06.01.2016 14:30 Uhr

Pellegrini: Titel? Das ist nicht die Frage!

Manuel Pellegrini (r.) wird aller Voraussicht nach in der kommenden Saison von Pep Guardiola beerbt
Manuel Pellegrini (r.) wird aller Voraussicht nach in der kommenden Saison von Pep Guardiola beerbt

Geht Manuel Pellegrini in seine letzte Rückrunde als Teammanager von Manchester City? Trotz eines bis Sommer 2017 gültigen Vertrags gilt das als wahrscheinlich, da Pep Guardiola bei den Citizens im Wort stehen soll. Spätestens die Ankündigung des Noch-Bayern-Trainers, seinen Vertrag beim deutschen Rekordmeister nicht verlängern zu wollen, weil er unbedingt in die Premier League wechseln möchte, interpretieren viele Experten als Bestätigung der Gerüchte. Der Motivation des Chilenen tut das keinen Abbruch.

Für Manuel Pellegrini muss sich das Szenario, das ihm aller Voraussicht nach im kommenden Sommer bevorsteht, wie ein Déjà-vu anfühlen. Erinnerungen an 2010 werden wach.

Damals hatte er die Saison als Trainer von Real Madrid mit einer Rekordpunktzahl in der Vereinshistorie abgeschlossen. Die 96 Zähler reichten den Königlichen allerdings nicht zum Titel. Warum? Weil der FC Barcelona unter Pep Guardiola die noch größere Übermannschaft war und sich den Titel mit 99 Punkten sicherte.

Neben dem verpassten Meistertitel stand für Pellegrini eine Copa-del-Rey-Blamage beim Viertrundenaus gegen Alcorcón und das Ausscheiden im Achtelfinale der Champions League gegen Olympique Lyon.

Parallelen zwischen Real-Aus und möglichem City-Aus

Man brauchte nicht viel Fantasie, um zu wissen, dass ein Verein wie Real Madrid einen Trainer nach einer solchen Saison vor die Tür setzen würde. Die offizielle Begründung der Vereinsführung war allerdings nicht die Erfolglosigkeit des Chilenen. Stattdessen ließ man verlautbaren, man habe sich die Chance, einen Trainer vom Format des José Mourinho zu verpflichten, unmöglich durch die Lappen gehen lassen können.

Mourinho, The Special One – das klingt nach Glanz und Glamour und genau nach dem Format von Real Madrid. Rekordpunktzahl hin oder her, da musste Pellegrini eben gehen.

Sechs Jahre später dürfte Pellegrini das gleiche bei Manchester City passieren: Obwohl sein Vertrag bei den Skyblues noch bis Sommer 2017 gültig ist, gilt es als sicher, dass er im Sommer für einen schillenderen, größeren Trainer wird Platz machen müssen: Pep Guardiola.

Job "hängt nicht von Titeln ab"

Dass er den Katalanen für einen guten Nachfolger hält, drückte Pellegrini zuletzt bereits öffentlich aus. Er sei sich sicher, dass Guardiola eines Tages auf der City-Bank sitzen werde, sagte der Chilene. Diese Aussagen wurden dem 62-Jährigen als fehlender Kampfgeist und Schwäche ausgelegt.

Nun äußerte sich der Noch-City-Coach allerdings erneut zur Thematik: "Ich glaube nicht, dass meine Position hier von Titeln abhängt. Für mich persönlich sind Titel aber wichtig, denn es ist mein Job, diese zu gewinnen. Wenn Sie mich fragen, ob ich lieber einen Fünfjahresvertrag oder einen Titel hätte, würde ich sofort letzteres wählen."

Zwischen den Zeilen ist die klare Botschaft: Am Saisonende bin ich weg, egal, wie viele Titel ich gewinne – aber ich will viele davon gewinnen. Was heißt zwischen den Zeilen? "Ich glaube nicht, dass es dem Verein schwerer fällt, einen Trainer zu entlassen, wenn er einen Titel gewonnen hat. Wenn man ein Verantwortlicher in einem Klub ist, muss man immer die Option haben, das zu tun, was man für das Beste hält. Es geht um das Vertrauen in die Arbeit eines Trainers und den maximalen Erfolg."

Ausrichtung "langfristiger, strategischer"

Indirekt erklärte Pellegrini damit, warum die Vereinsführung sich für eine Verpflichtung von Guardiola entschieden habe. Nichtsdestotrotz nahm der Chilene die Citizens in Schutz – insbesondere im Vergleich zu Real: "Es gibt große Unterschiede zwischen Real Madrid und Manchester City. Real wechselt den Trainer jedes Jahr. Wenn sie keinen Titel gewinnen, ist der Trainer sofort weg. Für mich ist das nicht der beste Weg. Das ist hier anders. Die Ausrichtung der Vereinsführung ist es nicht, sofort einen neuen Trainer zu holen, wenn man keinen Titel gewinnt. Hier denkt man langfristiger, strategischer."

Tatsächlich waren viele überrascht, dass Pellegrini bei City nach einer titellosen Vorsaison im Amt bleiben durfte. Das dürfte sich im Sommer ändern – egal, ob der Trainer den ein oder anderen Titel einsackt.

Titelchancen vorhanden

Die Chancen, am Saisonende neues Tafelsilber nach Manchester zu holen, sind zumindest realistisch. In der Premier League hat man die Tabellenspitze noch nicht aus den Augen verloren, der Rückstand auf Spitzenreiter Arsenal beträgt derzeit drei Zähler. Im FA Cup geht es am Wochenende gegen Norwich City, das Achtelfinal-Los in der Champions League scheint mit Dinamo Kiev zumindest machbar. Den Grundstein für den ersten Finaleinzug könnten die Skyblues am Mittwochabend im Hinspiel des League-Cup-Halbfinals bei Everton (ab 21:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) legen.

City spielt also alles andere als eine schlechte Saison. Nichtsdestotrotz geht Pellegrini wohl in sein letztes Halbjahr. Eine Situation, die ihm nicht ganz unbekannt ist...

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Jochen Rabe