war Kadlec, von selbernannten und anerkannten Fußballexperten gleichermaßen als vielversprechendstes Talent seines Landes auserkoren, für fast vier Millionen Euro aus der goldenen Stadt nach Frankfurt gewechselt. Nach einem verheißungsvollen Auftakt im Dress der Hessen lief bei dem Stürmer allerdings nicht mehr viel zusammen: In 21 Bundesligaspielen für die Eintracht erzielte Kadlec fünf Treffer und wurde über weite Strecken der Saison nicht berücksichtigt. Weder Armin Veh noch der aktuelle Übungsleiter Thomas Schaaf bauten auf den Tschechen, der in der Hinrunde nur 115 Minuten im deutschen Oberhaus auf dem Platz stand.

Somit folgte, in beidseitigem Einverständnis, im Winter die Leihgabe bis zum Saisonende an Kadlec' Ex-Klub Sparta Prag. Und der U21-Nationalspieler, der schon beim Aufwärmen von den Anhängern gefeiert wurde, bestätigte mit dem Einstand nach Maß gegen Pribram gleich von Beginn an die Hoffnungen der Fans.

In den zehn Partien seit seiner Rückkehr erzielte der Torjäger sechs Treffer. Sparta verlor seitdem erst ein Spiel und rangiert auf dem zweiten Tabellenplatz mit Chancen auf Titelverteidigung. Prag hat seinen verlorenen Sohn zurück.

Eintracht oder Zwietracht?

Ob er jemals wieder in der Bundesliga auflaufen wird, ist - trotz seiner aktuellen Leistungen - derweil fraglich. Zumindest sein aktueller Arbeitgeber Frankfurt bekundete laut "Bild" unlängst, mit möglichen Interessenten zu Gesprächen bereit zu sein. Sportdirektor Bruno Hübner erklärte, ein Wechsel sei nicht ausgeschlossen. Zwischen zwei und drei Millionen Euro müsste ein potentieller Abnehmer für den Stürmer an den Main überweisen.

Und auch Kadlec zieht es nicht unbedingt zurück nach Hessen - im Gegenteil: "Aus irgendeinem Grund habe ich bei der Eintracht keine großen Sympathien", mutmaßte der Tscheche. Von Frankfurter Seite fehle der Rückhalt: "Ich stehe mit niemandem aus dem Verein in Kontakt, mich hat auch niemand mehr von der Eintracht angerufen."

Sparta Prag wird das nötige Kleingeld für den Transfer und das Gehalt des 22-Jährigen vermutlich nicht stemmen können. Es ist also gut möglich, dass Václav Kadlec in der kommenden Saison erneut einen neuen Schritt wagen muss. Bereit dazu sei er, so der Stürmer im Interview mit "Gol": "Ich würde mich gerne woanders hin entwickeln als nach Frankfurt, obwohl ich dort noch für zwei weitere Spielzeiten einen Vertrag habe."

Comeback mit Herz

In Belgien erlebt zur gleichen Zeit ein weiterer Vertriebener aus der Bundesliga eine Renaissance. Mit 40 Toren und 23 Vorlagen in 142 Auftritten für Standard Lüttich bewarb sich Igor de Camargo 2010 für eine Stelle bei Borussia Mönchengladbach. Bei den Fohlen lieferte der heute 32-Jährige in zwei Spielzeiten eigentlich ordentliche Auftritte ab, kam aber in seiner dritten Saison nicht mehr zur erhofften Anzahl von Einsätzen. Nach einem eher enttäuschenden Leihgeschäft in Hoffenheim sorgte eine Klausel dafür, dass der Belgier mit brasilianischen Wurzeln bei der TSG verblieb. Doch auch im Kraichgau wurde de Camargo aussortiert und für kleines Geld zurück nach Lüttich geschickt.

Dabei schlug der Stürmer auch mehrere lukrative Angebote aus den Ölstaaten aus, wie er gegenüber "DHnet"verriet: "Wenn ich immer nur auf das Geld geschaut hätte, hätte ich mich für Saudi-Arabien oder Katar entscheiden müssen. Standard ist eine Entscheidung des Kopfes aber auch des Herzens", sagt de Camargo über den Verein, mit dem er 2008 und 2009 die belgische Meisterschaft feiern konnte.

Mittlerweile gehört der ehemalige Gladbacher zum festen Bestandteil des Teams, lief in 27 Ligaspielen für Lüttich auf und erzielte dabei zehn Treffer.

Kevin Brüssel