27.05.2016 11:39 Uhr

Schweiz: Mit Sorgenfalten nach Frankreich

Granit Xhaka (l.) und Xerdan Shaqiri sind die Stars der Schweiz
Granit Xhaka (l.) und Xerdan Shaqiri sind die Stars der Schweiz

Während hierzulande die Vorfreude auf die EM ins Unermessliche steigt, herrscht in der Schweiz Melancholie. Die Eidgenossen glauben selbst kaum an ein Weiterkommen ihrer "Nati". Die ist zwar nur ein Schatten ihrer selbst, will aber überraschen.

Seine persönliche EM-Rechnung hat der Schweizer Nationaltrainer Vladimir Petkovic schon gemacht. Zwei Siege in den ersten beiden Gruppenspielen gegen Albanien und Rumänien - dann wäre der erstmalige Einzug einer Schweizer Nationalmannschaft in die K.O.-Runde einer EM geschafft. "Dann können wir neue Ziele formulieren und Geschichte schreiben", sagte Petkovic: "Man soll sich in ein paar Jahren daran erinnern, dass wir gute Arbeit geleistet haben."

Doch so einfach der Plan des Nachfolgers von Ottmar Hitzfeld scheint, so schwierig wird er wohl umzusetzen sein. Denn von EM-Euphorie ist in der Schweiz derzeit nicht viel zu spüren. "Eine Therapiegemeinschaft voller Sorgenkinder" sei die Nationalmannschaft, schrieb die Boulevardzeitung "Blick" zuletzt. Und auch der "Tagesanzeiger" beschied, dass die Schweizer Fußballer derzeit ein "schwaches Bild" abgeben würden.

Abhängig von Shaqiri und Xhaka

Denn trotz des "riesigen Entwicklungspotenzials", das Hitzfeld dem Team nach der erfolgreichen Qualifikation zusprach, überzeugten die Schweizer zuletzt nur bedingt. Die Probleme sind dabei vielschichtig. Die Innenverteidigung zeigte sich in jüngster Zeit alles andere als sattelfest. Zudem konnte Linksverteidiger Ricardo Rodriguez vom VfL Wolfsburg in dieser Saison so gut wie nie an die Form des Vorjahres anknüpfen.

Im Mittelfeld wird wohl Arsenals Neuzugang Granit Xhaka die Fäden ziehen. Damit beerbt der Ex-Gladbacher den langjährigen Kapitän Gökhan Inler. Der steht nicht mal im vorläufigen EM-Aufgebot. Doch auch Xhaka muss erst noch nachweisen, dass er in den Länderspielen die Leistungen bringen kann, die ihn auf Vereinsebene so attraktiv machten. 

Doch das größte Problemkind ist wohl die Offensive. Dort konzentriert sich alles auf den ehemaligen Bayern-Akteur Xherdan Shaqiri. Ist der außer Form oder gar verletzt, fehlen der Schweiz im Spiel nach vorne Mittel und Wege. 

Coach Petkovic wackelt

"Wir können eine Überraschung schaffen, das haben wir bei der WM schon gezeigt. Ich denke, dass wir auch bei der EM eine gute Figur abgeben werden", sagte Rodriguez dennoch. Wie so oft haben die Schweizer den Status eines Geheimtipps inne. Bislang allerdings lautete das Urteil noch immer: Gut gespielt, aber im entscheidenden Moment nicht kaltschnäuzig genug gewesen.

Wie bei der WM vor zwei Jahren in Brasilien, als die Schweizer im letzten Spiel unter Hitzfeld erst in der Verlängerung unglücklich am späteren Finalisten Argentinien scheiterten. Hitzfeld nahm anschließend unter Tränen seinen Hut, doch sein Nachfolger hat es bei Weitem nicht geschafft, auch nur ansatzweise an die Popularität des langjährigen Bayern-Trainers heranzukommen.

In der Schweiz wird Petkovic sogar bereits als einer der Ursachen für die schwachen Auftritte ausgemacht. Mit seiner schroffen Art soll er sich innerhalb der Mannschaft nur wenig Freunde gemacht haben. Sollte die "Nati" in der Vorrundengruppe mit Albanien, Rumänien und Gastgeber Frankreich scheitern, wird sein Stuhl wackeln. Schon jetzt wird über einen möglichen Rauswurf nach der EM spekuliert - und das obwohl Petkovics Vertrag gerade erst bis 2018 verlängert wurde.