27.04.2016 16:31 Uhr

Die Sonne scheint wieder auf Gran Canaria

Der Altstar Valerón (r.) hilft Las Palmas mit seiner Aura
Der Altstar Valerón (r.) hilft Las Palmas mit seiner Aura

Das Überraschungsteam in der Rückrunde der Primera División heißt UD Las Palmas. Die Insulaner von Gran Canaria lagen Ende Februar noch auf Platz 18 – und fingen dann plötzlich an zu gewinnen. Warum? Das weiß niemand so genau…

Einen Tag nach der 0:4-Klatsche bei Getafe lag Las Palmas am Boden. Der Aufsteiger war nach 13 Jahren Abwesenheit, einigen Dramen und Finanzkrisen erst im Sommer in Spaniens erste Liga zurückgekehrt und fand sich dort nach nur einem Sieg aus den ersten acht Spielen in der harten Realität wieder. Bloß aufgrund des besseren Torverhältnisses stand die Mannschaft nur auf dem zweitletzten Platz. Für den Aufstiegs-Trainer Paco Herrera war es das letzte Spiel mit den ʺGelben", auf den Katalanen folgte der Fußball-Ästhet Quique Setién.

Wie die Faust auf's Auge

Der neue Mann an der Seitenlinie plante eigentlich gerade eine Auszeit vom Geschäft, doch die Aufgabe Las Palmas passte zu einfach zu gut: Wie der 57-Jährige stehen die Insulaner seit jeher für technisch versierten Fußball und eine gute Nachwuchsförderung. Stars wie David Silva oder Jesé haben ihre Wurzeln ebenso in Las Palmas wie Juan Carlos Valerón. Nach 13 Jahren bei Deportivo La Coruña wechselte der Altmeister zurück nach Gran Canaria und ist mit 40 Jahren immer noch Teil der Mannschaft.

Mit Setién ging es zwar spielerisch rasch aufwärts, die Ergebnisse blieben jedoch unbefriedigend. Bis zum 26. Februar. Im baskischen Städtchen Eibar leitete Las Palmas mit einem umkämpften 0:1-Auswärtssieg die Wende ein. Seitdem geht es steil bergauf: Sieben der letzten zehn Spiele haben die Aufsteiger gewonnen und fegten dabei unter anderem Getafe und am letzten Wochenende Espanyol mit 4:0 aus dem eigenen Stadion. Den Weltstars vom FC Barcelona boten sie bei der 1:2-Niederlage lange die Stirn, gegen Real Madrid mussten sie erst in der letzten Minute das entscheidende Gegentor hinnehmen. Las Palmas hat sich hochgekämpft und plötzlich 43 Punkte auf dem Konto, nur einen weniger als der Topklub Valencia CF.

Bleibt der "Zauberer"?

Woran diese plötzliche Leistungsexplosion liegen könnte, fragen sich nun auch viele Experten. Es lässt sich kein herausragender Akteur finden, es hat sich im Team nichts verändert, es kam kein Heiland zur Winterpause. Valerón, der einzige große Name in der Mannschaft, wird vom Coach eher dosiert eingesetzt - klar, denn der "Zauberer von Arguineguin" ist der aktuell älteste Feldspieler der sechs Top-Ligen Europas, da reicht die Kraft nicht mehr über die vollen 90 Minuten. Setién ist trotzdem froh um die wirkungsvolle Aura des Altmeisters.

Diese Saison stand für Valerón eher im Zeichen einer Abschiedstournee, doch die könnte sich jetzt verlängern: "Ich möchte es dieses Jahr genießen, bei diesem Team zu sein und zu helfen. Vielleicht ist es mein letztes Jahr, aber es kann auch Gründe geben, aus denen ich weiterspielen könnte. Ich fühle mich stark", sagte der Spielmacher kürzlich im Interview mit "UEFA.com". Wenn von "Gründen" die Rede ist, geht es erfahrungsgemäß um den Ligaverbleib. Den hat Las Palmas durch die unglaubliche Serie bereits jetzt vorzeitig gesichert. Es liegt nun also beim "Zauberer".

Benedikt Strickmann