08.12.2015 12:04 Uhr

Vor 80 Jahren: Club gewinnt Pokalpremiere

In der Erlebniswelt des FC Bayern steht heute eine Replik des Tschammer Pokals
In der Erlebniswelt des FC Bayern steht heute eine Replik des Tschammer Pokals

Am 8. Dezember 1935 spielen die beliebtesten Klubs im Deutschen Reich, der 1. FC Nürnberg und Schalke 04, den ersten Pokalsieger aus. Überraschend gewinnt der FCN im Schneesturm gegen den deutschen Meister aus dem Pott mit 2:0.

60.000 Fußballfans trotzten im Düsseldorfer Rheinstadion dem Schneegestöber, viele tausend weitere fanden vor den Stadiontoren keinen Einlass. Das Finale der ersten Pokalsaison zwischen "der beliebtesten Elf der Gegenwart" (Schalke 04) und „dem ruhmreichsten Verein der Vergangenheit“ (1. FC Nürnberg), wie die damalige Ausgabe des Magazins "Fußball" berichtete, elektrisierte die Massen. Der Tschammer-Pokal, wie der DFB-Pokal bis zum Ende des Dritten Reiches nach dem Reichssportführer Hans von Tschammer und Osten hieß, war eine Erfindung der Nationalsozialisten, die dem berühmten FA-Cup aus England ein deutsches Pendant entgegensetzen wollten. Der Andrang zum Finale schien den Machthabern Recht zu geben, aber insgesamt hakte es in der Premierensaison an vielen Ecken und Enden.

Seit Januar des Jahres hatten mehr als 4000 Mannschaften von den Kreisklassen bis zu den Gauligen in diversen Runden die beiden Finalisten ermittelt. Aber die NS-Sportführer überließen nichts dem Zufall. Die Pokalpartien wurden nicht ausgelost, sondern gesetzt. Kein Team sollte angesichts der wirtschaftlichen Probleme in Deutschland eine zu weite Anreise haben, gleichzeitig erhoffte man sich durch die Ansetzung lokaler Derbys viele Zuschauer in die Stadien zu locken. Das gelang aber nur bedingt. Häufig fanden die Pokalspiele vor spärlich gefüllten Zuschauerrängen statt, nur die Topklubs lockten auch mal mehr als 10.000 Besucher an die Spielfelder. Der erhoffte Geldsegen für die kleinen Klubs blieb somit meist aus.

Nürnberg überrascht den Favoriten

Dafür wurde das Finale zum großen Spektakel. Schalke 04 hatte die beiden letzten Meisterschaften gewinnen können, 1934 in einem denkwürdigen Finale gegen den 1. FC Nürnberg. Die Clubberer reisten mit ihren fünf Meistertiteln aus den 1920er Jahren als Rekordmeister nach Düsseldorf, dessen Ruhm in den letzten Jahren allerdings etwas verblasst war. Schalke galt als klarerer Favorit. Umso euphorischer reagierte die Sportpresse nach dem überraschend deutlichen 2:0-Erfolg der Franken: "Die Nürnberger haben das Spiel so überzeugend gewonnen, Schalke so glatt die Waffen gestreckt, dass das 2:0 den mindesten Ausdruck des heutigen Kräfteverhältnisses darstellt. Das sensationelle Resultat wird dem deutschen Fußballsport gewaltige neue Impulse verleihen...", frohlockte der Berichterstatter im "Fußball".

Max Eiberger hatte die schon in der ersten Halbzeit überlegenen Nürnberger kurz nach Wiederanpfiff mit 1:0 in Führung gebracht. Schalke dagegen schaffte es nicht, sein berüchtigtes Kurzpassspiel aufzuziehen. Fritz Szepan, neben Ernst Kuzorra Kopf und Motor der Mannschaft, hatte vier Tage zuvor ein kräftezehrendes Länderspiel gegen England absolvieren müssen und wirkte ausgelaugt. Dennoch kamen die Knappen dem Ausgleich mehrfach nahe, Richard Oehm und Andreas Munkert müssen jeweils auf der Torlinie für ihren geschlagenen Torhüter Georg Köhl retten. Sechs Minuten vor dem Abpfiff besiegelt Georg Friedel mit dem zweiten Nürnberger Treffer den Pokalerfolg der Franken.

Für den FCN war der Erfolg von Düsseldorf der erste von bis heute vier Pokalsiegen, zuletzt gewann der Zweitligist 2007 den goldenen Pott durch ein 3:2 nach Verlängerung gegen den VfB Stuttgart. Der unterlegene Finalist aus Gelsenkirchen holte sich zwei Jahre nach dem Premierenendspiel das erste Double der deutschen Fußballgeschichte. 2011 gelang Schalke der fünfte und bis heute letzte Erfolg im Pokal.

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Ralf Amshove