30.03.2016 14:44 Uhr

Das Rio-Dilemma: DFB mit B-Elf zu Olympia?

Dilemma: May Meyer, Johannes Geis und Leroy Sané dürfen nicht gemeinsam nach Rio
Dilemma: May Meyer, Johannes Geis und Leroy Sané dürfen nicht gemeinsam nach Rio

Im August startet nach 28 Jahren wieder eine DFB-Elf zum Abenteuer Olympia. Wahrscheinlich werden in Rio aber viele der besten U23-Spieler nicht starten können. Trainer Horst Hrubesch steht vor großen Problemen.

Zwischen dem 4. und dem 20 August findet in diesem Jahr das olympische Fußballturnier in Rio de Janeiro statt. Nicht nur dem Trainer der deutschen Olympia-Auswahl, Horst Hrubesch, sondern auch vielen Managern der Bundesligavereine bereitet dieser Termin Kopfzerbrechen. Denn das Turnier stört die Vorbereitung auf die kommende Bundesliga-Saison gewaltig. Sechs Tage nach dem Finale wird in der höchsten deutschen Spielklasse der Ball schon wieder rollen.

Der DFB will ein möglichst wettbewerbsfähiges Team nach Brasilien schicken, ist Deutschland doch erstmals seit 1988 wieder mit dabei. Qualifiziert hat sich das Team durch die Halbfinalteilnahme der U21 bei der Europameisterschaft 2015. In Rio treten U23-Mannschaften gegeneinander an, d.h. in die Auswahl kommen Spieler, die nach dem 1. Januar 1993 geboren sind. Zusätzlich darf jede Mannschaft bis zu drei ältere Spieler nominieren. Den Kern der deutschen Olympia-Mannschaft wird somit die U21-Mannschaft von der EM 2015 bilden, wobei wichtige Stützen des damaligen Teams wie Kevin Volland, Yunus Malli oder Marc-André Terstegen dem U23-Alter bereits entwachsen sind.

Nur zwei pro Team

Das olympische Fußballturnier ist allerdings nicht Teil des FIFA-Rahmenterminkalenders, deshalb besteht für die Vereine keine Abstellungspflicht für ihre Spieler. Hier beginnen Hrubeschs Probleme. Der Trainer ist auf das Wohlwollen der Klubs angewiesen. Um den Vereinen entgegenzukommen, wurde zwischen dem DFB und der DFL ein Kriterienkatalog entwickelt, der einige Nominierungs-Einschränkungen für Horst Hrubesch enthält:

  • Es werden keine Spieler nominiert, die an der Europameisterschaft in Frankreich teilnehmen.
  • Es sollen möglichst keine Spieler nominiert werden, die im Sommer den Verein wechseln, um eine Eingewöhnung in den neuen Klub nicht zu erschweren.
  • Es sollen möglichst keine Spieler von Vereinen nominiert werden, die im August schon in die Champions-League- oder Europa-League-Qualifikation einsteigen.
  • Es sollen möglichst keine Spieler aus der zweiten Liga nominiert werden, da deren Saison bereits am 5. August beginnt.
  • Dazu kommt die vielleicht folgenreichste Einschränkung: Auf einer Managertagung haben sich die Vereinsvertreter darauf geeinigt, dass pro Klub nicht mehr als zwei Spieler abgestellt werden sollen – inklusive Abstellungen für andere Länder.

Die bestmögliche Mannschaft wird somit nicht den Weg über den Atlantik antreten. Vor allem am Schalker Beispiel wird Hrubeschs Dilemma deutlich: Mit U21-Kapitän Leon Goretzka, Max Meyer, Leroy Sané und Johannes Geis tragen gleich vier mögliche Stützen des Olympiateams das Trikot der Knappen. Zusätzlich könnte Pierre-Emile Højbjerg für Dänemark nominiert werden und damit – sollte er auch in der kommenden Saison noch für Schalke spielen – das "Schalke-Kontingent" belasten.

Keine Chance für Lahm und Mertesacker

Große Überraschungen wird es nicht geben, die Kandidaten des erweiterten Kaders wissen bereits von ihrer Olympia-Chance. Denn zum 25. Januar musste der Coach beim IOC eine Liste mit maximal 40 Spielern einreichen, die sich seitdem den Anti-Doping-Regularien unterwerfen müssen. Diese Spieler müssen seit Januar für jeden Zeitpunkt ihren Aufenthaltsort angeben und jeden Tag zwischen 6 und 23 Uhr für Dopingkontrollen zur Verfügung stehen. Die Namen dieser Liste wurden bislang nicht veröffentlicht. Die Hertha-Akteure Niklas Stark und Mitchell Weiser gaben in einem Interview allerdings preis, auf dieser Liste zu stehen.

Nicht dort zu finden sein dürften Philipp Lahm und Per Mertesacker. Beide waren nach dem WM-Titel von 2014 aus der Nationalelf zurückgetreten und hatten leise ihr Interesse an einem Olympia-Ticket über das drei Plätze starke Kontingent der Ü23-Spieler kundgetan. Horst Hrubesch reagierte aber äußerst zurückhaltend auf das Ansinnen der Altstars. Mehrfach hat der ehemalige Stürmer erklärt, diese drei Plätze vornehmlich für diejenigen Spieler aus 2015er U21-Mannschaft zu reservieren, die vor 1993 geboren wurden: "Ich fände es den jungen Spielern, die die Qualifikation nach Rio erst erreicht haben, gegenüber nicht fair, wenn sie nicht die Belohnung erhalten würden, dort auch mitzuspielen", erklärte Hrubesch jüngst.

Bis zum 31. Mai werden aus dem vorläufigen 40er Kader die 18 Olympia-Fahrer ausgesiebt. Dass nicht nur Leistungsgesichtspunkte für die Verteilung der Tickets nach Rio ausschlaggebend sein werden, dürfte die Chancen des DFB-Teams auf Olympia-Gold nicht unbedingt erhöhen.

Ralf Amshove