11.10.2015 15:21 Uhr

Zum Abschluss eine konzentrierte Party

Das ÖFB-Team bringt sich in Partylaune, muss aber konzentriert bleiben
Das ÖFB-Team bringt sich in Partylaune, muss aber konzentriert bleiben

Österreich empfängt am Montag (ab 18:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) im letzten Spiel der EM-Qualifikation Liechtenstein. Es ist das erste Auftreten des ÖFB-Teams vor eigenen Publikum seit Endrunden-Teilnahme und Gruppensieg fixiert worden sind. Die Partie gegen den Underdog wird ein Balanceakt zwischen höchster Konzentration und ausgelassenem Fußballfest.

34 Tage sind seit dem magischen Abend im Stockholmer Vorort Solna vergangen. Österreich fixierte mit einem fulminanten 4:1 gegen Schweden nicht nur erstmalig sportlich eine EM-Teilnahme sondern nebenher auch den Sieg in der Qualifikationsgruppe G. Seither war Geduld angesagt. Die meisten Spieler nutzten die Gunst der Stunde zwischen Lehrgangsende und Rückkehr zu den Klubs zum privaten Freudenfest. Die von ÖFB-Teamchef Marcel Koller durch das Gangway des Fliegers angeführte Polonaise auf der Rückreise ist immerhin auf Video verewigt. Wer den rot-weiß-roten Helden gratulieren wollte, dem blieb neben Auswärtsfahrten nur de Trainingsbesuch.

Am Montagabend soll endlich unmittelbar und vor allem groß gefeiert werden. Wie mittlerweile gewohnt wird ein ausverkauftes Ernst-Happel-Stadion den Rahmen bieten. "Wir hätten 70.000 Karten verkaufen können", rechnete ÖFB-Pressechef Wolfgang Gramann stolz vor. Am Tag der Wien-Wahlen ein nicht unwesentlicher Hinweis. Die jüngsten sportlichen Erfolge und der Hype um David Alaba werden eine zeitgemäße Heimstätte für den ÖFB in der kommenden Legislaturperiode auch zum Thema im Stadtrat machen.

Als Partygast kommt Liechtenstein nach Wien, und womöglich zum Handkuss. Das Wort Pflichtsieg fällt vor dem Spiel gegen den Underdog nicht, es wird von einem Spektakel zum Abschluss gesprochen. Teamchef Marcel Koller ist nach vier Jahren in Österreich geübt bei der Bedienung der Euphoriebremse: "Die Fans werden schon mit viel Freude ins Stadion kommen. Da wird wichtig sein, noch einmal konzentriert zu Werke zu gehen und versuchen den Dreier einzufahren."

Montenegro erinnerte Österreich an die 100-Prozent-Regel

Die Partie in Montenegro am vergangenen Freitag war diesbezüglich ein Warnschuss zur rechten Zeit. "Da hat man gemerkt, dass es schwieriger wird, wenn nur ein paar Prozent fehlen", sprach Koller. Der Schweizer hat die Partie bereits analysiert, erste Eindrücke nach dem Spiel wurden bestätigt. "Das Team hat gezeigt, dass es zurückkommen und mit schwierigen Verhältnissen umgehen kann. Wie der Schiedsrichter pfeift, ob es windig ist, es regnet oder weiß der Kuckuck was, man muss konzentriert sein, um erfolgreich Fußball zu spielen."

Die in der zweiten Hälfte in Podgorica demonstrierten Qualitäten werden auch gegen die Kicker aus dem kleinen Fürstentum gefragt sein. "Sie werden ähnlich wie im Hinspiel auftreten", formulierte Koller seine Erwartungen, "gut verteidigen, die Räume eng machen und Nadelstiche setzen durch Kontermöglichkeiten und Standards. Wichtig wird sein, dass wir bereit sind und sie beschäftigen."

"Wir wollen die Qualifikation mit einem Erfolg beenden und mit den Fans einen schönen Abend verbringen", sagte Christian Fuchs. Der ÖFB-Kapitän sprach bei der Abschluss-Pressekonferenz den bisher einzigen Makel in der EM-Qualifikation an: "Wir haben eine gute Qualifikation gespielt. Mir persönlich tut es ein bisschen weh, dass wir gegen Schweden zu Hause nur 1:1 gespielt haben." Lachen im Auditorium. "Das ist der Ehrgeiz, der im Team ist", legte Fuchs entschlossen nach.

Wie gut ist Österreichs Nationalteam tatsächlich?

Tatsächlich kann vor dem letzten Spieltag der EM-Qualifikation nur England mit neun Siegen eine bessere Bilanz als Österreich vorweisen. "Das heißt nicht im Umkehrschluss, dass wir EM-Favorit sind", verwehrte sich Marcel Koller gegen Hochrechnungen. "Wir haben ja nur mit unserer Gruppe Kontakt gehabt." Der Teamchef betonte auch, dass es nicht absehbar war, so durch eine Qualifikation zu gehen und bekräftigte trotz souveränem Abschneiden: "Es war eine schwere Gruppe."

"Um sich mit anderen zu vergleichen, muss man sich einarbeiten." Auch für Koller ist die  Einordnung im innereuropäischen Kräfteverhältnis schwer. Dafür gibt es schließlich eine Europameisterschaft. "Alle Teams, die sich qualifizieren, sind Top-Teams. Die Belastung alle paar Tage ein Spiel zu haben, kennen wir auch nicht", mahnte er vor ausufernder Euro-phorie.

Angefacht wird der Hype durch die Platzierungen in der Weltrangliste. Das 3:2 in Podgorica und ein zu erwartender Sieg in Liechtenstein lassen das ÖFB-Team in die Top-Ten vorrücken. "Schön, aber nicht wichtig", waren sich Marcel Koller und Christian Fuchs einig. 

Keine Geschenke

Das Wochenende stand im Zeichen der Regeneration, alle Spieler sind fit. Wird Koller den Helden aus der zweiten Reihe, die ihre Reservistenrolle annahmen und zur Stelle waren, wenn es drauf ankam, Einsatzminuten gönnen? "Das ist vom Spielverlauf abhängig. Ich mache mir keine Gedanken über Geschenke. Wir können nur drei auswechseln. Ich müsste alle 23 spielen lassen", so Koller.

Das größte Geschenk machte sich das ÖFB-Team ohnehin selbst mit der EM-Teilnahme und der allgemeinen Vorfreude bis dahin.

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Sebastian Kelterer