02.05.2017 09:39 Uhr

Titelwunder: Diese Klubs verblüfften Europa

Andreas Brehme wurde mit dem FCK 1998 sensationell Meister
Andreas Brehme wurde mit dem FCK 1998 sensationell Meister

Am 2. Mai 1998 wurden die deutschen Fans in der Bundesliga Zeuge eines historischen und bisher noch nie dagewesenen Erfolgs. Als Aufsteiger stürmte der 1. FC Kaiserslautern zur Meisterschaft und ließ den FC Bayern, Bayer Leverkusen und den VfB Stuttgart hinter sich. Eine einmalige Geschichte? Mitnichten! Wir haben die Archive der Top-Ligen durchforstet und dabei einige Überraschungsmeister gefunden.

1. FC Kaiserslautern 1997/1998: Rote Teufel schaffen einmaligen Durchmarsch

Bei der Lauterer Meisterschaft in der Saison 1997/98 von einer Sensation zu sprechen wäre schon eine arge Untertreibung. Der Durchmarsch des pfälzischen Aufsteigers zur deutschen Meisterschaft gebührt viel mehr das Prädikat "Märchen".

Bereits am 33. Spieltag feierte der 1. FC Kaiserslautern mit Spielern wie Olaf Marschall und Harry Koch unter Trainer Otto Rehhagel die vorzeitige Meisterschaft. Der damalige Lauterer Andreas Brehme erinnert sich: "Ich feierte zusammen mit dieser fantastischen Mannschaft die größte Sensation, die ich in meiner Karriere erlebt habe."
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VfL Wolfsburg 2008/2009: Magath macht torhungrige Wölfe zum Meister

Erst Ottl, dann Lell und Breno, zuletzt hatte auch Michael Rensing keine Chance: Grafite narrte im Alleingang die komplette bayrische Verteidigung und veredelte mit der Hacke unhaltbar sein Traum-Solo zum 5:1-Endstand gegen den FC Bayern München. Der Höhepunkt der Wolfsburger Meistersaison 2008/09 war perfekt. Zwei Punkte trennten die Wolfsburger nach dem letzten Spieltag vom Zweiten Bayern München.

Die Stützen der Wölfe-Meister waren vor allem in der Offensive zuhause. Das Sturmduo Grafite und Edin Džeko sicherte sich mit 28 bzw. 26 Toren Platz eins und zwei in der Torschützenliste. Dahinter spielte Zvjezdan Misimović die Saison seines Lebens und stellte mit 20 Vorlagen einen neuen Liga-Rekord auf. Über allem stand aber der Vater des Erfolgs – Felix Magath. Der Coach, von VW mit allen Möglichkeiten ausgestattet, mutierte vom ewigen Feuerwehrmann zum "Meisterschleifer".

Überhaupt steckte die Saison voller Überraschungen: Ein Aufsteiger aus Hoffenheim krönte sich zum Herbstmeister. Die Provinz-Mannschaft um Ralf Rangnick und Co. wirbelte die Liga durcheinander und wurde am Ende Siebter. Beim Rekordmeister verlor der einstige WM-Held Jürgen Klinsmann seinen Nimbus und ging schließlich als Trainer-Flop in die Geschichte ein.
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Deportivo La Coruña 1999/2000: Makaay und Co. düpieren die Konkurrenz

Die Favoriten auf die spanische Meisterschaft sind meist schnell genannt: Zwei Vereine aus Madrid und der FC Barcelona. Höchstens Valencia und der FC Sevilla können ab und an die Dominanz der großen Drei ankratzen. Nicht so im Jahr 2000. Zur Jahrtausendwende war Deportivo La Coruña eine bedeutende Nummer im spanischen Fußball.

Im Mittelfeld zogen die Brasilianer Mauro Silva und Djalminha die Fäden, vorne traf Roy Makaay wie am Fließband. Am Ende der Saison hatte man Vizemeister Barcelona auf fünf Punkte distanziert. Danach ging es aber kontinuierlich bergab. Nach mehreren Ab- und Aufstiegen spielt man mittlerweile immerhin weider in der Primera División.
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Blackburn Rovers 1994/1995: Auf Pokalfrust folgt Feierlust

Leicester City ist nicht der einzige Klub, der die Premier League zum Erstaunen brachte. Noch heute erinnern sich die Fans der Blackburn Rovers wehmütig an die Spielzeit 1994/95. Dabei hatte sie denkbar ungünstig begonnen: Die Rovers flogen frühzeitig aus dem UEFA-Pokal, dem FA Cup und dem Ligapokal. Zunächst ein Schock, doch letztlich eine glückliche Fügung. Durch die fehlende Mehrfachbelastung konnte sich das Team ausschließlich auf die Meisterschaftsspiele konzentrieren und führte die Tabelle nahezu durchgehend vor Konkurrent Manchester United an.

Dramatik pur dann am letzten Spieltag: Die Rovers unterlagen überraschend 1:2 gegen Liverpool, der Titel schien futsch. Doch dann wurde bekannt, dass United mit einem 1:1 bei West Ham United ebenfalls gepatzt hatte - Blackburn gewann den ersten Meistertitel seit 1914. Einer der Köpfe des Erfolgs: Klubbesitzer Jack Walker, der den Verein nur fünf Jahre nach seiner Übernahme vom Zweitliga-Abstiegskandidaten zum englischen Meister entwickelt hatte. Von jenem Glanz ist heute allerdings nicht mehr viel zu spüren: Die Rovers dümpeln seit Jahren im Niemandsland der zweitklassigen Championship herum.
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HSC Montpellier 2011/2012: Ein Zwergenklub schnuppert Höhenluft

Nach Ende der Übermacht von Olympique Lyon, das die Ligue 1 zwischen 2001 und 2008 sieben Jahre lang praktisch konkurrenzlos dominiert hatte, entstand in der Folge ein buntes Wechselspiel an der Spitze. Erst Bordeaux, dann Marseille und schließlich Lille sicherten sich nacheinander den Titel. In diese Riege gesellte sich ein Klub, der zuvor nur knapp dem Abstieg entgangen war: HSC Montpellier, ein kleiner Verein aus der Studentenstadt an der Mittelmeerküste.

Angeführt von heutigen Top-Stars wie Olivier Giroud, Younès Belhanda und Mapou Yanga-Mbiwa spielte der Zwergenklub 2011 von Beginn an um den Titel mit, woraus sich nach und nach ein Zweikampf mit dem frisch aufgepeppelten Paris Saint-Germain entwickelte. Am 29. Spieltag übernahm Montpellier schließlich die Führung und gab diese bis zum Saisonende nicht mehr ab. Selbst ein wegen Zuschauerausschreitungen mehrfach unterbrochenes Match am letzten Spieltag in Auxerre konnte die Mannschaft von Trainer René Girard nicht aus der Bahn werfen - die Sensation war perfekt.
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Sampdoria Genua 1990/1991: Das ligurische Wunder

Den bis heute größten Erfolg der Vereinsgeschichte feierte der ligurische Traditionsverein Sampdoria Genua im Sommer 1991: Mit fünf Zählern Vorsprung vor den Mailänder Spitzenklubs sicherten sich die Blucerchiati überraschend den Scudetto. Durch den wundersamen Triumph wurden damalige Schlüsselspieler wie Gianluca Pagliuca, Gianluca Vialli, Roberto Mancini oder Trainer Vujadin Boškov für die Fans zu unsterblichen Legenden.
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Hellas Verona 1984/85: Die "Walz von der Pfalz" liefert

Erst drei Jahre zuvor stieg das Team in die Serie A auf und gewann 1985 mit Hans-Peter Briegel - der "Walz von der Pfalz" - die erste und bisher einzige Scudetto des Vereins. Briegel wurde daraufhin in Deutschland als erster "Fußballer des Jahres" außerhalb der Bundesliga geehrt.
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Bursaspor 2009/10: Fenerbahçes legendärer Fauxpas

Seit 1984 spielen die drei großen Vereine Fenerbahçe, Galatasaray und Beşiktaş aus Istanbul normalerweise die Meisterschaft unter sich aus. Nur Bursaspor sorgte in den letzten 32 Jahren ein Mal für Abwechslung. Es half aber auch ein kleines Quäntchen Glück: Weil der Stadionsprecher von Fenerbahçe in den letzten Minuten fälschlicherweise verkündete, dass Bursaspor nur Unentschieden gespielt hatte, verwaltete Fenerbahçe das eigene Unentschieden nur noch - ein Tor hätte gereicht und Fener wäre an Bursaspor vorbeigezogen.
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FC Midtjylland 2014/15: Mit dem Rechenschieber zum Titel

Die größte Überraschung der jüngsten Vergangenheit. Der FC Midtylland wurde erst 1999 durch den Zusammenschluss zweier Vereine gegründet und sorgte vor allem durch den Einbezug mathematischer Modelle in die Transferpolitik für Aufsehen. In der Saison 2014/2015 ging die Rechnung erstmals auf: Midtylland sicherte sich den ersten dänischen Titel der Vereinsgeschichte.
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Nottingham Forrest, 1977/78: Der Durchmarsch

Als Brian Clough 1975 das Traineramt übernahm, konnte niemand ahnen, dass Nottingham Forrest in den folgenden drei Jahren den englischen und europäischen Fußball erobern würde. Direkt nach dem Aufstieg aus der zweiten englischen Liga gelang Nottingham der Gewinn der englischen Meisterschaft 1978.

Zwischen November 1977 und Dezember 1978 blieb das Team saisonübergreifend in 42 Ligaspielen ungeschlagen - ein Rekord, der erst 2004 vom FC Arsenal gebrochen werden konnte. In den beiden folgenden Jahren gewann Nottingham sogar den Europapokal der Landesmeister.
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Leicester City, 2015/16: Das größte Wunder im Mutterland

Jamie Vardy, Riyad Mahrez und N'Golo Kanté hießen die Helden des Leicester City Football Club, der den millionenschweren Topklubs aus London und Manchester in der Saison 2015/16 zeigte, dass man auch mit vergleichsweise geringen Mitteln gegen die Schwergewichte der Branche bestehen kann.

Die Foxes spielten sich in einen wahren Rausch, hatten am Ende der Spielzeit die beste Heim- und beste Auswärtsbilanz und verzückten mit ihrem Stil die gesamte Fußball-Welt. Trainer Claudio Ranieri fand für jedes Problem die passende Antwort und eroberte mit seinem Charme die Sympathien auf der Insel. Die Folge war die erste und bisher einzige Meisterschaft des Klubs.
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