19.05.2016 14:46 Uhr

Gomez: "Ich möchte keine Minute missen"

Mario Gomez schaut zuversichtlich nach vorne
Mario Gomez schaut zuversichtlich nach vorne

Mario Gomez hat nach einigen Seuchenjahren bei Beşiktaş wieder zurück zu alter Stärke gefunden und dürfte sicher mit zur EM nach Frankreich fahren. Im Interview spricht er über die anstehende Endrunde, die schwere Zeit nach der Nicht-Nominierung für die WM und seine sportliche Zukunft.

Herr Gomez, wie glücklich sind Sie über die Nominierung in den vorläufigen EM-Kader?

Ich bin absolut happy. Ich habe viel Aufwand betrieben, um es zu erreichen, und ich bin froh, dass es geklappt hat.

Sind Sie besonders erleichtert, weil Sie bei der WM 2014 einmal 'aussetzen' mussten?

Ich war ja nicht weg vom Fenster und bin nun plötzlich nominiert worden. Man bekommt über die Monate schon ein Gefühl dafür, ob es klappen könnte. Aber wie gesagt, die Bestätigung macht mich schon happy.

Haben Sie - vielleicht aus Ihrer Erfahrung heraus - noch Sorge, vielleicht einer der vier Kandidaten zu sein, die Bundestrainer Joachim Löw vor der EM noch streichen muss?

Es kommt alles so, wie es kommt. Insgesamt ist die Nationalmannschaft für mich inzwischen absolut ein Bonus, weil ich zeitweise ganz weit weg davon war und jetzt wieder so etwas wie mittendrin bin. 2014 hat man gesehen, dass der Einzelne nicht wichtig ist.

Haben Sie am Dienstag mitgefühlt mit Kollegen wie Christoph Kramer oder Ron-Robert Zieler, die guter Dinge bezüglich einer Nominierung waren und dann eine Absage bekamen?

Ja, ich kann mit ihnen mitfühlen. Ich kann mich noch sehr gut an den Anruf von Joachim Löw 2014 erinnern. Obwohl es bei mir eine andere Situation war. Ich habe damals nicht wirklich damit gerechnet, dabei zu sein. Ich hatte keinen Rhythmus, weil ich sieben Monate verletzt war, deshalb war es keine große Überraschung für mich. Aber es ist trotzdem hart. Etwas ahnen und es dann hören, sind zwei Paar Schuhe. Das ist kein schöner Moment, da braucht man schon ein bisschen, um das zu verdauen.

Wir gehen sehr davon aus, dass Ihnen eine solche Mitteilung diesmal erspart bleibt und Sie in Frankreich dabei sein werden. Mit welchem Ziel werden Sie die EURO angehen, nachdem Sie 2012 im Halbfinale standen und nur wegen ein paar Spielminuten mehr den Goldenen Schuh als bester Torschütze verpassten?

Mein Ziel ist es, Europameister zu werden und meinen Teil dazu beizutragen. Ich werde in jeder Trainingseinheit voll powern und dann ist es die Entscheidung, des Bundestrainers, wie lange er mich braucht. Wenn es drei Minuten sind, sind es drei. Wenn es 20, sind, sind es 20. Wenn es mehr sind, sind es mehr. Und wenn es keine Minute ist, ist es eben leider keine Minute. Fakt ist: Ich bin sehr motiviert, weil ich gesehen habe, wie es einen runterziehen kann, wenn man nicht fit ist. Aber ich habe in meiner ganzen Karriere nie mein Ego obenan gestellt, und das tue ich jetzt erst recht nicht.

Das Endspiel in Paris steigt am 10. Juli, Ihrem 31. Geburtstag. Wäre das ein ganz besonderes Happy End?

Das wäre wunderschön, keine Frage.

War es im Nachhinein die absolut richtige Entscheidung, nach zwei schweren Jahren in Florenz zu Beşiktaş gegangen zu sein?"

Ich werte normalerweise keine Entscheidungen von vor ein oder zwei Jahren. Aber ja, ich bin glücklich darüber, wie es letztlich gelaufen ist. Und ich bin glücklich, dass mein Bauchgefühl mich richtig geleitet hat.

Sie wirken sehr entspannt. Sind sie nun mit 30, nach allen Höhen und Tiefen, so richtig angekommen?

Angekommen bin ich vor zwölf Jahren, als ich Profi wurde. (lacht) Ich bin nicht der einzige Spieler, der Höhen und Tiefen hatte. Im Endeffekt soll wohl alles so sein und alles hat seinen Sinn. Ich möchte keine Minute meiner Karriere missen."

Joachim Löw hat zuletzt gesagt, Sie hätten Ihr "Näschen für Tore" wiedergefunden. Kann man das als Stürmer einfach verlieren und wiederfinden oder hängt das mit vielen Faktoren wie Fitness zusammen?

Im Fußball fallen sicher mehr Tore, wenn man eine gute Form hat. Ich fühle mich im Moment super, ich habe in dieser Saison nicht eine einzige Trainingseinheit verpasst. Und wenn ich mich gut fühle, bin ich immer in der Lage, Tore zu erzielen.

Sie haben eben angedeutet, dass Ihre Karriere auf die Zielgerade einbiegt. Wie lange haben Sie grundsätzlich noch vor, zu spielen?

Das ist noch ganz weit weg. Und planen tue ich sowieso nichts mehr.

Haben Sie sich einen bestimmten Zeitraum für diese Entscheidung gesetzt oder hätten Sie auch kein Problem, in die EM zu gehen, ohne dass die Entscheidung gefallen ist?

Mein Berater wird sich in den kommenden Tagen und Wochen damit auseinandersetzen. Am Ende muss die richtige Entscheidung stehen.

Ist für Sie, in diesem Sommer oder später, eine Rückkehr in die Bundesliga denkbar?

Diese Frage stellt sich für mich aktuell nicht, denn zunächst wird es Gespräche mit Florenz und Beşiktaş geben. Ich hatte bislang ein unbeschreibliches Jahr hier und habe wieder zurück zu alter Stärke gefunden.