19.11.2015 09:00 Uhr

Runder Geburtstag: "Le Président" wird 50

Laurent Blanc feiert mit Zinedine Zidane, Marcel Desailly und Didier Deschamps (v.l.) den WM-Titel 1998
Laurent Blanc feiert mit Zinedine Zidane, Marcel Desailly und Didier Deschamps (v.l.) den WM-Titel 1998

Eine klare Linie im Umgang mit Kollegen und Gegenspielern, Bescheidenheit im Gebaren auf und abseits des Platzes sowie eine hohe Souveränität und Sicherheit im eigenen Spiel mit dem Ball – diese fast schon staatsmännischen Attribute brachten Laurent Blanc den Spitznamen "Le Président" ein. Am Donnerstag wird der Abwehrboss der französischen Weltmeistermannschaft von 1998 und aktuelle Coach Paris Saint-Germains 50 Jahre alt.

Obwohl "Le Président" an jenem 12. Juli 1998, als die Franzosen ihren Weltmeistertitel im eigenen Land einfuhren, gar nicht auf dem Platz stand, galt er neben Kapitän Didier Deschamps und Regisseur Zinedine Zidane als Architekt des größten Triumphs in der Geschichte von Les Bleus.

Neben seinen herausragenden Leistungen als Defensivchef in einer Reihe mit Rekordspieler Lilian Thuram, Bayern-Recke Bixente Lizarazu und Abwehrkante Marcel Desailly, die im gesamten Turnierverlauf nur zwei Gegentreffer schluckten, war Blanc in der K.o.-Phase der WM gleich zweimal als entscheidender Torschütze zur Stelle. So markierte die Nummer fünf der Équipe Tricolore im Achtelfinale gegen Paraguay in der 114. Minute das siegbringende 1:0 und gleichzeitig das erste Golden Goal überhaupt bei Fußball-Weltmeisterschaften.

Nur fünf Tage später behielt Blanc, der damals übrigens nach einem missglückten Barcelona-Abstecher bei Olympique Marseille unter Vertrag stand, im Elfmeterschießen gegen Italien die Nerven und erzielte das letztlich entscheidende 4:3.

Welt- und Europameister

Im Halbfinale dann der Schubser gegen Kroatiens Slaven Bilić, der dem 1,92-Meter-Turm aus den Sevennen den einzigen Platzverweis seiner Nationalmannschaftskarriere einbrachte, ihm die Finalteilnahme und somit das wohl größte Spiel seiner Karriere kostete. Doch auch im Umgang mit diesem Tiefschlag blieb Blanc gewohnt abgeklärt: "Es gibt schlimmere Dinge, als ein WM-Finale zu verpassen. Ich habe es verarbeitet und später die EURO 2000 gewonnen. Man muss auch aus schlechten Zeiten das Beste machen, so kann man eine Menge erreichen", meinte "Le Président" später selbst.

Auch beim EM-Titel von 2000 war Blanc einer wichtigsten Akteure bei den Franzosen. Nicht nur sein Treffer gegen Dänemark bleibt den Franzosen in Erinnerung, sondern insbesondere die verlässliche und positiv-autoritäre Spielweise des mittlerweile 34-Jährigen. Als amtierender Welt- und Europameister trat Blanc nach dem Sieg in Belgien und den Niederlanden nach 97 Länderspielen zurück. Einen besseren Abgang gibt es nicht.

Der Glatzenkuss wird zur Legende

Bei der Auswahl seiner Klubs war der zweikampf- und vor allem kopfballstarke Manndecker um einiges experimenteller. Auf neun Profistationen in vier europäischen Topligen bringt es Laurent Blanc, darunter seine Gastspiele bei Barça (1996 bis 1997), Inter (1999 bis 2001) und bei Manchester United, wo er 2003 seine aktive Laufbahn an der Seite der ManUnited-Topstars Giggs, van Nistelrooy, Beckham oder Barthez mit dem Premier-League-Titel beendete.

Apropos Fabien Barthez: Der markante Keeper ist ein nicht wegzudenkender Baustein in der Spielerkarriere des Laurent Blanc. Das Glücksritual der beiden vor den Spielen bei den siegreichen Welt- und Europameisterschaften, der Kuss auf die Glatze Barthez' kurz vor Anpfiff, erlangte in Frankreich und darüber hinaus Kultstatus und wurde 1998 sogar von Staatspräsident Jacques Chirac adaptiert.

Girondins: Dank Blanc zurück auf die große Bühne

Nach seiner Spielerkarriere nahm sich "Le Président" zunächst einige Jahre Zeit, bevor er 2007 wieder auf die Fußballbühne zurückkehrte und mit Girondins Bordeaux erste Erfolge als Vereinstrainer feierte. 2009 führte Blanc das Team um die Les-Bleus-Spieler Yoan Gourcuff und Alou Diarra zum ersten Titel in der Ligue 1 nach zehn Jahren und zur Rückkehr in die Champions League.

Außerdem gewannen die Bordelais mit Blanc an der Seitenlinie noch den Ligapokal im selben Jahr. Zwei Titel, die dem Meistermacher die Auszeichnung Trainer des Jahres in Frankreich einbrachten.

Neuaufbau und Quotendebatte – Zwei Jahre Jahre als Nationalcoach

Der Weg zur nächsten, vielleicht bislang größten Herausforderung war für das Mitglied der Ehrenlegion Frankreichs somit vorgezeichnet: Nach einer katastrophalen Weltmeisterschaft in Südafrika mit drei Niederlagen, öffentlichen Diffamierungen zwischen Trainer Raymond Domenech und dessen Stars plus einem Spielerstreik als Krönung des Ganzen installierte die FFF Laurent Blanc im Sommer 2010 als neuen Coach der Équipe Tricolore. Die Zeitungen titelten damals unter anderem: "Er hat Ruinen geerbt". Das Vertrauen in die eigene Nationalelf war zu Beginn seiner Amtszeit auf dem Nullpunkt.

Blanc schmiss vorübergehend alle 23 WM-Akteure von 2010 aus dem Kader und verlor auch noch seine ersten beiden Spiele als Nationaltrainer. Was folgten, waren dann aber 23 Begegnungen ohne Niederlage und die sichere Qualifikation zur EM in Polen und der Ukraine.

Nach Diskussionen um Blanc' Aussagen in der zweifelhaften Debatte über Quoten für Nachwuchsspieler mit Migrationshintergrund ("Man bildet bei uns stets denselben Prototyp aus: Groß, stämmig, kräftig. Und wer ist groß, stämmig, kräftig? Die Schwarzen.") verzichtete Blanc nach der EURO 2012 auf eine Vertragsverlängerung und saß bei der Viertelfinalniederlage gegen den späteren Sieger Spanien zum letzten Mal auf der Bank der Franzosen.

Keine Probleme im Umgang mit Weltstars

Seit zweieinhalb Jahren steht er nun bei Paris Saint-Germain in der Verantwortung und coacht mit seiner staatsmännische Aura zum ersten Mal als Vereinstrainer Weltstars wie Zlatan Ibrahimović, David Luiz, Angel Di María oder Edinson Cavani.

Der Umgang mit seinen Topspielern fällt Blanc als Welt- und Europameister leicht. Er scheut auch nicht vor öffentlicher Kritik zurück - wie zum Beispiel nach einer Niederlage gegen Real Madrid in der Champions League: "Was unsere Angreifer zustande brachten, war armselig – auch Ibrahimović."

Insgesamt holte Laurent Blanc in seinen acht Trainerjahren bereits zwölf Titel und ist längst weit vorne in der obersten Trainerriege angekommen. Geht es in diesem Tempo weiter, hat er übrigens in 18 Jahren sein großes Vorbild in Sachen Titeln eingeholt: ManUnited-Ikone Sir Alex Ferguson.

Mehr dazu:
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>> Ligue 1: Ergebnisse und Tabellen

Mats-Yannick Roth