13.12.2015 10:00 Uhr

Quo vadis, Saido Berahino?

Saido Berahino steht bei West Brom vor einer ungewissen Zukunft
Saido Berahino steht bei West Brom vor einer ungewissen Zukunft

Seit dem gescheiterten Wechsel zu Tottenham im Sommer ist Saido Berahino nicht mehr derselbe. Seine Form ist eingebrochen, zuletzt kickte er sogar in West Broms Reserve-Team. weltfussball mit einer Situationsanalyse:

Er war in der letzten Saison einer der Shootingstars auf der Insel. Saido Berahino erzielte in Diensten von West Bromwich Albion wettbewerbsübergreifend ingesamt 20 Tore und schoss sich damit nicht nur in den Dunstkreis der englischen A-Nationalmannschaft, sondern auch auf den Einkaufszettel der Tottenham Hotspurs. So weit, so gut! Doch dann entwickelte sich im Sommer eine wahre Transfer-Saga, die bei dem Afrikaner anscheinend tiefe Spuren hinterlassen hat.

Was war passiert?

Der 22-Jährige machte keinen Hehl daraus, den Klub in Richtung White Hart Lane verlassen zu wollen und so den nächsten Schritt in seiner noch jungen Karriere zu machen. Doch er hatte die Rechnung ohne West-Brom-Boss Jeremy Peace gemacht, der Ende August insgesamt vier Angebote der Spurs öffentlichkeitswirksam ablehnte. "Tottenhams Angebote entsprachen bei weitem nicht Saidos Wert. Zudem erlaubt uns das Timing nicht, einen passenden Ersatz für einen bewährten Torjäger zu finden", so Peace damals.

Bei knapp 35 Millionen Euro wäre der Deal wohl über die Bühne gegangen, die Spurs boten inklusive Klauseln und Zusätzen aber maximal 32 Mio. Zwischenzeitlich hatte sogar Berahino persönlich eine schriftliche Transfer-Anfrage eingereicht, die ebenfalls abgeschmettert wurde. Via Twitter machte er seinem Ärger nach dem geplatzten Wechsel Luft: "Ich bin enttäuscht, wie der Klub mich behandelt hat und kündige offiziell an, nie wieder für Jeremy Peace zu spielen." Kurze Zeit später wurde der Tweet von seinem Profil entfernt.

In der Formkrise

Von seiner Streikandrohung hat der Burundier zwar Abstand genommen, seine Verfassung lässt seit dem Transfer-Hickhack aber arg zu wünschen übrig. "Seit sechs Monaten ist Saido nicht mal in der Nähe seiner Form vom letzten Jahr. Das ist in jeder Hinsicht enttäuschend. Ich gebe weder ihm noch jemand anderem die Schuld dafür, aber es ist Fakt", sagte West-Brom-Coach Tony Pulis gegenüber dem "Independent". Bei elf Premier-League-Einsätzen kommt Berahino auf magere drei Tore. In den letzten beiden Ligaspielen saß er jeweils 90 Minuten auf der Bank. Am vergangenen Montag kickte der Stürmer sogar im U21-Team, laut Pulis auf eigenen Wunsch. Bei der 1:2-Niederlage gegen West Hams Nachwuchs erzielte er den zwischenzeitlichen Ausgleich.

Ob er bei den Baggies nochmal zu alter Stärke zurückfindet ist derzeit zweifelhaft. "Das Problem ist, dass das Transferfenster bald wieder öffnet und erneut Spekulationen aufkommen werden", so Pulis. Tottenham ist weiterhin gewillt Berahino zu verpflichten und auch Chelsea zeigt Interesse. Für West Brom ist es momentan eine verzwickte Situation: Der Kontrakt des Angreifers läuft noch bis 2017, eine Verlängerung ist wohl ausgeschlossen. Der Spieler ist unzufrieden und möchte gehen. Je näher das Vertragsende rückt, desto geringer wird die Ablösesumme, die man aufrufen kann. Ein Wechsel im Winter scheint also wahrscheinlich.

Bilić lobt Peace

Auch West-Ham-Coach Slaven Bilić äußerte sich vor kurzem in seiner Kolumne im "Evening Standard" zur Causa Berahino und lobte Peace' Standhaftigkeit im Sommer: "Was West Brom bei Berahino gemacht hat, war brilliant. Es ist sehr schwer, so hart zu bleiben." Er hält ebenfalls einen Transfer im Januar für möglich, aber "wenn es so kommen sollte, wird West Brom es nach seinen Regeln durchziehen. Das ist der beste Weg, um jedem zu zeigen, dass man ein ernstzunehmender, großer Klub ist." Zugleich kritisierte er das Verhalten einiger Nachwuchsspieler: "Viele 18-21-Jährige denken, sie sind größer als die Klubs. Ich sage nicht, dass das bei Berahino der Fall ist, aber so viele Kids verdienen in jungen Jahren großes Geld und denken, sie haben es geschafft."

Eigentlich verständlich, dass es der gebürtige Afrikaner bei all den Gerüchten um seine Zukunft schwer hat, sich auf den Fußball zu konzentrieren. Allerdings ist er für die aktuelle Situation aufgrund seines nicht ganz einfachen Charakters auch mitverantwortlich. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, wohin sein Weg führt.

Mehr dazu:
>> zur Einsatzstatistik von Berahino
>> West Brom: Berahinos schwierige Rückkehr

Marius Thiemann