06.08.2015 16:29 Uhr

Check: Raus aus dem Niemandsland

Mame Diouf und Stoke City blicken zuversichtlich in die Zukunft
Mame Diouf und Stoke City blicken zuversichtlich in die Zukunft

Am Wochenende startet die englische Premier League in die neue Saison. weltfussball nimmt die 20 Mannschaften ins Visier. Dieses Mal im Check: Vier Klubs aus der Grauzone der Liga, die dem Mittelmaß mit aller Macht entfliehen wollen und dafür kräftig investiert haben.

Swansea City:

Die ersten Spiele: Chelsea FC (A); Newcastle United (H); Sunderland AFC (A)

Top-Neuzugänge: Éder (SC Braga/7 Mio.), Franck Tabanou (AS St.-Étienne/4,90 Mio.), André Ayew (Olympique Marseille/ablösefrei)

Kaum ein Verein hat es in den letzten Jahren geschafft, die Premier League quasi aus dem Nichts so aufzumischen wie Swansea City. Seit nunmehr vier Spielzeiten entzücken die "Swans" Fans wie Kritiker mit attraktivem Kombinationsfußball. Der achte Rang im Vorjahr bedeutete die beste Ligaplatzierung in der Vereinsgeschichte der Waliser.

In seiner zweiten Saison als Cheftrainer der "Swans" sind die Erwartungen an den 36 Jahre jungen Garry Monk deutlich gestiegen. Dem Ex-Profi gelang es in kürzester Zeit, eine homogene Truppe zu formen, die auch auf Rückschläge immer die passende Antwort wusste. Selbst als Torgarant Wilfried Bony den Verein im Frühjahr gen Manchester verließ, sprangen umgehend andere in die Bresche und hielten den Klub auf Kurs.

Mit der Verpflichtung des ablösefreien André Ayew haben die Macher zur neuen Saison einen echten Coup gelandet. Für die Abteilung Attacke wurde zudem Sturmtank Éder aus Braga geholt. Auch wenn Garry Monk zuletzt tiefstapelte und erklärte, dass seinen Jungs "wegen des neuen TV-Deals die härteste Premier-League-Saison aller Zeiten" bevorstünde, ist ein Tabellenplatz zwischen sechs und acht für die Schwäne durchaus realistisch.

Player to watch: Jefferson Montero.

Der ecuadorianische Nationalspieler überzeugte in seinem ersten Jahr auf der Insel auf Anhieb durch enorme Schnelligkeit und Zug zum Tor. Bleibt der Flügelflitzer in der kommenden Spielzeit endlich von Verletzungen verschont, dürfte der eine oder andere Gegenspieler des 25-Jährigen mit Knoten in den Beinen aus dem Liberty Stadium kriechen.
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Stoke City:

Die ersten Spiele: Liverpool FC (H); Tottenham Hotspurs (A); Norwich City (A)

Top-Neuzugänge: Joselu (Hannover 96/8 Mio.), Ibrahim Afellay (FC Barcelona/ablösefrei), Glen Johnson (Liverpool FC/ablösefrei)

Die "Potters" dürften sich nach zwei neunten Plätzen in den vergangenen Spielzeiten im Niemandsland der Tabelle wie zu Hause fühlen. Was für andere Vereine wie ein Albtraum klingt, ist für die Truppe aus den Midlands Teil eines ständig fortschreitenden Entwicklungsprozesses. Unter der Leitung von Mark Hughes hat sich der Klub fernab des Tabellenkellers in der Liga etabliert und auch spielerisch deutlich zugelegt.

Nicht zuletzt dank einer starken Fraktion aus ehemaligen Bundesligaprofis verlebte Stoke City eine sorgenfreie Saison. Neben dem Ex-Leverkusener Philipp Wollscheid und dem Enfant Terrible Marko Arnautovic machte vor allem Mame Diouf von sich reden. Der Ex-Hannoveraner geht ab jetzt gemeinsam mit dem Mann auf Torejagd, der ihn im Vorjahr bei den 96ern ersetzen sollte: Joselu. Der Spanier soll ebenso wie Ibrahim Afellay den Konkurrenzkampf in der Offensive beleben.

Schmerzhaft sind die Abgänge von Rückhalt Asmir Begovic (Chelsea) und Mittelfeldmotor Steven N’Zonzi (FC Sevilla). Coach Hughes äußerte sich betroffen vom Abgang der Leistungsträger: "Sie haben Tolles für unseren Verein geleistet und wir sind dankbar, dass sie in einer erfolgreichen Phase bei uns waren. Doch nun sind sie weg und auch wir müssen nach vorne schauen". Vor jenem Blick in die Zukunft muss den "Potters" jedoch nicht bange sein.

Player to watch: Bojan Krkic.

Einst als Jahrhunderttalent beim FC Barcelona gehandelt, stagnierte die Karriere des einmaligen spanischen Nationalspielers zwischenzeitlich. Nach seinem Wechsel in die englischen Midlands schien der Dribbelkünstler endlich sein Glück gefunden zu haben, doch dann setzte ihn ein Kreuzbandriss lange außer Gefecht. Mittlerweile ist der Angreifer fast wieder fit und bereit, an die Leistungen seines sehr vielversprechenden Starts in Stoke anzuknüpfen.
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West Ham United:

Die ersten Spiele: Arsenal FC(A); Leicester City (H); AFC Bournemouth (H)

Top-Neuzugänge: Dimitri Payet (Olympique Marseille/15 Mio.); Angelo Ogbonna (Juventus Turin/11 Mio.); Pedro Obiang (UC Sampdoria/6 Mio.)

Eine Kultstätte feiert Abschied: Der legendäre Boleyn Ground, seit eh und je die Heimat von West Ham United, geht in seine letzte Saison als Premier-League-Stadion. 19 Ligaspiele bleiben noch, um den Glanz vergangener Tage zurück in das offiziell als Upton Park bekannte Stadion zu bringen. Eine Mammutaufgabe für die Truppe von Slaven Bilic, der Ende Juni den Job von Sam Allardyce übernahm.

Nun soll Bilic dafür sorgen, dass der Londoner Traditionsklub endlich wieder in höhere Tabellenregionen vordringt. Ein schwieriges Unterfangen für den WHUFC, der dank der Fairplay-Wertung seit Anfang Juli in der Europa-League-Qualifikation unterwegs ist. Alison Worth, ehemaliges Mitglied im West Ham Supporter Advisory Board, sieht die "Europareise" kritisch: "Es ist Vorfreude gemischt mit einem Hauch von Angst. Wir können es uns nicht leisten, unseren Premier-League-Status aufs Spiel zu setzen. Es ist ein zweischneidiges Schwert."

Damit die Mehrfachbelastung nicht nach hinten losgeht, wurde kräftig aufgerüstet. Mit Dimitri Payet hat einer der überragenden Vorbereiter der Ligue 1 den Weg nach London gefunden, zudem verstärken Angelo Ogbonna und Pedro Obiang die Defensive. Allerdings fehlt im Sturmzentrum weiterhin ein zuverlässiger Angreifer. Um den Spagat zwischen Liga, Pokal und Europa zu bewältigen, muss West Ham dringend personell nachlegen. Andernfalls droht erneut der Sturz in die untere Tabellenhälfte.

Player to watch: Cheikhou Kouyaté.

Einer der Lichtblicke der trüben letzten Saison. In seinem ersten Jahr bei den Hammers überzeugte der athletische Abräumer auf Anhieb und spielte sich so in die Notizblöcke zahlreicher Spitzenklubs. Mit 25 Jahren ist der Senegalese noch entwicklungsfähig und eine der tragenden Säulen im Team von Slaven Bilic. Er wird in den kommenden Monaten auf dem Rasen noch mehr Verantwortung übernehmen müssen.
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Newcastle United:

Die ersten Spiele: Southampton FC (H); Swansea City (A); Manchester United (A)

Top-Neuzugänge: Georginio Wijnaldum (PSV Eindhoven/20 Mio.), Aleksandar Mitrovic (RSC Anderlecht/18,5 Mio.), Chancel Mbemba (RSC Anderlecht/12 Mio.)

Kehrt im Norden Englands endlich Ruhe ein? Die Fans der Magpies wünschen sich nach einem Horrorjahr nichts sehnlicher als Kontinuität und Fortschritt in ihrem Verein. Was die Verantwortlichen in Newcastle zuletzt fabriziert haben, brachte eine Menge Frust, Spott und seitenweise Schlagzeilen in den britischen Tabloids mit sich. Trainerentlassungen, Spielerrevolten, Privatskandale – dem Klub blieb kein Fettnäpfchen erspart.

Auch deshalb wurde ein neuer starker Mann verpflichtet: Steve McClaren. Zusätzlich öffnete Klubbesitzer Mike Ashley die Schatulle und lockte drei heiß umworbene Talente nach Nordengland. Rund 50 Millionen Euro flossen für die Transfers von Georginio Wijnaldum, Spieler der Saison in den Niederlanden, Tormaschine Aleksandar Mitrovic vom RSC Anderlecht sowie dessen Teamkollegen Chancel Mbemba. "Sehen Sie die Neuen als eine Art Absichtserklärung", verkündete McClaren hoffnungsvoll.

Zu Beginn der neuen Spielzeit steht allerdings ein Hammerprogramm ins Haus: Sechs der ersten acht Gegner gehörten 2014/2015 zu den Top-Teams der Liga. Es kommt also auch darauf an, Geduld mitzubringen. Mit den Neuzugängen und Ausnahmekönnern wie Cheick Tiote, Moussa Sissoko und Papiss Cisse ist ausreichend Potenzial für die obere Tabellenhälfte vorhanden, doch zuallererst muss endlich Ruhe in Newcastle einkehren. Platz neun bis zwölf dürfte dennoch realistisch sein.

Player to watch: Ayoze Pérez.

Mit geringen Erwartungen verpflichtet, mauserte sich der junge Spanier schnell zum Publikumsliebling. Körperlich kann der Angreifer sicher noch zulegen, doch in puncto Tempo und Technik ist der quirlige Ex-U21-Nationalspieler eine Bereicherung. Macht Pérez in den kommenden Wochen den nächsten Schritt, dürften die leidgeplagten Newcastle-Fans schon bald noch mehr Freude an ihm haben.
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Mehr dazu:
>> 1. Teil: Leicester, Bournemouth, Watford, Norwich
>> 2. Teil: Crystal Palace, West Bromwich, Aston Villa, Sunderland
>> 3. Teil: Swansea, Stoke, West Ham, Newcastle
>> 4. Teil: Tottenham, Liverpool, Southampton, Everton
>> 5. Teil: Chelsea, ManUnited, ManCity, Arsenal

Heiko Lütkehus