06.07.2015 09:55 Uhr

Bexit: Rapid als SK Griechenland

Philipp Schobesberger und Robert Berić: Die Objekte der Begierde
Philipp Schobesberger und Robert Berić: Die Objekte der Begierde

Ich weiß, was du letzten Sommer verkauft hast. Der SK Rapid stößt wieder einmal an seine sportlichen Grenzen. Der Abgang von Torjäger Robert Berić steht unmittelbar bevor. Dazu ist auch Jungstar Philipp Schobesberger heiß umworben. Ein Jahr nach dem Verlust der drei Topscorer Terrence Boyd, Guido Burgstaller und Marcel Sabitzer droht ein grün-weißes Dé­jà-vu.

Das Wort zum Sonntag gehörte Rapid-Kommunikationschef Peter Klinglmüller. Standesgemäß im Dress von Ex-Europameister Griechenland meldete er sich via facebook: Sonntag ist manchmal auch Arbeitstag (KEINE Transfermeldungen, keine Sorge!)! Ein Wort fehlte dabei: Noch. Denn der "Bexit" ist nur noch eine Frage der Zeit: Robert Berić ballerte sich mit 27 Bundesliga-Toren in der vergangenen Saison in die internationale Auslage.

Reading aus der englischen Championship ist nun bereit, die als Rapid-"Schmerzgrenze" geltende Ablösesumme von 5,4 Millionen Euro zu bezahlen. Wobei die Transfer-Taktik der Hütteldorfer mehr als nur hinterfragenswert ist. Rapid-Sportdirektor Andreas Müller traf sich mit Reading-Kollegen bei einer Verhandlungsrunde in Wien, dort sollen zunächst 3,5 Millionen Euro für den slowenischen Teamspieler geboten worden sein. Zu wenig. 

Die Botschaft an die Gäste aus England war jedoch nicht "not for sale". Stattdessen machte Rapid aus dem Unverkäuflichen ein Stück Ware mit Preiszettel, indem man die Summe nannte, bei der man schwach werden würde. Dieser vom Rapid-Präsidium als "Untergrenze" festgelegte Betrag war - natürlich aus Verhandlungsgründen - Reading zu hoch. "So viel ist er nicht wert", verkündete der Zweitligist.

Aber man hatte erreicht was man wollte. Reading wusste, dass Berić zu haben ist. Nun ist man bereit diese 5,4 Millionen Euro zu überweisen. Auch der Spieler und dessen Berater wissen klarerweise von den Verhandlungen. So wird dem Stürmer nicht vermittelt: Wir wollen unbedingt, dass du bleibst.

Statt Angriff auf Champions League und Meistertitel erneuter Neuaufbau

Auch für Youngster Philipp Schobesberger, der sich mit seiner sensationellen Frühjahrssaison und der Einstellung des Torrekords von Hans Krankl sogar in den ÖFB-Teamkader gedribbelt hatte, gibt es Interessenten aus England. Steht da schon der nächste Verkauf ante portas?

Dabei war die Stimmung unter den Rapid-Fans zuletzt so gut wie schon lange nicht mehr. Double-Gewinner RB Salzburg brachte es fertig, den eigenen Trainer zu vergraulen und der Ex-Sportchef schnappt sich nun in Leipzig einen Salzburger Spieler nach dem anderen. Die einstige Super-Truppe der "Bullen", die Ajax im Europacup zerlegt hatte, zerfällt. Nachdem schon im Vorjahr Sadio Mané, Alan und Kevin Kampl zu barer Münze gemacht worden waren, sind nun auch Péter Gulácsi, André Ramalho, Stefan Ilsanker und Marcel Sabitzer verloren gegangen.

"Natürlich wollen wir Meister werden. Auch wenn sich Salzburg nicht aufgelöst hat", sprach Kapitän Steffen Hofmann zuletzt als erster Rapid-Spieler von der Meisterschaft. Die Anhängerschaft war ebenso zuversichtlich, beim Testspiel in St. Pölten sorgten die grün-weißen Fans für ein nahezu ausverkauftes Haus. Bei einem Freundschaftsspiel in der Vorbereitung und Gluthitze im Sommer. Rapid ist anders.

Und verkauft diese Euphorie. Es stehen die wichtigen Spiele in der Qualifikation der Champions League bevor. Der Gegner wird Shakhtar Donetsk, Ajax, CSKA Moskva, Club Brugge oder AS Monaco heißen. Dazu wäre der Meistertitel mit der eingespielten Mannschaft der vergangenen Saison durchaus in Reichweite. Aber sie wird nicht beisammen bleiben.

"Was wollt's? Wir san eh Zweiter!"

Österreichs Rekordmeister hat aus wirtschaftlichen Zwängen längst das ureigene Ziel eines Fußballvereins aus den Augen verloren: Titel zu gewinnen. Seit 1988 stehen gerade noch die Meisterschaften 1996, 2005 und 2008 auf der (Miss-)Erfolgsliste. Der letzte Cupsieg datiert aus dem Jahr 1995. Ex-Rapid-Coach Ernst Dokupil hatte einst jegliche Kritik der Anhängerschaft mit den Worten "Was wollt's? Wir san eh Zweiter!" abgeschmettert.

Sein ehemaliger Schützling Zoran Barisic, der aktuell auf der SCR-Betreuerbank sitzt, ist für solche Antworten viel zu reserviert. Er macht gute Miene zum bösen Spiel. Als ihm im Vorjahr seine Offensive verkauft worden war, musste er ein neues Team finden. Es dauerte. Genau jene Punkte, die in der Umbauphase liegen gelassen wurden, fehlten am Ende auf Champion Salzburg.

Nun weiß Barisic nicht, wie lange er noch mit seinen beiden besten Torschützen planen kann. Werden sie heute verkauft? Oder morgen?

Rapid zieht im nächsten Sommer zurück nach Wien-Hütteldorf. Kann man eigentlich auch ein Stadion an die Konkurrenz verkaufen? Anfragen bitte in zwölf Monaten an [email protected]

Mehr dazu:
>> Berić: "Bis jetzt bin ich hier"

Christian Tragschitz