01.11.2015 11:02 Uhr

90 Jahre Fußball im Radio

Heute vor 90 Jahren war es ein gewisser Bernhard Ernst, der mit dem Versuch einer ersten Live-Übertragung den Fußball ins Radio brachte. Am 1.11.1925 machte sich Ernst daran, die Oberliga-Partie Preußen Münster gegen Arminia Bielefeld (0:5) als erstes Fußballspiel überhaupt im Radio zu kommentieren – eine nicht ganz einfach Aufgabe.

Von einem improvisierten Sprecherplatz aus, der sich direkt hinter einem der beiden Tore befand und lediglich durch ein kleineres Hockeytor geschützt wurde, startete Ernst am besagten Novembertag seine erste Fußballübertragung im Hörfunk. Doch bis es soweit war, machte sich noch einige Ratlosigkeit bei den Beteiligten breit. Anders als bei der Generalprobe am Tag zuvor war Ernst beim Beginn seiner Übertragung nicht zu hören.

''Also begann ich mit einiger Verspätung''

Für den Versuch einer Liveübertragung waren zuvor drei Kilometer Kabel vom Funkhaus des WDR zum Preußen-Stadion verlegt worden. Eine schnelle Fehlersuche war schier unmöglich. Doch Dank des Einfalls eines Technikers gab es dann doch noch den ersten Radiokommentar aus einem Fußball-Stadion. Der Techniker machte den Vorschlag, einfach die eigentlich nur für den Austausch mit der Funkstation gedachte Telefonleitung zu nutzen – es klappte und Ernst ging auf Sendung.

Der Kommentator selbst beschrieb seine erste Live-Übertragung später wie folgt: "Also begann ich mit einiger Verspätung, dazu mit einem sehr merkwürdigen Gefühl und mit aus technischen Gründen gebotener, ungewohnter Stimmstärke meinen ersten Fußballbericht."

''Diensteifriger Postmann''

Der Grund für die technischen Probleme wurde später noch gefunden. Ein ''diensteifriger Postmann'' hatte die für ihn neue und unbekannte Schaltung entdeckt und diese kurzerhand behoben, da er sie für eine Fehlschaltung hielt.

Die noch in den Kinderschuhen steckende Live-Übertragung aus einem Stadion wurde dadurch aber nur kurzzeitig etwas ausgebremst. Wurde Ernst während seiner Schaltung ins Preußen-Stadions mangels begrenzter Sendereichweite und Empfangsgeräten anfänglich wohl nur von einer kleinen Anzahl an Leuten gehört, entwickelte sich das Medium Radio und folglich auch die Hörerschaft von Fußball-Übertragungen rasant. Bereits 1926 sollen geschätzte 400.000 Hörer live am Radio das Finale um die deutsche Meisterschaft zwischen Fürth und Hertha BSC verfolgt haben.

Wie das Leben so spielt

Am 18. April 1928 gab es in Düsseldorf für Ernst eine Art Wiedergutmachung seitens der Post. Beim ersten Versuch, ein Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft (gegen die Niederlande) im Radio zu übertragen, war es diesmal die Masse an Zuschauern, die ins Düsseldorfer Rheinstadion strömte und dabei die Leitungen zum Kommentatorenplatz kappte.

Mittlerweile auf solche Dinge vorbereitet, gab es auf der Tribüne noch einen zweiten Sprecherplatz. Doch angesichts der Masse schaffte es Ernst trotz Verlegung des Anpfiffs um eine Stunde erst mit deutlicher Verspätung an seinen Platz – zu seiner Verwunderung hatte ein fachlich nicht ungeschickter Postbeamter bereits die Initiative ergriffen und am bis dahin unbesetzten Mikrofon mit der Live-Übertragung begonnen.

Bizarr für den Radio-Pionier Bernhard Ernst war auch noch, dass er es war, der 1954 das WM-Finale live für das Fernsehen kommentierte. Da man damals aber den Fernsehkommentar noch nicht konservieren konnte, war es ein anderer, dessen Stimme bis heute in Verbindung mit den Bildern aus Bern gebrachte wird: Der Radiokommentator Herbert Zimmermann.

Nils Marlow