21.06.2016 14:54 Uhr

Copa: Geschichte zum Greifen nahe

Jürgen Klinsmann hat das Finale von New Jersey fest im Blick
Jürgen Klinsmann hat das Finale von New Jersey fest im Blick

Jürgen Klinsmann hat Recht behalten: Sein Team hat es unter die besten vier Nationen der Copa América geschafft und steht nun dem 14-fachen Sieger Argentinien gegenüber. Einen Tag später trifft das Überfallkommando aus Chile auf Kolumbien. Wer greift nach der heißersehnten Trophäe?

USA vs. Argentinien: One Nation gegen One Messi (am Mittwoch ab 03:00 Uhr im weltfussball-Liveticker)

USA: Fragezeichen statt Sorgenfalten

Ein Typ wie Jürgen Klinsmann schaut nicht auf den Gegner. Argentinien oder Venezuela, das ist egal. Mit oder ohne Stammkräfte wie Jones, Wood und Bedoya - die Vorbereitung auf den Gegner bleibt dieselbe. Kapitän Michael Bradley unterstreicht die Vorgabe des Trainers: "Es ändert nichts. Es ist ein Halbfinale. Eine Chance, in unserem Land ins Finale zu kommen." Messi oder nicht, die "One Nation" ist fokussiert - auf sich.

Doch die Ausfälle wiegen schwerer als es die Verantwortlichen zugeben. Besonders bitter ist, dass das Trio aufgrund teilweise fragwürdiger Sperren fehlen wird. Der Einspruch des US-Verbandes gegen die Strafen für Ex-Schalker Jones und Neu-Hamburger Woods wurde am Sonntag abgelehnt.

Wer rückt nun in die erste Elf? Newcomer Darlington Nagbe und Christian Pulisic oder die Veteranen Kyle Beckerman und Graham Zusi? Mit Sicherheit greift Klinsmann auf einen Akteur zurück, der sich in Bestform präsentiert: Clint Dempsey markierte drei Mal das Führungstor für die USMNT. Hinzu kommen drei Assists - Dempsey ist wichtiger denn je.

Argentinien: Der stolze Fußballnabel der Welt

Wer Lionel Messi hinterherjagt, ist zumeist Nebensache. Hauptsache, irgendjemand tut es überhaupt. Ansonsten ist der Top-Star mit der wohl besten Mannschaft der Welt nicht aufzuhalten. Eindrucksvoll war ihr Auftritt in den USA bisher allemal: Vier Spiele, vier Siege, vierzehn zu zwei Tore - ein perfektes Turnier.

Perfekt? Nein, noch lange nicht. Nachdem die Albiceleste in den letzten Jahren zwei Finals verlor, zählt das Halbfinalticket rein gar nichts. Messi steht also wieder im Fokus. Doch Druck spürt er nicht - im Gegenteil, der Floh nutzte seine bisher 164 Copa-Minuten spektakulär: Vier Tore, zwei Assists und jede Menge Spielfreude sorgten für verzückte Mienen.

Trainer Gerardo Martino ist begeistert: "Ich bin stolz. In den drei Jahren unter meiner Regie haben wir drei Turniere gespielt. Bis auf zwei Spiele waren wir sehr gut, doch die Spieler sind immer noch voll Hoffnung und Selbstvertrauen. Wir wachsen und das macht mich Stolz."

Prognose: Während alle Welt auf Messi schaut, wollen die US-Boys angreifen. Die Abwehr um Otamendi und Funes Mori wurde noch nicht wirklich geprüft und wackelte ab und an gegen Venezuela. Die Hoffnungen ruhen also auf Dempsey und den Ersatzspielern, die das Spiel ihres Lebens machen müssen. Sonst schreiben andere Geschichte.

Kolumbien vs. Chile: Fußballtänzer gegen Deutschland II (am Donnerstag ab 02:00 Uhr im weltfussball-Liveticker)

Kolumbien: Hop oder Top?

"Wir müssen einiges korrigieren", gab José Pekerman nach dem Viertelfinale gegen Peru zu. Anders ausgedrückt: Die Partie stand auf der Kippe. Eine magere Chance von James Rodríguez war zu wenig, um das Spiel nach 90 Minuten zu entscheiden. Nun feiert das Land eben andere, wie Torwart David "den Großen" Ospina.

Das Vertrauen in Pekerman ist groß, da die Tricolor unter seiner Leitung noch nie gegen Chile verlor. Allen voran will James zurück in die Spur, gehörte er doch zu Beginn des Turniers noch zu den Schlüsselspielern. Und er will wieder tanzen.

Die Cafeteros setzen nämlich Trends. So feiern sie ihre Tore mit dem "Salsa choke", der seit der WM 2014 rasant an Popularität gewann. Ganz Kolumbien wartet nun darauf, dass im Halbfinale erneut das Tanzbein geschwungen wird. Nicht so temperamentvoll zeigt sich Carlos Bacca, der mit trockener Mine auf der PK verkündete: "Im Halbfinale gibt es keine Favoriten". So einfach ist das eben.

Chile: Von Demütigung, Turboman und Unsportlichkeit

Der Titelverteidiger ist zurück! Chile erhebt nach dem historischen Sieg gegen Mexiko größte Ansprüche auf den nächsten Copa-Triumph. Im Viertelfinale wurden die Adler vor rund 70.000 Zuschauern mit 7:0 historisch deklassiert.

Überfallartig und wie im Rausch agierte nun die Elf von Juan Pizzi und spielte den Gegner an die Wand. Allen voran stürmte Eduardo "Turboman" Vargas, der satte vier Tore zum Erfolg beitrug. Mit sechs Treffern ist er die Tormaschine des Turniers.

Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Herzstück Arturo Vidal ist gelbgesperrt zum Zuschauen verdammt. Zudem ist Torhüter Claudio Bravo der Erfolg offensichtlich zu Kopf gestiegen. Zusammen mit Adidas Chile schaltete er nach dem Triumph eine Werbung, in der er sich buchstäblich ins Fäustchen lacht. Darunter prangt, mit Gruß an die Millionen in den USA lebenden Mexikaner, der Slogan "In eurem Zuhause".

Prognose: Chile ist nach dem tollen letzten Spiel Favorit, da auch die Formkurve der Cafeteros eher nach unten zeigt. Doch der Ausfall von Vidal wiegt schwer. Wer weiß, ob sich die Überheblichkeit am Ende nicht doch rächen wird.