22.05.2015 10:00 Uhr

Dani Alves: Die 1a-Option bei Barça

Dani Alves harmoniert prächtig mit Stars wie seinem Landsmann Neymar (oben)
Dani Alves harmoniert prächtig mit Stars wie seinem Landsmann Neymar (oben)

Lange Zeit standen die Zeichen zwischen dem FC Barcelona und Dani Alves auf Abschied. Der Brasilianer war einer der gefragtesten Männer auf dem Transfermarkt. Nun soll eine Vertragsverlängerung beschlossene Sache sein. Was macht Alves so einzigartig?

Drei Copa-del-Rey-Siege, zwei Erfolge im UEFA Cup, zwei Champions-League-Titel und nun zum fünften Mal spanischer Meister – auf der Autogrammkarte von Daniel Alves da Silva ist kaum noch Platz für neue Erfolge. Und doch strebt der Brasilianer mit Barcelona an, in den kommenden beiden Wochen noch zwei weitere Titel darauf zu ergänzen: die Copa del Rey (gegen Athletic Bilbao am 30.5.) und die Champions League (gegen Juventus am 6.6.).

Das historische zweite Triple in der Geschichte des FC Barcelona ist möglich – und das zweite Triple, bei dem Dani Alves eine wichtige Rolle im Kader der Katalanen spielen würde. Es wäre ein krönender Abschluss einer überragenden Saison der Mannschaft. Und auch ein krönender Abschluss von Alves' Zeit bei Barça?

Noch ist eine Einigung über eine Vertragsverlängerung mit dem Rechtsverteidiger nicht offiziell bestätigt. Ab Sommer ist er vertragslos. Die Signale, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit über den Juli hinaus weitergehen wird, haben sich zuletzt allerdings verdichtet. Dabei sah es lange nicht danach aus, als würde Alves auch in der kommenden Saison zum Barça-Kader gehören.

Wechsel nach England schien fix

Erst im Herbst hatte der Paradiesvogel gegenüber "O Globo" bestätigt: "Das wird meine letzte Saison in Barcelona. Ich gehe nach England." Für die englischen Medien war diese Meldung ein gefundenes Fressen, beinahe im Stundenrhythmus kamen neue Gerüchte auf. City, Chelsea, Arsenal, Liverpool – kaum ein Klub war nicht in der Verlosung.

Besonders heiß war die Fährte Manchester United: "Alves hat einen Vorvertrag bei Manchester United unterschrieben", sagte FIFA-Spielervermittler François Gallardo im Oktober. Trotz seines Alters von 31 Jahren war Dani Alves im Herbst einer der gefragtesten Männer auf dem Transfermarkt.

Verletzter Stolz

Im Nachhinein muss man Äußerungen über einen bevorstehenden Wechsels kritisch einordnen: Wollte Alves wirklich zu neuen Ufern aufbrechen? Eine neue Herausforderung suchen? Oder ging es doch nur um verletzten Stolz?

Der FC Barcelona wollte den Vertrag mit dem Brasilianer nämlich lediglich um ein Jahr verlängern. Für diesen zu wenig und ein Zeichen mangelnder Wertschätzung. Es schien, als wolle man den Umbruch vorantreiben und sich neben Xavi mit Alves von einem zweiten langjährigen Leistungsträger trennen.

An Kampfgeist mangelte es dem offensivstarken Außenverteidiger allerdings nicht. In den kommenden Monaten wollte er der Klubführung zeigen, dass es ein Fehler wäre, ihn gehen zu lassen: "Ich habe mehr Tore für Messi aufgelegt als jeder andere bei Barcelona. Das ist Fakt! Ich glaube, es wird schwierig werden, auf mich zu verzichten. Ich stelle mich immer neuen Herausforderungen. Meine wichtigste Herausforderung ist es jetzt, mich für einen neuen Vertrag zu empfehlen."

Umdenken

Das war im Herbst. Ende Mai hat sich die Situation gedreht – und plötzlich ist eine Einigung spruchreif. Im Laufe der nächsten Wochen soll es eine Mitteilung über einen neuen Zweijahresvertrag geben.

Was ist passiert? In einem Wort auf den Punkt gebracht: Transfersperre! In der kommenden Transferperiode dürfen die Katalanen keinen externen Ersatz für die Position des Rechtsverteidigers verpflichten. Das Loch, das Alves hinterlassen würde, müsste also intern gestoft werden.

Luis Enrique scheint von keiner der Alternativen angetan zu sein. Martín Montoya stand in der Liga sechsmal in der Startformation, überzeugte jedoch nicht wirklich. Der im Sommer verpflichtete Douglas Pereira spielte eine noch kleinere Rolle, kam insgesamt nur 74 Minuten zum Einsatz. Zwischenzeitlich dachte Enrique sogar darüber nach, Pedro zum Außenverteidiger umzuschulen – doch auch von diesem Modell rückte er schnell ab.

Als Spieler und Identifkationsfigur alternativlos

Kaderintern ist Dani Alves alternativlos – zumal er trotz seiner 32 Jahre eine richtig starke Saison spielt. Zwar neigt er dazu, seine Defensivaufgaben zu vernachlässigen, seine offensive Dynamik sucht international aber nach wie vor ihresgleichen. Mit seiner starken Schusstechnik bringt Alves präzise Flanken, dazu harmoniert er menschlich wie spielerisch prächtig mit Lionel Messi, Neymar und Luis Suárez.

Neben seinen Leistungen ist Alves eine Identifikationsfigur. Er trägt bereits seit 2008 das Trikot der Katalanen und steht unter anderem für die erfolgreiche Ära der letzten Jahre. Dazu ist er eine Stilikone, die privat immer wieder mit schrillen Outfits auffällt. Das gefällt nicht jedem, lässt sich aber gut vermarkten: Eine Mannschaft braucht Typen mit Profil, an denen man sich reiben kann. Ein solcher ist Alves zweifelsohne.

Auch politisch ist der Brasilianer mittlerweile ein Referenzpunkt: Sein Bananen-Biss im April vergangenen Jahres und die daraus entstandene Kampagne "We are all monkeys" hat den Brasilianer zu einer Galionsfigur des Anti-Rassismus-Kampfes gemacht.

Durch die Transfersperre wurde der Klub gewissermaßen zu seinem Glück gezwungen. Alves spielt trotz seiner 32 Jahre noch auf enorm hohem Niveau. Sportlich wie strategisch ist eine Vertragsverlängerung die 1a-Option für Barça, für den "Bleacher Report" ist sie "so gut wie ein Weltklasse-Transfer".

Gut möglich also, dass die Liste an Erfolgen auf Dani Alves' Autogrammkarten in den kommenden Jahren länger und länger wird – und zwar im Trikot des FC Barcelona.

 

Mehr dazu:
>> Schluss nach 17 Jahren: Xavi verlässt Barça

Jochen Rabe