26.08.2015 11:34 Uhr

United: Last-Minute-Shopper wider Willen

Louis van Gaal hat offensichtlich noch einen vollen Einkaufszettel
Louis van Gaal hat offensichtlich noch einen vollen Einkaufszettel

Zurück zu altem Glanz? Vor dem alles entscheidenden Rückmatch um die Qualifikation zur Königsklasse laufen die Kaderplanungen bei Manchester United weiter auf Hochtouren. Noch tun sich viele Baustellen im Team auf, obwohl bereits 90 Millionen Euro in Neuzugänge investiert wurden. Für den Club beginnt eine Woche der Wahrheit.

Der "General" wirkte angefressen – wieder einmal. Kurz nachdem eine prominent besetzte ManUnited-Elf ein dürftiges 0:0 gegen Newcastle zu Stande gebracht hatte, musste Louis van Gaal in den Katakomben des Old Trafford schon wieder lästige Fragen zum Transfermarkt beantworten. In seiner gewohnt direkten Art kanzelte der Coach des englischen Rekordmeisters die Interviewer ab und verwies auf die Bilanz dieser jungen Saison. Drei Spiele, sieben Punkte, 2:0 Tore. Kein schlechter Start, wenngleich in Fanreihen noch keine Euphorie aufkommen will.

Zu ideenlos präsentierte sich der Vorjahresvierte in den Duellen mit Tottenham, Aston Villa und Newcastle. Wasser auf die Mühlen der Kritiker, die trotz fünf hochkarätiger Zugänge nicht müde werden, die spielerischen Defizite der Red Devils zu beklagen. Nach außen hin lassen van Gaal derartige Vorwürfe zumeist kalt, innerlich dürfte der ehemalige Bondscoach jedoch brodeln. Aus gutem Grund: Wie im Vorsommer muss der Kader auf den allerletzten Drücker fertiggestellt werden. Dabei sollte doch diesmal alles anders laufen.

Von Chelsea ausgestochen

Ursprünglich war der Plan der Verantwortlichen, späte Königstransfers zu vermeiden. Sie hatten ihre Lehren aus dem Di María-Flop gezogen, der im vergangenen August kurz vor Ende der Wechselfrist für 75 Millionen Euro aus Madrid geholt worden war. Eine kurze Liaison, die nach einem für alle Seiten ernüchternden Jahr mit dem Abgang des Argentiniers Richtung Paris zu den Akten gelegt wurde. Geblieben ist die Suche nach einem neuen Hoffnungsträger, der das Spektakel zurück nach Old Trafford bringt.

Eine bunte Auswahl bekannter Namen waberte zuletzt durch die Rumor Mills der englischen Zeitungen. Bale, Müller, Kane, Neymar – für jeden Geschmack war etwas dabei. Gekommen ist am Ende keiner. Mit dem spanischen Außenbahnflitzer Pedro vom FC Barcelona schien ein echter Hochkaräter bereits an der Angel, im allerletzten Moment funkte jedoch Chelsea dazwischen und lockte den Nationalspieler an die Stamford Bridge. Zu den Gründen seines Sinneswandels sagte der 28-Jährige: "Mourinho hat mich angerufen, und die Wahrheit ist, dass ich mochte, was er zu sagen hatte. Er hat mich überzeugt". Zwischen den Zeilen wird deutlich, dass das Gesamtpaket beim amtierenden Meister reizvoller war – ein Tiefschlag für den früheren Branchenprimus United.

Im Dauerclinch mit Real Madrid

Ähnlich frustrierend endete das Werben der Engländer um Sergio Ramos als neuen Abwehrchef. Das Real-Urgestein lehnte eine Offerte über ein Jahressalär von 10 Millionen Euro ab und verlängerte nach Wochen des Zögerns schließlich bei den Königlichen. Vor allem für Ed Woodward, den ausführenden Vizepräsidenten und verlängerten Arm der Investorenfamilie Glazer, eine herbe Schlappe. In den ohnehin wenig zimperlichen Tabloids häuften sich Abgesänge auf den 43-Jährigen, der bei den Fans ob seiner Transferpolitik nicht unumstritten ist.

Besonders brisant machte den geplatzten Ramos-Wechsel, dass Real wiederum seit Monaten an Manchester-Schlussmann David De Gea baggert. Der Nationalkeeper avancierte in den letzten Jahren zum souveränen Rückhalt der Red Devils – bis jetzt. Die unumstrittene Nummer Eins hat sich mittlerweile klar positioniert und forciert einen Wechsel nach Madrid. Zuletzt wurde er von Van Gaal nicht einmal mehr in den Kader nominiert. Neuer Ärger, auf den die ManUnited-Macher gerne verzichtet hätten - nicht zuletzt, weil nun aller Voraussicht nach ein Leistungsträger ausgerechnet zu dem Club wechselt, der beim angestrebten Ramos-Deal stur geblieben war.

Bedarf trotz großer Qualität

So bleibt dem 13-fachen Meister am Ende keine andere Wahl, als erneut beim hektischen Last-Minute-Shopping mitzumischen und bis zum Deadline Day (01. September) frische Kräfte in den Nordosten der Insel zu locken. Dabei wurden mit Schweinsteiger, Schneiderlin, Depay, Darmian und Romero bereits fünf namhafte und insgesamt 90 Millionen Euro teure Stars in diesem Sommer unter Vertrag genommen. Dennoch bleiben die Problemzonen bestehen: Nach dem Abgang von van Persie klafft eine Lücke im Sturmzentrum, wo Rooney derzeit auf sich alleine gestellt ist. Auch in der Viererkette und auf den Außenbahnen herrscht Handlungsbedarf.

Potenzielle Verstärkungen könnten leichter an Land gezogen werden, wenn das Team nun auch das Rückspiel gegen Brügge erfolgreich gestaltet und so nach einem Jahr Pause auf die Champions-League-Bühne zurückkehrt. In dieser Woche der Wahrheit ist das Scheitern verboten. Auch um van Gaal eine neue Flut lästiger Fragen zu ersparen.

Heiko Lütkehus