09.09.2015 08:00 Uhr

Historischer Abend sorgt für Euro-phorie

Marcel Koller wird von seinen Spielern auf Händen getragen
Marcel Koller wird von seinen Spielern auf Händen getragen

Österreich ist seit Dienstabend offiziell EM-Teilnehmer 2016 . Mit einem 4:1 in Solna gegen Schweden wurde der erste Matchball in der EM-Qualifikation eindrucksvoll verwertet. Jubel und Erleichterung prägen den historischen Moment.

Österreich kann extrem stolz sein. Wir sind bei der EM, Erster und ungeschlagen. Der Sieg hätte höher ausfallen können", fasste Marko Arnautovic richtig zusammen. Dazu kommen noch zwei neue Bestmarken. Sieben Auswärtssiege und sechs Pflichtspielsiege in Folge, oder auf französisch: en suite. "Jetzt können wir endlich sagen "Frankreich, wir kommen", jubilierte ÖFB-Teamchef Marcel Koller, "Auswärts in Schweden mit 4:1 gewinnen, ein Wahnsinn".

Der Schweizer im Herbst 2011 angetreten, um Österreich aus dem fußballerischen Niemandsland zu führen. Vier Jahre später schupften ihn seine Spieler zur Feier des Abends in die Höhe. "In seinem Blick habe ich ein bisschen Angst gesehen", scherzte Marko Arnautovic.
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Coole Sau: Alaba mit lässigem Elfer

Fürchten musste sich an diesem Abend niemand, außer den Schweden. Bereits in der 9. Minute jubelten die über 2.000 mitgereisten rot-weiß-roten Anhänger. Nachdem Kim Källstrom Zlatko Junuzovic an der Toroutlinie gelegt hatte, entschied Schiedsrichter Velaso auf Elfmeter. David Alaba übernahm die Verantwortung und war in puncto Coolness nicht zu überbieten, als er lässig Goalie Andreas Isaksson verlud. "Es ist schon etwas Besonderes, wenn man Geschichte schreibt. Wir haben heute wieder gezeigt, dass wir eine tolle Mannschaft sind und verdient nach Frankreich fahren", so der Torschütze.

Das 1:0 war ein Befreiungsschlag inmitten der schwedischen Anfangsoffensive. Die Skandinavier standen durch die Niederlage in Russland unter Druck, mussten den Weg nach vorne suchen. Tatsächlich zählten die UEFA-Statistiken zur Halbzeit auch 24 Angriffe der Schweden und nur zehn der Österreicher. Es war dann aber wieder der Kasten der Gastgeber, in dem es klingelte: Weiter Einwurf von Christian Fuchs auf Marc Janko, der zum vernachlässigten Martin Harnik ablegt. Der Stuttgart-Legionär drückte den Ball per Kopf über die Linie – 2:0.

Schweden-Teamchef: "Die Mannschaft war insgesamt schlecht"

Der EM-Zug nach Frankreich nahm weiter Fahrt auf, hätte vor der Pause sogar zum TGV werden können. Arnautovic und Harnik verpassten aber die Vorentscheidung gegen konsternierte Schweden. Die Aussage von Schwedens Teamchef Erik Hamrén zur Situation nach dem zweiten Gegentreffer sprach Bände: "Die Mannschaft war danach insgesamt schlecht, ich sah in der Pause keine Möglichkeit nur einen Spieler zu wechseln."

Dabei waren die Schweden bei weitem nicht ungefährlich. Österreichs Abwehr stand solide und Keeper Robert Almer zeichnete sich mit einer formidablen Leistung aus. "Man versucht einfach, die Bälle zu halten.", sagte er bescheiden. Seine Torsperre konnte er auf 603 Minuten ausbauen, sie wurde erst in der Nachspielzeit durchbrochen. Zlatan Ibrahimovic erzielte den Ehrentreffer. Wer sonst, der schwedische Starkicker hatte bei allen für Österreich bedrohlichen Situationen seine Beine im Spiel. Dennoch ärgerlich. "Er hat grandios gehalten", sagte Junuzovic, "Er hätte sich die Null verdient gehabt."

Österreich bei der EM. "Eine Erlösung" für Kapitän Christian Fuchs. Uns fällt ein Riesenstein vom Herzen. Aber ehrlich, war man sich der Endrunden-Teilnahme nicht insgeheim nicht schon länger sicher? Nein, wirklich nicht. Wir sind auch gut damit gefahren.", so Fuchs. Kollege Zlatko Junuzovic gestand, nach dem Auswärtssieg in Moskau Gedanken in diese Richtung gehabt zu haben.

Windtner: "Haben Geschichte geschrieben"

Die österreichischen Fußballfans sind freilich schon länger euro-phorisiert. Selbst Bundeskanzler Werner Faymann verband ein Treffern mit dem schwedischen Ministerpräsidenten mit einem gemeinsamen Matchbesuch. Ein besonderer Abend, vor allem ein seltener. ÖFB-Präsident Leo Windtner brachte es auf den Punkt: "Mit dieser Qualifikation sind wir die Sensation in Europa, diese Mannschaft hat Geschichte geschrieben."

Das Team, oder die "Familie", wie Marko Arnautovic feststellte, ist freilich noch nicht am Ende dieser Reise. Weder in der Qualifkation, wo noch im Oktober ein Auswärtsspiel in Montenegro sowie der Kehraus daheim gegen Liechtenstein auf dem Programm stehen. Noch im eigentlichen Sinn. Der Großteil der Teamspieler blieb in Schweden, fliegt erst am Mittwoch von Stockholm zu den Klubs.

Die ÖFB-Delegation wurde am Flughafen Schwechat in den frühen Morgenstunden von rund zweihundert Fans mit frenetischem Jubel in Empfang genommen. "Es ist schön, wenn man die Menschen so glücklich machen kann", meinte Marcel Koller. Besser lässt nicht beschreiben, was am Vorabend passiert war.

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Sebastian Kelterer, weltfussball.at aus Solna