08.10.2015 16:12 Uhr

Mit frischen Kräften in die Eliminatorias

Die südamerikanischen Fans fiebern den Eliminatorias entgegen
Die südamerikanischen Fans fiebern den Eliminatorias entgegen

Startschuss zum Qualifikations-Marathon: In Südamerika beginnt das längste und wohl spannendste "Turnier" für hiesige Nationalmannschaften. Zunächst nicht mit dabei: die drei größten Superstars. Die Südamerika-Kolumne.

Zwei Jahre lang, bis zum Oktober 2017, werden in Südamerika Grenzen wieder schwarz gezogen, Nationalhymnen inbrünstig gesungen und die Nachbarn verteufelt: Die "Eliminatorias", die WM-Qualifikation der CONMEBOL startet. Im Gegensatz zu den Kleingruppen in Europa wird zwischen dem Darién und Feuerland eine Art Meisterschaft ausgetragen: 10 Teams, annähernd spielstark, jeder gegen jeden, Hin- und Rückspiel.

Doch am ersten Spieltag fehlen kurioserweise die wohl drei größten Superstars des Kontinents. Brasilien muss auf den gesperrten Neymar verzichten, Vize-Weltmeister Argentinien fehlt Lionel Messi verletzungsbedingt und auch James Rodríguez steht Kolumbien nicht zur Verfügung.

Cafeteros ohne "Milchgesicht" James Rodríguez

Dabei schien James, der seit der WM in Brasilien Radamel Falcao in der Nationalmannschaft den Rang abgelaufen hat, sich von einer muskulären Verletzung rechtzeitig erholt zu haben. Zuversichtlich nominierte Trainer José Pékerman den regenerierten Offensivspieler für die Duelle gegen Peru (Donnerstag ab 22:30 im Liveticker) und Uruguay. Aber letztlich, so munkelt man, senkte James' Arbeitgeber in Madrid den Daumen.

Für das Auftaktspiel in der Hitze von Barranquilla steht derweil ein in Europa völlig unbekannter Spielmacher als Ersatz bereit: Edwin Cardona. Wie auch Rodríguez in Medellín großgeworden, ist der erst 22-Jährige ein komplett gegensätzlicher Typ zu "Milchgesicht" James. Cardona, der nach verschiedenen Stationen in Kolumbien seit einem Jahr in Diensten von Monterrey in Mexiko unter Vertrag steht, gilt als Heißsporn.

"Bad Boy Cardona" als James' Ersatz

In seiner jungen Karriere kassierte er bereits neun Platzverweise, durchschnittlich sah er in jedem dritten Spiel eine Gelbe Karte. Aber sein Talent ist unbestritten. Technisch hervorragend, zeichnet sich Cardona ebenfalls als Freistoßschütze aus. Kolumbiens Fußballexperten trauen dem offensiven Mittelfeldspieler die Rolle als James' Ersatz zu, wenngleich der laufstarke Cuadrado das offensive Mittelfeld des Favoriten auf einen der Qualifikationsplätze vervollständigen sollte.

Auch Rekordweltmeister Brasilien muss beim Topspiel des ersten Spieltages gegen Chile (Freitag ab 01:30 Uhr im Liveticker) und auch gegen Venezuela auf seinen Superstar mit der Nummer zehn verzichten. Allerdings fehlt der "Seleção" ihr Ein und Alles Neymar nicht wegen einer Verletzung, sondern aufgrund einer Sperre nach einem Platzverweis bei der Copa América vor wenigen Monaten.

Brasilien ohne Neymar aber mit Kaká

Als Ersatz steht Bayerns neuer Wirbelwind Douglas Costa bereit. Dieser weist die Verantwortung allerdings von sich und verweist auf die Stärke der gesamten Mannschaft. "Natürlich ist er fantastisch und wir werden ihn vermissen. Aber wir können damit umgehen und ich werden meinen Job machen", verspricht Costa.

Ebenso in Santiago de Chile dabei sein wird Rückkehrer Kaká, der nach der Verletzung von Philippe Coutinho in das Team gerutscht ist. Trotz aller Erfahrung und Spielstärke des 33-Jährigen ist die Nominierung des Spielers von Orlando City ein Zeichen für die andauernde Krise des brasilianischen Fußballs. Dass Trainer Carlos Dunga weder in Europa noch in der heimischen Série A junge Alternativspieler findet, spricht für sich.

"Kalte Brust" Higuaín nicht dabei

Über den Mangel an Alternativen kann sich Gerardo Martino als Coach von Argentinien - vor allem im Offensivbereich - nicht beklagen. Seit Jahren ist das "Problem" eher das Überangebot an Stürmern und torgefährlichen Mittelfeldspielern. Wobei das Fehlen von Lionel Messi immer einen Qualitätsverlust mit sich bringt. Glücklicherweise steht Sergio Agüero bereit, der zuletzt bei Manchester City fünf Treffer in einem Spiel erzielte. Messis "10" bekommt allerdings Carlitos Tévez, der seit dem Abgang von Trainer Sabella wieder zum festen Kreis der "Albiceleste" zählt.

Nicht dabei sein wird Gonzalo Higuaín, der in Argentinien in gewisser Weise zum Sündenbock stigmatisiert wird, da er sowohl bei der Niederlage im WM-Finale gegen Deutschland 2014, als auch im verlorenen Endspiel der Copa América gegen Chile jeweils klare Torchancen vergab. Als "Pecho frío" wird Higuían in Argentinien immer wieder bezeichnet: Als "kalte Brust" (ohne Herzblut). Und Herzblut darf bei der südamerikanischen WM-Quali sicherlich nicht fehlen.

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Für weltfussball berichtet aus Südamerika: Viktor Coco