02.07.2015 14:53 Uhr

Per Golden Goal auf den Fußball-Olymp

Großer Jubel bei Dugarry, Zidane, Deschamps, Henry und Trezeguet (v.l.n.r.)
Großer Jubel bei Dugarry, Zidane, Deschamps, Henry und Trezeguet (v.l.n.r.)

Frankreich dominierte den Fußball im ausgehenden 20. Jahrhundert. Für den Gewinn des Europameistertitels heute vor 15 Jahren war aber jede Menge Glück erforderlich.

Als Kapitän Didier Deschamps am Abend des 2. Juli 2000 den Pokal für den Gewinn des Europameistertitels aus den Händen von UEFA-Präsident Lennart Johansson in Empfang nehmen durfte, war dies nur die logische Konsequenz einer jahrelangen Dominanz der Franzosen im Weltfussball. Das Finale gegen tapfere Italiener nahm allerdings einen anderen Verlauf, als von vielen Experten erwartet.

Die 'Goldene Generation' um Zinedine Zidane und Thierry Henry hatte zwei Jahre zuvor im eigenen Land durch einen furiosen 3:0-Erfolg über Brasilien erstmals den Weltmeistertitel erringen können. In die kontinentale Meisterschaft von 2000 in den Niederlanden und Belgien gingen 'Les Bleus' als Favoriten. Schon im Halbfinale machten es das Team von Nationaltrainer Roger Lemerre spannend. Gegen Portugal stand es nach 90 Minuten 1:1, das Spiel ging in die Verlängerung. Die Uefa ließ 2000 wie vier Jahre zuvor beim EM-Triumph der deutschen Mannschaft nach der Golden-Goal-Regel spielen, d.h. in der Verlängerung ist das Spiel beendet, sobald eine der beiden Mannschaften ein Tor erzielt. Gegen starke Portugiesen benötigten die Franzosen einen zweifelhaften Handelfmeter in der 117. Minute, um in das Finale einzuziehen.

Ausgleich in der Nachspielzeit

Im Endspiel wartete Italien, das sich im Turnierverlauf vor allem durch eine stabile Defensive hervorgetan hatte und das Finale nur aufgrund des Elfmeterpechs der Niederländer – die 'Elftaal' verschoss in der regulären Spielzeit zwei- und im Elfmeterschießen weitere dreimal vom Punkt – erreichte. Gegen Frankreich gaben die Azzurri ihre gewohnt defensive Spielweise auf und lieferten den Franzosen einen offenen Schlagabtausch. Allerdings versäumte es das Team von Dino Zoff nach dem Führungstreffer durch Marco Delvecchio in der 55. Minute, weitere gute Torgelegenheiten zur endgültigen Entscheidung zu nutzen.

Als die italienischen Ersatzspieler schon am Spielfeldrand bereit standen, um den Europameistertitel zu feiern, schlug die 'Equipe Tricolore' zurück. In der vierten Minute der Nachspielzeit nutzte Sylvain Wiltord einen Fehler von Fabio Cannavaro, um Sekunden vor dem Abpfiff doch noch die Verlängerung zu erzwingen.

Lemerre wechselt den Titel ein

Wiltord war wie Robert Pires und David Trezeguet in der zweiten Halbzeit von Roger Lemerre eingewechselt worden. Während sich Ersterer für den späten Ausgleich verantwortlich zeigte, wurde das 'Golden Goal' zu einer Co-Produktion der beiden Letztgenannten. Pires umkurvte auf der linken Seite zwei italienische Abwehrspieler, flankte von der Grundlinie nach innen, wo Trezeguet Francesco Toldo mit einem fulminanten Dropkick keine Chance ließ.

26 Jahre nach der deutschen Mannschaft konnte sich wieder ein Team sowohl Welt- als auch Europameister nennen. Zwei Jahre lang hielt sich Frankreich nach dem Triumph von Rotterdam an der Spitze der Weltrangliste, bei den großen Meisterschaften konnte die 'Goldene Generation' der Franzosen allerdings keinen weiteren Titel mehr erringen. 2006 hätte Zinedine Zidane seine außergewöhnliche Karriere durch einen zweiten Weltmeistertitel krönen können. Sein Kopfstoß im Finale – wieder gegen Italien – ebnete den Italienern den Weg zur Revanche für 2000.

Ralf Amshove