09.10.2015 11:55 Uhr

ÖFB-Team in Montenegro vor Charaktertest

Kapitän Christian Fuchs und Teamchef Marcel Koller bei der Abschlusspressekonferenz
Kapitän Christian Fuchs und Teamchef Marcel Koller bei der Abschlusspressekonferenz

Österreichs letzte Auswärtspartie in der EM-Qualifikation am Freitagabend (ab 20:45 Uhr im weltfussball-Liveticker) in Montenegro ist ein echter Charaktertest: Die Europameisterschaft 2016 ist längst erreicht, nun kann man die nächsten Entwicklungsschritte setzen. Für die Gastgeber hingegen ist die Begegnung in Podgorica das Spiel der letzten Chance.

Dementsprechend motiviert erwartet man im ÖFB-Lager die Hausherren. Während Österreich bereits als Gruppensieger feststeht, kämpft Montenegro noch um ein EM-Ticket. Momentan liegt man auf Platz vier und hat gegenüber Russland und Schweden das Nachsehen. "Sie haben noch die Möglichkeit auf Platz drei und so werden sie wohl auch auftreten", rechnete Marcel Koller am Donnerstag bei der Abschlusspressekonferenz im Gradski Stadion Pod Goricom mit einem heißen Tanz.

Der ÖFB-Teamchef hat Montenegro in der EM-Qualifikation noch nicht abgeschrieben: "Sie haben gute Partien gemacht, wo es sehr eng war. Aber natürlich war der Abbruch beim Heimspiel gegen Russland und die folgende 0:3-Wertung am grünen Tisch ein herber Rückschlag. Doch sie werden nun alles tun, um die letzte Chance zu nutzen, damit sie dann ein 'Endspiel' in Russland haben."

"Ist Österreichs Fußball schon so wichtig wie der Skisport?"

Koller wurde aber natürlich auch zur Entwicklung seiner Mannschaft befragt. In Montenegro war man vom souveränen Auftreten des ÖFB-Teams in der EM-Qualifikation sichtlich überrascht.

"Ist Österreichs Fußball jetzt schon so wichtig wie der Skisport?", lautete die Fragestellung eines einheimischen Journalisten. Gut, wenn ausgerechnet ein Schweizer darauf antworten muss. "Natürlich herrscht jetzt eine Riesen-Euphorie und wir haben eine Duftmarke gesetzt. Ich denke wir sind schon sehr nah an den Skifahrern dran", meinte der Teamchef mit einem Lächeln.

In seinem Eingangs-Statement hatte der Erfolgscoach noch die "sehr gute Stimmung" seiner Mannschaft betont. "Einsatz und Wille passen. Wir haben eine gute Vorbereitung hinter uns. Keiner hebt ab, weil wir die Qualifikation geschafft haben. Wir freuen uns jetzt schon auf das Spiel."

Als er jedoch nach seinem Plan für die Begegnung gefragt wurde, konnte man die Replik fast schon erahnen: "Ich werde mich hüten, hier alles aufzutischen."

ÖFB-Teamkapitän Fuchs: "Konzentrieren uns auf unsere Stärken"

ÖFB-Teamkapitän Christian Fuchs saß neben seinem Chef und bestätigte die guten Trainingseinheiten im Vorfeld des Spiels. "Wir haben sehr konzentriert gearbeitet und wissen was auf uns zukommt. Montenegro ist sehr spielstark, aber wir konzentrieren uns auf unsere Stärken."

Beim 1:0-Sieg in Wien hatte Österreich die technisch guten Gäste extrem früh gestört und aggressiv bekämpft. Wohl erneut ein gutes Rezept um die Spielfreude beim Gegner zu unterbinden. "Montenegro ist sehr heimstark und die Spieler werden alles reinwerfen. Dazu haben sie auch das Publikum auf ihrer Seite. Aber wir haben in dieser Qualifikation schon gezeigt, dass wir ein sehr gutes Team haben und auch auswärts bestehen können." 

Montenegro wohl ohne Inter-Star Jovetić

Bei Gegner Montenegro droht der verletzungsbedingte Ausfall von Stevan Jovetić. Der Schlüsselspieler der Hausherren fehlte auch am Donnerstag beim Abschlusstraining auf der Verbandsanlage in Podgorica. Ein enttäuschter Beobachter aus Italien zog unverrichteter Dinge wieder ab, nachdem der Inter-Star bei der Einheit nicht dabei war.

Wohl nur ein totaler Bluff von Teamchef Branko Brnović würde den Offensivmann doch in die Mannschaft beförden. In seiner bereits verkündeten Anfangsformation schien Jovetić jedoch nicht auf.
>> Brnović rechnet mit topmotivierter ÖFB-Elf

Verbands-Präsident Dejan Savićević präsentierte sich indes sehr wohl am Rande des Trainingsplatzes. Wild gestikulierend teilte der ehemalige Superstar, der seine aktive Karriere in Wien bei Rapid ausklingen ließ, den Mitarbeitern seinen Unmut mit. Und davon gab es offensichtlich jede Menge.

Serbien-Sieg in Albanien wurde in Montenegro gefeiert 

Am späteren Abend war zumindest bei einigen seiner Landsleute die Stimmung viel besser. Der Sieg von Serbien im Prestigeduell der EM-Qualifikation in Albanien wurde in Sportbars und Restaurants mitverfolgt. Die Tore laut bejubelt, am Ende fuhren Autos mit serbischen Fahnen und einem Hupkonzert durch die Straßen.

Einige Straßenzüge weiter gab es nur ein begrenztes Durchkommen. Die Anti-Regierungs-Proteste gegen Milo Đukanović dauern in Podgorica an. Rund um eine Bühne wurden Zeltlager errichtet, die Demonstranten setzen sich seit Ende September für einen Rücktritt des Ministerpräsidenten ein. Die Vorwürfe lauten Korruption, Unterdrückung der Demokratie und Wahlfälschung.

Mehr dazu:
>> ÖFB-Reise in eine verrückte Fußballwelt
>> Alaba endlich wieder in der Wunschrolle
>> Der Spaßfaktor des Marko Arnautović
>> Klein im Wechselbad der Gefühle
>> ÖFB-Team: Kein Grund, sich auszuruhen
>> Können statt Müssen: Die letzte Quali-Etappe
>> Koller will ÖFB-Rekord weiter ausbauen
>> Ergebnisse und Tabelle in Österreichs EM-Qualifikationsgruppe
>> Diashow: Österreichs Weg zur Europameisterschaft 2016

Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Podgorica