16.06.2016 23:33 Uhr

Noten: Hummels back in business

Mats Hummels und Jérôme Boateng konnten defensiv überzeugen
Mats Hummels und Jérôme Boateng konnten defensiv überzeugen

Dem ersten 0:0 dieser Europameisterschaft mangelte es, wie es das Ergebnis vermuten lässt, an glasklaren Torraumszenen. Ohne echten Mittelstürmer fand die DFB-Elf selten ein Durchkommen gegen tiefstehende Polen. Kein Wunder also, dass die Erkenntnis des Abends lautet: Hummels und Boateng, das klappt. Die deutschen Spieler in der Einzelkritik:

Tor:

Manuel Neuer: Was sol man sagen? Manuel Neuer meisterte seine wenigen charakteristischen Ausflüge absolut souverän, musste ansonsten jedoch eigentlich nicht eingreifen. Note: 3,0

Abwehr:

Jonas Hector: Der einzige Akteur auf dem Rasen, der sich wohl noch sehnlicher einen Mario Gomez in der Strafraummitte gewünscht hätte, war wohl nur Gomez selbst. Immer wieder hinterlief Hector mustergültig Draxler, bekam das Leder von diesem serviert, stand dann mutterseelenallein an der Eckfahne und wusste nicht mehr weiter. Eine starke, flache Hereingabe auf Özil verpasste dieser in der 24. Minute. Defensiv nicht ganz ohne Fehler. Hatte Glück, dass es nicht klingelte, als er in der 46. Minute Grosicki aus den Augen verlor und dessen Hereingabe keinen Abnehmer fand. Als Gomez in der 72. Minute kam, blieben die Flanken leider aus. Note: 3,5

Jérôme Boateng: Sobald ein Hauch polnischer Offensivkunst keimte, war der Vorzeige-Athlet zur Stelle und erstickte die Gefahr. Der Münchner verlor einmal mehr fast keinen Zweikampf, beschränkte sich mit Hummels an seiner Seite jedoch häufiger auf das reine Abräumen. Den ein oder anderen langen Zauberball auf die Außen hatte Boateng dann allerdings doch im Köcher. Klärte in der 59. überragend gegen Lewandowski. Note: 2,0

Mats Hummels: In den ersten Minuten merkte man dem künftigen Bayern-Ass, vor allem bei einigen Eins-zu-Eins-Situationen mit Lewandowski, durchaus noch an, dass ihm die Spielpraxis fehlt. Dann drehte Hummels auf: In der 22. Minute verhinderte Hummels Schlimmeres, als er beherzt vor dem einschussbereiten Arkadiusz Milik klärte. Größte Defensivtat: eine brillante und faire Grätsche gegen den enteilten Milik in der 51. Minute. Mit zunehmender Spieldauer stieg auch das Selbstvertrauen des 27-Jährigen, der mehr und mehr seine gewohnte Rolle als Spieleröffner einnahm. Hebelte in der 46. Minute mit einem starken Pass auf Götze das komplette polnische Abwehrbollwerk aus. Note: 2,5

Benedit Höwedes: "Ich werde kein Dani Alves mehr", stellte Höwedes vor dem Turnierbeginn klar und trifft den Nagel damit punktgenau auf den Kopf. Nachhaltig unterstrich Höwedes diese Aussage in der 86. Minute, als er das Leder im Strafraum in den Fuß gespielt bekam, dann jedoch in seinen Gegenspieler rannte. Defensiv war der Schalker allerdings eine Bank und verlor in der ersten Halbzeit keinen Zweikampf. Das ist beeindruckend, ist solide, reicht gegen meist harmlose Polen jedoch nicht. Note: 3,5

Mittelfeld:

Toni Kroos: Löws "Fixpunkt" agierte erneut als Dreh- und Angelpunkt in der Zentrale und war sich für keinen Zweikampf zu schade. Die ganz große zündende Idee wollte dem Real-Regisseur aber auch nicht einfallen. Das Leder mit nahezu blinder Sicherheit zu verteilen, reicht halt nicht immer. Note: 4,0

Sami Khedira: Khedira gehörte die erste nennenswerte Szene des Spiels, als er sich nach drei Minuten für das Team opferte, einen potentiellen Konter mit einem taktischen Foul an der Mittellinie stoppte und sich zurecht den gelben Karton einfing. Ansonsten stark in der Balleroberung, aber unglücklich in der Offensive: Als der Juve-Kicker sich nach 44 Minuten endlich ein Herz fasste, jagte er das Leder meilenweit am Tor von Łukasz Fabiański vorbei. Grätschte in der 69. Minute an einer Hereingabe vorbei und konnte so eine Großchance der Polen nicht verhindern. Note: 4,5

Mesut Özil: Seit der WM 2010 bereitete Mesut Özil bei jedem großen Turnier mindestens einen Treffer vor, hat damit acht Vorlagen auf seinem Konto und übertrumpft in diesem Zeitraum alle anderen aktiven Kicker. Auf einen Geniestreich des Spielmachers musste man gegen Polen allerdings vergeblich warten. Auffälligste Szene: Ein solider Abschluss nach einer Schürrle-Hereingabe in der 69. Minute, dem es an der letzten Genauigkeit fehlte. Note: 4,0

Thomas Müller: Müller Biss, rannte, fightete und hätte mit seiner Energie wohl jedes Duracel-Häschen abgehängt; offensiv mühte sich der 26-Jährige, als Alleinunterhalter auf der rechten Seite, allerdings weitestgehend umsonst ab. Exemplarisch: In der 16. Minute schnappte sich der Bayer zuerst das Leder von Piszczek und servierte knallhart auf Kroos, der den Ball am Tor vorbeijagte. Note: 3,0

Julian Draxler (bis zur 72. Minute): Draxler beackerte bis zu seiner Auswechslung die linke Seite und vermittelte dabei zumindest den Eindruck, dass er das Angriffsspiel des DFB tragen wollte. Mit dem Rücken zum Tor bot sich der Wolfsburger nahezu immer an und scheute dabei auch nicht den Körperkontakt mit der polnischen Defenisve. Meist endeten Draxlers Dribblings allerdings kaum das sie begonnen hatten. Glänzte mit einer mustergültigen Hereingabe auf Götze in der 4. Minute. Note: 3,5

André Schürrle (ab der 66. Minute): Löws Lieblingsjoker belebte die Partie sofort nach seiner Einwechslung. So schnell wie sich Schürrle im Spiel einfand, verpuffte sein Elan aber auch wieder. Insgesamt unauffällig. Ohne Note

Sturm:

Mario Götze (bis zur 66. Minute): Nach vier Minuten landete eine Draxler-Flanke auf dem Kopf (!) der "falschen Neun", die die Pille wohl vor Schreck aus kurzer Distanz über den Querbalken lenkte. Für mehr Gefahr sorgte der Siegtorschütze des WM-Finales nur, als er den Ball in der 37. Minute, im Abseits stehend, an den Pfosten jagte. Ansonsten wuselte Götze mal links, mal recht und mal hinter der nicht vorhandenen Spitze, ohne wirklich glücklich zu wirken. In der 47. Minute vergab Götze aus recht spitzem Winkel frei vor Fabiański. Insgesamt fehlte der absolute Wille. Note: 4,0

Mario Gomez (ab der 72. Minute): Das Publikum forderte den echten Mittelstürmer ab der 60. Minute vehement und Bundestrainer Löw ließ sich erweichen. Die erhofften Flanken auf den Torschützenkönig der türkischen SüperLig blieben allerdings aus - das galt auch für Abschlüsse von Gomez. Ohne Note