06.04.2016 14:31 Uhr

Happy Birthday: Die MLS wird 20!

Der Zuschauerzuspruch steigt in der MLS von Jahr zu Jahr
Der Zuschauerzuspruch steigt in der MLS von Jahr zu Jahr

1996 wurde die amerikanische Fussballliga gegründet, 2016 befindet sie sich auf dem bisherigen Höhepunkt. Diese Entwicklung war lange Jahre jedoch alles andere als absehbar. weltfussball blickt auf 20 Jahre MLS.

"Das wachsende Interesse an diesem Sport ist ein Zeichen für den moralischen Verfall unserer Nation!", wettert die erzkonservative amerikanische TV-Moderatorin Ann Coulter gegen ihre fußballbegeisterten Landsleute noch während der WM 2014. Kurze Zeit später kauft ihr Sender Fox die TV-Rechte an der MLS für 720 Millionen Dollar bis 2022. Coulter hat den aussichtslosen Kampf gegen den Fussball in den USA also verloren, aber wie kam es dazu?

Die Reise beginnt im Jahr 1988. Die USA bekommen von der FIFA den Zuschlag für die Austragung der WM 1994, doch nur unter bestimmten Auflagen: Es muss eine landesweite, professionelle Fussballliga gegründet werden. Frühe Versuche, in Amerika Profiligen zu etablieren sind trotz der Verpflichtung von Legenden wie Pelé oder Franz Beckenbauer gescheitert. Die US Soccer Federation sagt trotzdem zu und nach einigen Verschiebungen gehen 1996 die ersten zehn Teams an den Start.

Holpriger Start

Zunächst ist das Interesse groß, auch dank Kult-Spielern wie Carlos Valderrama, aber nach und nach bleiben die Zuschauer fern. Zum einen liegt das an unpassenden Spielstätten: Die US-Teams spielen anfangs in den viel zu großen American-Football-Stadien, die nie richtig voll sind, wodurch die Stimmung ausbleibt. Zum anderen ändert die USSF ständig das Regelwerk: Zeitweise werden Unentschieden zugunsten von entscheidenden Elfmeterschießen abgeschafft, Sieger bekommen nur noch einen Punkt für einen Erfolg oder die Spielzeit ist auf exakt 90 Minuten ohne eine Sekunde Nachspielzeit begrenzt, kontrolliert durch eine herunterlaufende Uhr.

Rund um die Jahrtausendwende ist der Fussball in den USA praktisch tot. Niemand interessiert sich für den Sport, die Liga findet keinen Abnehmer für die TV-Rechte, selbst die Anstellung von Lothar Matthäus kann nicht mehr helfen. Die MLS machte bis 2002 einen Verlust von 350.000.000 US-Dollar, erste Teams wurden eingestampft.

Wie der Phoenix aus der Asche

Doch nach der WM 2002 geht es plötzlich bergauf: Erst im Viertelfinale scheitert die US-Nationalmannschaft an Deutschland und bringt die Fussballbegeisterung zurück ins Land. Junge Spieler sorgen weltweit für Aufsehen, wie etwa der millionenschwere Wechsel vom heutigen Nationaltorwart Tim Howard zu Manchester United oder das Debüt des erst 14-jährigen Freddy Adu 2004. Die Übernahme der offiziellen FIFA-Regeln im Jahr 2003 macht das Spiel für Zuschauer wieder attraktiver, mit den CD Chivas, Real Salt Lake und Houston Dynamo entstehen wieder neue Teams, außerdem werden eigene Stadien gebaut.

Der entscheidende Kick kommt aber 2007. Mit viel Mediengetöse wechselt Superstar David Beckham von Real Madrid zu LA Galaxy und hat dabei große Pläne im Gepäck: "Ich will den Fußball in den USA auf ein neues Niveau heben! Der Sport kann hier größer werden, als sich das irgendjemand vorstellt." Für den Engländer wird sogar eine Sonderregel aus dem Boden gestampft: Vor seiner Verpflichtung bestimmt der Salary Cap, dass die Kaderkosten maximal knapp vier Millionen Dollar betragen dürfen. Seit 2007 darf jede Mannschaft drei "Designated Players" einstellen, die mehrere Millionen verdienen können.

Der Anflug der Stars

Diese Regeländerung lockt seitdem einige Stars ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Aktuell sind beispielsweise Frank Lampard, Steven Gerrard, Andrea Pirlo, David Villa, Didier Drogba oder auch der US-amerikanische Superstar Clint Dempsey in der MLS aktiv. Auch der ehemalige Weltfussballer Kaká spielt seit 2015 in den Staaten: "Das war mal eine Liga, in der man seine Karriere beendet, aber David Beckham hat das geändert. Er kam im Alter von 32 Jahren, hatte noch ein hohes Niveau. Und jetzt wechseln sogar Spieler hier her, die jünger als 30 Jahre sind."

Die neuen Stars und damit das neue Niveau locken auch die Zuschauer zurück in die vielen ebenfalls neuen Arenen. Im März 2015 zieht das Spiel von Kakás Orlando gegen New York mehr als 63.000 Fans in die Arena, über 21.100 Zuschauer kommen im Schnitt in der vergangenen Saison, deutlich mehr als in der NBA (17.800). Zuweilen bilden sich sogar richtige Fanszenen und Ultragruppierungen, wie etwa bei den Seattle Sounders oder den Portland Timbers.

Die rasante Entwicklung der MLS in den USA ist jetzt wohl nicht mehr aufzuhalten. Neulich twitterte Ann Coulter erneut über Fussball: "Die deprimierendste Neuigkeit seit Präsident Obama wiedergewählt wurde: Ein Spiel der Frauenfussball-Nationalmannschaft hatte mehr Zuschauer als das Kentucky Derby." Sie sollte sich besser schon einmal daran gewöhnen.

Mehr dazu:
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Benedikt Strickmann